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Dr Jørgen Skov Sørensen, general secretary of the Conference of European Churches

Dr. Jørgen Skov Sørensen, Generalsekretär der Konferenz Europäischer Kirchen

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Wie laufen die Vorbereitungen für die Vollversammlung der Konferenz Europäischer Kirchen in Tallinn im Juni?

Dr. Sørensen: Wir stecken mitten in den Vorbereitungen für die Vollversammlung im Juni in Tallinn. Wir arbeiten seit beinahe zwei Jahren mit einem ziemlich großen internationalen Team mit Freiwilligen und Mitarbeitenden daran. Ich denke, wir sind auf gutem Weg, und wir freuen uns darauf, die Delegierten, Beobachter und Beobachterinnen sowie viele andere Menschen Mitte Juni in Tallinn zu begrüßen. Ich rechne damit, dass dies in erster Linie eine Chance für die Kirchen in Europa ist, sich zu versammeln und an der Gemeinschaft der Kirchen in Europa teilzuhaben. Seit unserer letzten Vollversammlung sind fünf Jahre vergangen, dann kam die COVID-19 Krise, in der man sich nicht treffen konnte. Die Leute wünschen sich nachdrücklich, dass wir zusammenkommen, gemeinsam beten und natürlich auch dass wir Entscheidungen über die Zukunft der Organisation treffen. Welche Rolle haben wir Kirchen in einem Europa, in dem die heutige Gesellschaft immer säkularer und vielfältiger ist und das immer mehr durch Krisen gezeichnet ist? Ich denke, diese Fragen werden bei unserem Treffen in einigen Wochen die Hauptpunkte unserer Agenda sein.

Was hat die KEK angesichts der laufenden russischen Invasion der Ukraine unternommen und stellen sich die europäischen Kirchen geschlossen gegen den Angriff?

Dr. Sørensen: Zufällig hatten wir ein großes virtuelles Treffen geplant, das 2022 einige Stunden nach der Invasion stattfinden sollte, so hatten wir die Gelegenheit, gleich nach der Invasion miteinander zu sprechen. Über 100 Personen waren bei diesem virtuellen Treffen dabei und wir sprachen über das, was geschehen war, wir beteten gemeinsam, tauschten uns aus, weinten gemeinsam. Ich glaube, das war der Anfang des starken Engagements der KEK im Umgang mit diesem Konflikt und diesem Krieg. In der Zwischenzeit haben wir gemeinsam mit Kirchenverantwortlichen die Region und die Ukraine besucht. Kürzlich haben wir unsere Initiative „Pathways to Peace“ (Wege zum Frieden) gestartet. Diese besteht aus einem Katalog an Projekten und Initiativen, zu dem unsere Mitgliedskirchen beitragen können, um in diesem Krieg einen Weg zum Frieden zu finden und sich vor allem auch mit der Situation nach dem Krieg auseinandersetzen – was wir nach dem Wiederaufbau der Ukraine aufbauen können. Die Kirchen setzen sich auch mit ihrer jetzigen Rolle auseinander und mit der Rolle, die sie einnehmen, nachdem der Krieg eines Tages vorbei ist.

Was stimmt Sie hoffnungsvoll in den Möglichkeiten der Kirchen, diese Herausforderungen zu überwinden?

Dr. Sørensen: Unsere Mitgliedskirchen setzen sich stark dafür ein, dass wir uns so viel wie möglich in der aktuellen Krise einsetzen. Unsere Mitgliedskirchen selbst haben eine aktive Rolle mit den Geflüchteten aus der Ukraine eingenommen. Sie haben Nothilfe geleistet und ermöglicht, dass dringend notwendige Güter in die Ukraine zu den dortigen Geflüchteten und anderen gelangen. Daher denke ich, dass die örtlichen Kirchen und die Mitgliedskirchen umfassend reagiert haben. Niemand hat einen Überblick über die tatsächlichen Ereignisse. Wir selbst versuchen unsere Vorteile zu nutzen: Bei unseren Interaktionen mit den europäischen Institutionen in Brüssel bringen wir die Sicht einer religiösen Organisation zum Tragen und wir versuchen ihnen näherzubringen, also den Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern, dass auch die Kirche in einem Konflikt wie diesem und bei der Friedensfindung letztendlich eine Rolle einnimmt.

Was erhoffen und erwarten Sie sich diesbezüglich von der kommenden Vollversammlung der KEK?

Dr. Sørensen: Die Kirchen werden die Gelegenheit haben, sich zu äußern: Wie sie die Konflikte in Europa einschätzen, wie sie die aktuelle Situation einschätzen, wie sie diese Situation mit einem Krieg auf europäischem Boden angehen wollen, wie sie ihre eigene Rolle als Ansprechpartner für Frieden und Versöhnung sehen. Ich denke, das werden die Schlüsselthemen in diesem Juni in Tallinn sein.