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Foto: Corinna Waltz/EMS.

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Von Corinna Waltz*

Eine Gelegenheit zu ökumenischer Begegnung war die Internationale Konferenz für Frieden und Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel in Arnoldshain (Deutschland).

„Dies ist ein bedeutender Ort für die Bemühungen um Frieden und Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel“, erklärt Pastorin Ulrike Scherf, stellvertretende Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) in ihrer Begrüßungsrede am 3. Dezember in Arnoldshain.

Im Martin-Niemöller-Haus, der Tagungsstätte der EKHN, haben bereits 2004 und 2008 bedeutungsvolle internationale Konsultationen stattgefunden, an denen Christen aus Nord- und Südkorea teilgenommen haben. Außerdem habe die EKHN  im Zusammenhang mit der Frankfurter Buchmesse Christinnen und Christen aus beiden Landesteilen zusammengebracht.

Dass solch ein Zusammenkommen jedoch Seltenheitswert hat, zeigt die Internationale Konferenz für Frieden und Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel, die von 3.-6. Dezember im Taunus stattfand. Neben den rund 60 Teilnehmenden aus Südkorea, England, Kanada, Schottland, Deutschland, den USA und der Schweiz war auch eine Delegation des nordkoreanischen Christenbundes eingeladen, die leider nicht anreisen konnte.

Dennoch ist die Konferenz ein wichtiger Beitrag zum Pilgerweg für Gerechtigkeit und Frieden, zu dem die Delegierten der Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) 2013 in Busan eingeladen haben. „In Zusammenarbeit mit anderen ökumenischen Organisationen hat sich die EKHN verpflichtet, den Prozess der Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea zu stärken und zu unterstützen“, so Scherf.

Auch wenn die nordkoreanische Delegation nicht an der Konferenz teilnehmen konnte, so war der nördliche Teil der Halbinsel stets in den Beratungen und Vorträgen präsent. Viele der Teilnehmenden waren schon ein- oder mehrmals in Nordkorea.

So auch Carolin Braatz, die von ihrer touristischen Reise in das abgeschottet Land berichtete. „Es ist nicht nur grau und regnerisch“, erzählt sie. „Ja, es gibt Sonne in Nordkorea.“ Man reise mit so vielen Vorurteilen und Bildern in die Demokratische Volksrepublik Korea, wie Nordkorea offiziell heißt.

Ihre Devise: „Vertraue niemandem, auch nicht dir selbst, denn du weißt nie, ob das, was du glauben sollst, Wirklichkeit ist.“ Auch wenn sie mit vielen offenen Fragen zurückgekehrt ist, für Carolin Braatz steht fest: Es ist gut und wichtig, Nordkorea zu besuchen.

Mehr Farbe im Schwarz-Weiß-Denken

Das Gefühl, dass in Bezug auf Nordkorea nur Schwarz-Weiß-Bilder vorherrschen, kennt auch Peter Prove, Direktor für Internationale Beziehungen beim Ökumenischen Rat der Kirchen in Genf. Er hatte mit einer Delegation des Ökumenischen Forums für Korea die Volksrepublik im Oktober besucht.

„Wir müssen Farbe in das Schwarz-Weiß-Denken bringen“, ist er überzeugt. „Auch wenn wir vieles nur ansatzweise verstehen und immer wieder das überdenken müssen, was wir glauben verstanden zu haben.“

Das Zusammentreffen mit nordkoreanischen Christinnen und Christen war für ihn ein Zusammentreffen mit Glaubensgeschwistern.

Während der Delegationsreise fand auch ein Treffen mit Vertretern des Nordkoreanischen Christenbundes und des Nationalen Kirchenrates aus Südkorea statt, bei dem der sogenannte Pjöngjang-Appeal erarbeitet wurde. Kein unumstrittenes Dokument.

Doch für Peter Prove ist es ein Schritt in die richtige Richtung und das, was man unter den gegebenen Umständen gemeinsam erreichen konnte. Immerhin sei es das erste Zusammentreffen  von Christen aus Nord- und Südkorea im Rahmen einer ÖRK-Delegation auf koreanischem Boden gewesen.

Noch mehr Druck auf das nordkoreanische Regime würde seiner Ansicht nach zum Krieg und nicht zum Frieden auf der Halbinsel führen. Frieden könne man durch Begegnung, aber nicht mit Waffen erreichen. Und Frieden sei das, wonach sich die Menschen auf beiden Seiten des 38. Breitengrades sehnen, so Lutz Drescher, Ostasien-Verbindungsreferent der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS), der ebenfalls an der Delegationsreise nach Nordkorea teilgenommen hatte.

„Man dient den Menschenrechten in Nordkorea derzeit vermutlich am meisten, wenn man für Entspannung zwischen beiden Ländern sorgt“, erklärt Drescher in Bezug auf die umstrittenen Passagen zur Menschenrechtsfrage im Pjöngjang-Appeal. Der Waffenstillstand müsse endlich in einen Friedensvertrag umgewandelt werden, darin sind sich alle Teilnehmenden der Internationalen Konferenz in Arnoldshain einig.

Das deutsche Vorbild

Wie eine Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel aussehen und was man von Deutschland lernen könne, sei sowohl in der Wissenschaft als auch bei den Regierungen der beiden Teile Koreas umstritten, erklärte Professor Han Unsuk aus Tübingen in seinem Vortrag. Dennoch ist er überzeugt: „Wir müssen die Erfahrungen aus Deutschland jenseits von politischen Interessen fruchtbar machen und über Parteigrenzen hinweg an einer Wiedervereinigung arbeiten. Von Deutschland lernen zu wollen bedeutet ja nicht, dass wir einfach einen Masterplan für die Wiedervereinigung kopieren können.“

Das deutsche Vorbild für eine Wiedervereinigung bewegte die internationalen Gäste der Konferenz bereits zuvor bei ihrem Besuch in Berlin. Dort trafen sie die Leiterin der Abteilung für Ökumene und Auslandsarbeit der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischöfin Petra Bosse-Huber.

Auf die Frage, was man ihrer Meinung nach bei der deutschen Wiedervereinigung hätte anders machen sollen, antwortete sie: „Wir hätten bescheidener sein und mehr auf die Menschen im Osten hören sollen.“ Beide Seiten im Blick behalten – eine große Aufgabe für die Menschen in Nord- und Südkorea.

Lesen Sie auch:

Delegation des Ökumenischen Forums tagt erstmals auf der koreanischen Halbinsel zu Gesprächen über Frieden und Versöhnung (ÖRK-Pressemeldung vom 13. November 2015)

"Das rätselhafteste Land der Welt" (Interview mit Lutz Drescher, 11. November 2015, EMS-Website)

Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten

* Corinna Waltz ist Leiterin des Fachbereichs Medien der Evangelischen Mission in Solidarität e.V. (EMS).