Ein Jahrhundert ökumenischer Theologie—jetzt zum Anklicken

“Dies is eine digitale Bibliothek von mehr als einem Jahrhundert ökumenischer Theologie”, erklärte P. Dr. Odair Pedroso Mateus, kommissarischer Stellvertretender Generalsekretär und Direktor der ÖRK-Kommission für Glauben und Kirchenverfassung. “Mit ‘ökumenischer Theologie’ meine ich Theologie, die sich darauf konzentriert, Spaltungen zwischen christlichen Kirchen zu überwinden.”

Tatsächlich, fügte Pedroso Mateus hinzu, handele es sich um eine Bibliothek ökumenischer Theologie “im Entstehen”, denn sie dokumentiere nicht allein die theologischen Ergebnisse von Studien und Konferenzen, sondern auch die Prozesse, durch die Studien von Konferenzen konzipiert, umgesetzt und abgeschlossen worden seien.

“Ich schrieb vor kurzem, dass ‘im gesamten 20. Jahrhundert keine andere Bewegung oder Institution den Dienst von Theologie für die Suche nach christlicher Einheit mit vergleichbarer Langlebigkeit und Beharrlichkeit verkörpert hat wie die Bewegung von Glauben und Kirchenverfassung von 1910 und deren Nachfolgerin nach 1948, die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen’”, sagte er. “Diese Aussage entbehrt etwas der Bescheidenheit, ist aber nicht falsch.”

Als Pedroso Mateus—in Zusammenarbeit mit ÖKR-Kommunikationsdirektorin Marianne Ejdersten und dem Berater und früheren ÖRK-Mitarbeiter J. Michael West—daranging, die Bibliothek von Glauben und Kirchenverfassung zu digitalisieren, begannen sie über Zugangsmöglichkeiten zu ihrem Bestand nachzudenken.

“Der Zugang, inklusive Downloads, ist kostenlos”, erklärte Pedroso Mateus. “Die Startseite der Bibliothek auf der ÖRK-Internetseite beinhaltet Zusammenfassungen fast aller Dokumente.”

Diese Zusammenfassungen, verfasst von jungen und betagten Theologinnen und Theologinnen aller Kontinente und aller großen christlichen Traditionen, geben den Leserinnen und Lesern einen Einblick in den Inhalt der Dokumente, um die Recherche zum erleichtern.

West erklärt: “Die Veröffentlichungen selbst, die in zwei Reihen aufgeteilt sind (vor und nach der Gründung des ÖRK im Jahr 1948), erfassen die Erkenntnisse und Überzeugungen verschiedener Generationen von Ökumenikerinnen und Ökumenikern und Theologinnen und Theologen zu einem breiten Spektrum von theologischen und praktischen Themen: Ekklesiologie, Christologie, Liturgie, Sozialethik, die Arbeit des Heiligen Geistes, biblische Autorität und Hermeneutik und natürlich Taufe, Eucharistie und Amt.”

Grenzübergreifend

Ungefähr 60 Expertinnen und Experten trugen Zusammenfassungen zu dem Projekt bei. Pedroso Mateus geht gern die Liste ihrer Namen durch, denen je der Name einer Universität und einer Stadt irgendwo dort draußen folgen. “Es gibt dir ein Gefühl für etwas, das Grenzen übergreift, das Brücken baut anstatt Mauern”, sagte er. “Ökumenische Theologie ist Theologie im Dienste des Friedens.”

Content Aggregator ‘Internet Archive’, Partner des ÖRK bei diesem Projekt, baute die Präsentation und Recherchierbarkeit der Sammlung aus. “Die Integration der Zusammenfassungen und von Schlüsselwörtern in die Sammlung hat die Recherchierbarkeit und Nutzbarkeit für die theologische und historische Forschung wirklich sehr verbessert”, sagte West.

West fügte hinzu, dass das Bearbeiten und Abfassen der Zusammenfassungen für dieses Projekt ihm die Radikalität der ökumenischen Bewegung in ihren Anfängen vor hundert Jahren aufgezeigt habe. “Teilnehmende drängten Christinnen und Christen und christliche Kirchen dazu, ihre Querelen und einige ihrer am höchsten geschätzten theologischen Positionen und Praktiken beiseite zu legen, um der Welt und für die Welt ein allgemeines, authentisches Zeugnis abzulegen”, sagte West.

Erinnerung bewahren

Und doch sei es diese Art von Theologie—Theologie, die sich auf die Überwindung von Spaltungen zwischen Kirchen und Kulturen konzentriere—, die das Risiko eingehe, in den kommenden Jahren und Jahrzehnten in Vergessenheit zu geraten. “Warum?”, fragte Pedroso Mateus. “Weil die wichtigen Veränderungen, die die Christenheit derzeit überall auf der Welt durchläuft, nicht zu größerer sichtbarer Einheit zwischen den Kirchen führen.”

In dieser globalen Kirchenlandschaft sei er dankbar, dass die Erinnerung an ein Jahrhundert ökumenischer Theologie in der Hoffnung bewahrt werde, dass sie einst wieder ein wichtiger Teil des christlichen Zeugnisses werde. “Dies war meine Hauptmotivation, als wir die Digitalisierung der Dokumente von Glauben und Kirchenverfassung in Angriff nahmen”, sagte er. “Ich bin froh, dass das theologische Gedächtnis von Glauben und Kirchenverfassung vorerst bewahrt ist.”

Eine Zuwendung von 36.000 Euro von der Stiftung ‘Otto Per Mille’ half, das größere Vorhaben der Digitalisierung zu realisieren. Die webbasierte Sammlung wird von Theologinnen und Theologen, Forschenden, Studierenden, Kirchenleitenden und anderen Mitgliedern der weltweiten Gemeinschaft genutzt werden.

“Zugang kann durch Initiativen wie die ‘Faith and Order Papers Digital Edition’ weiter ausgebaut werden”, sagte Ejdersten.

Sie schloss: “Der Zugang zu elektronischen Kommunikationsmöglichkeiten ist sehr wichtig und spielt eine sehr große Rolle in Entwicklung in der Zukunft. Dies ist der erste Teil einer größeren Investition in die digitale Präsenz von ÖRK-Material. Wir sind dem Redaktionsteam und der Projektgruppe, der Leitung, ‘Internet Archive’ und der Stiftung ‘Otto Per Mille’ für ihre Beiträge zum Aufbau der ersten Online-Sammlung sehr dankbar.“

Faith and Order Papers Digital Edition (in englischer Sprache)

Internet Archives - WCC Library resources online (englischer Sprache)

Kommission für Glauben und Kirchenverfassung

Bibliothek und Archiv neu geordnet: Erbe des ÖRK leichter zugänglich als je zuvor (ÖRK-Featureartikel vom 5. Mai 2021)