Das vorliegende Manifest ist das Ergebnis eines Symposiums zu „Kommunikation für soziale Gerechtigkeit im digitalen Zeitalter“, das vom 13. bis 15. September stattgefunden hat. Das Symposium hat die Herausforderungen der digitalen Kommunikation aus dem Blickwinkel der sozialen Gerechtigkeit untersucht und Möglichkeiten für konzertiertes und gemeinschaftliches Handeln von religiösen, zivilgesellschaftlichen und wissenschaftlichen sowie Medien- und Technologieorganisationen herausgearbeitet.
Veranstalter des Symposiums waren der Ökumenische Rat der Kirchen (WCC) und der Weltverband für christliche Kommunikation (WACC). Mitveranstaltende waren außerdem unter anderem Brot für die Welt, die Evangelische Kirche in Deutschland, Evangelische Mission Weltweit (EMW) und der Christliche Studierendenweltbund.
Als Beitrag zur 11. ÖRK-Vollversammlung im September 2022 hat die Veranstaltung Forschungsergebnisse, praktische Erfahrungen aus den verschiedenen Weltregionen und von marginalisierten Bevölkerungsgruppen, das Wissen von Fachleuten zu wirtschaftlichen und politischen Trends und eine ethische und theologische Reflexion zusammengebracht.
Der globale Kontext, in dem wir uns bewegen
Digitale Technologien verändern unsere Welt und die vielen Räume, in denen wir leben und uns bewegen.
Sie geben uns neue Möglichkeiten, miteinander zu kommunizieren, uns zu informieren und uns in der Welt zu bewegen, für unsere Menschenwürde und unsere Menschenrechte einzutreten und unseren Stimmen Gehör zu verschaffen.
Sie geben uns neue Möglichkeiten, miteinander auch über die Grenzen von Raum und Zeit hinweg zu interagieren.
Sie können wirksame Instrumente sein, die uns dabei helfen, in Beziehung zu anderen Menschen zu leben, wirksame Instrumente auch für Inklusion, Erziehung und Bildung, Begegnung, Fantasie, Kreativität und Verständigung.
Gleichzeitig bergen die digitalen Technologien nicht nur Chancen, sondern konfrontieren uns auch mit Herausforderungen.
Digitale Plattformen werden auch benutzt, um vorsätzlich und gezielt Falschinformationen und Hass zu verbreiten und die Menschenwürde und Menschenrechte zu untergraben.
Politisch motivierte digitale Kampagnen zur Verbreitung von „Fake News“ untergraben demokratische Prozesse und verantwortungsbewussten Journalismus.
Während die digitalen Plattformen uneingeschränkte Möglichkeiten für die freie Meinungsäußerung zu bieten scheinen, bedrohen die wachsenden Monopolstellungen von digitalen Technologien die Vielfalt von Stimmen und Betrachtungsweisen.
Kommunikation findet zunehmend über proprietäre Plattformen statt, die den Traum von einer demokratisierten Ermächtigung zu mehr Selbstbestimmung versprechen, aber in der so genannten Ökonomie der Aufmerksamkeit Daten und Zeit der Nutzenden monetarisieren. Die Nutzerinnen und Nutzer sind die neue Ware geworden.
Die persönlichen Daten der Nutzenden werden in zunehmendem Maße von einer kleinen Anzahl Plattformen eingefordert, gesammelt und kontrolliert, um die Menschen für wirtschaftliche oder politische Zwecke auszunutzen.
Überwachung, Marginalisierung und Militarisierung sind in digitalen Räumen ein große Gefahr.
Algorithmen, die nach subjektiven Kriterien entwickelt wurden, spiegeln die anhaltenden Auswirkungen des Kolonialismus, von Rassismus und systemischen Machtungleichgewichten wider und verschärfen bestehende Ungerechtigkeiten und bestehende Diskriminierung.
Auch die COVID-19-Pandemie hat Ungerechtigkeit und Ungleichheit noch verstärkt – Menschen, die bereits vorher digital ausgegrenzt waren, werden durch die Verlagerung von Bildungsangeboten und wirtschaftlicher Aktivität in den virtuellen Raum noch weiter marginalisiert. Bedenken ob der Sicherheit im Netz nehmen zu, insbesondere im Bereich Gesundheitsfürsorge.
Theologische Gedanken zum Thema
Diese Verwandlung der Gesellschaft wirft tiefschürfende Fragen und Themen auf, mit denen die ökumenische Gemeinschaft seit vielen Jahrzehnten ringt: Macht, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Teilhabe, die Förderung zukunftsfähiger Gemeinschaften, die Frage, wie die Stimmen vom Rand der Gesellschaft Gehör finden können, sowie das Thema Menschenwürde.
Für unser Bestreben, die Herausforderungen zu meistern, mit denen wir durch die digitale Transformation konfrontiert sind, können wir in vielen Glaubenstraditionen unglaubliche Einblicke und Erkenntnisse dazu finden, was es heißt, ein Mensch zu sein und als Teil des Geflechts der Schöpfungsordnung gerecht zu leben.
Zwei intrinsisch miteinander verbundene Elemente müssen in der theologischen Reflexion über digitale Gerechtigkeit eine zentrale Rolle spielen: Relationalität und Vulnerabilität.
Christinnen und Christen glauben, dass die Tatsache, nach dem Bilde Gottes geschaffen zu sein, alle Frauen, Männer und Kinder mit einer angeborenen Würde ausstattet (Gen 1,27). Die Menschen wurden geschaffen, um in gegenseitiger Beziehung zu leben und zusammenzuarbeiten und zu kommunizieren. Wir alle sind aufgerufen, Verantwortung zu übernehmen und uns für die Bewahrung von Gottes Schöpfung einzusetzen.
In Jesus Christus hat Gott sich vulnerabel gemacht und ist Mensch geworden. Gottes Schöpfung und die Menschen stehen daher weiterhin im Zentrum all unserer Reflexion und all unserer Bemühungen. Die Vulnerabilität, die uns allen gemein ist, regt und spornt uns an, die Rechte des Einzelnen und die Rechte der Gemeinschaft zu schützen und digitale Technologien zum Wohlergehen der Menschen nutzen. Die in der Bibel bevorzugte Option für die Armen und Verwundbaren lenkt unsere Aufmerksamkeit auf Informationsarmut und die digitale Kluft angesichts der weltweiten Digitalisierung (Mt 5).
Wir sind aufgerufen einen gemeinsamen Weg hin zu Gerechtigkeit und Frieden und zur Bewahrung der Schöpfung zu folgen.
Wir sind aufgerufen, an der Mission Gottes mitzuwirken, um sicherzustellen, dass alle Menschen das Leben haben und volle Genüge – auch im digitalen Raum (Joh 10,10).
2022 wird die ökumenische Gemeinschaft in Karlsruhe, Deutschland, zur 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen zusammenkommen, und das in einer Welt, die von einer Vielzahl von Ungerechtigkeiten und dem Schmerz vieler Menschen, Geschöpfe und sogar der Erde selbst gezeichnet und entstellt ist.
Gleichzeitig aber gibt es in der Welt auch eine ganze Reihe von Bewegungen, die sich für Veränderung, Gerechtigkeit und Hoffnung einsetzen.
Fragestellungen und Herausforderungen
Die Digitalisierung in ihren vielen Erscheinungsformen wirft neue Fragen hinsichtlich der Identität und der Freiheit der Menschen auf. Nicht nur der gesellschaftliche Zusammenhalt, sondern die Menschenwürde an sich steht auf dem Spiel.
Die Digitalisierung wirft weiterhin Fragen in Bezug auf ökologische Gerechtigkeit auf, die auch die Nutzung von Ressourcen und die geplante Obsoleszenz von digitalen Technologien umfasst.
Politische, kulturelle und zivilgesellschaftliche Akteure, die Wissenschaft und Glaubensgemeinschaften ringen alle um den richtigen und wirkungsvollen Umgang mit der Situation.
Für den richtigen Umgang mit den Herausforderungen und Chancen des digitalen Zeitalters müssen wir einen inklusiven und ganzheitlichen Ansatz verfolgen, der sowohl international als auch generationenübergreifend angelegt ist und auf dem heiligen Wert der sozialen Gerechtigkeit beruht.
Das veranlasst uns, zu fragen: Wie können wir uns ein Ökosystem der Kommunikation und Information vorstellen – und uns dafür einsetzen –, das auf Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit wie der Teilhabe aller, Freiheit, Gleichberechtigung, ein zukunftsfähiges Leben und Solidarität beruht und
- das es allen Menschen ermöglicht, ihre Menschenrechte, bürgerlichen Rechte und ihre Pflichten vollumfänglich auszuüben,
- das ein Gefühl von Zugehörigkeit und kollektive Teilhabe stärkt,
- das Bündnisse und Partnerschaften fördert, die Glaubwürdigkeit, gegenseitige Rechenschaft und Vertrauen schaffen,
- das danach strebt, Stimmen einzubeziehen, die im digitalen Raum fehlen, ignoriert, zum Schweigen gebracht und marginalisiert werden,
- das explizite und implizite Voreingenommenheit, Rassismus, geschlechtsspezifische Diskriminierung und Extremismus in den digitalen Technologien bekämpft,
- das Solidarität der Menschen zum Ausdruck bringt, denen es dient, und das nicht profit- oder machtorientiert ist,
- das Plattformen fördert, die zum Wohlergehen der Menschen und dem Wohlergehen des Planeten zu mehr Gemeinschaftsgefühl, Zusammenhalt, Zusammenarbeit und den Aufbau von Beziehungen anspornen,
- das Plattformen fördert, die transparent arbeiten und die Werte offen benennen, die ihnen zugrunde liegen,
- das Open Source-Technologien in einer digitalen Wirtschaft wirksam einsetzt und Wissen und Daten als offenes Wissen teilt.
Folgende konkrete Herausforderungen haben wir herausgearbeitet:
Die digitale Kluft: Wir sind in vielerlei Hinsicht mit einer digitalen Kluft konfrontiert – in wirtschaftlicher, geographischer, ethnischer Hinsicht, in Bezug auf Bildung, gesellschaftliche Schicht, Geschlecht und Alter, in kultureller und technologischer Hinsicht und im globalen Vergleich. Zudem gibt es an verschiedenen Stellen ein Auseinanderklaffen, das im Digitalen begründet ist.
Diese vielen Ausprägungen einer digitalen Kluft zeigen sowohl die Komplexität von sozialer Gerechtigkeit im digitalen Zeitalter als auch die Notwendigkeit einer intersektionellen Reflexion auf. Wenn digitale Gerechtigkeit herrschen soll, muss gleichzeitig auch Gendergerechtigkeit, Klimagerechtigkeit, wirtschaftliche Gerechtigkeit, Gerechtigkeit zwischen den verschiedenen Ethnien u.v.a.m. herrschen.
Zugänglichkeit: Als vorrangige Notwendigkeit wird oftmals die Zugänglichkeit zum digitalen Raum an sich gesehen, wobei die Unterschiede zwischen Volkswirtschaften mit niedrigem, mittlerem und höherem Einkommen betont werden, aber auch die Unterschiede innerhalb eines Landes. Bei wirklicher Zugänglichkeit geht es sowohl um den Zugang zu grundlegender Kommunikationsinfrastruktur wie einer stabilen Stromversorgung und Internetverbindung, die technischen Geräte, den Zugang zu den verschiedenen digitalen Tools, Daten, Programmen und Inhalten aus dem eigenen lokalen kulturellen Kontext, als auch um den rechtlichen Rahmen und die wirtschaftlichen Mittel, um auf diese zugreifen und in sie investieren zu können.
Der Zugang zu digitalen Technologien wirkt sich auf die Machtverhältnisse und die Verteilung der Ressourcen aus und ist somit gleichzeitig der Grund für das Auseinanderklaffen als auch die Folge.
Für Menschen mit Behinderung ist die Zugänglichkeit ein ganz zentraler Punkt. Die Digitalisierung hat die Teilhabe an wirtschaftlichen Aktivitäten, Entertainment und dem gesellschaftlichen Miteinander für sie deutlich verbessert. Die Zugänglichkeit in diesem Bereich aber klafft nach wie vor parallel zur Wohlstandsverteilung in der Welt auseinander.
Öffentlicher Raum: Der öffentliche Raum ist der Raum, in dem Staaten und die Öffentlichkeit miteinander interagieren, in dem Menschen – einschließlich der Medien – ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringen und demokratisch an Entscheidungen teilhaben können. Die Digitalisierung schafft eine Möglichkeit, diesen Raum auszuweiten, jedoch kann eine Einschränkung der digitalen Freiheit auch dazu führen, dass dieser Raum schrumpft.
Ungleichheit: Die Kontrolle über die durch die Digitalisierung gesammelten Daten sowie deren Nutzung und Analyse liegen in den Händen einiger weniger großer Konzerne in bestimmten Weltregionen. Und es gibt auch Regierungen, die stark in die Kontrolle und Manipulation dieser Daten verwickelt sind.
Bildung und Erziehung: Digitale Bildung und Erziehung, zu der auch das Infragestellen und die kritische Prüfung von Informationen und Quellen zählen, ist für alle Menschen von zentraler Bedeutung. Ein Zugang zu derartiger Bildung klafft oftmals abhängig vom Alter, der akademischen Ausbildung, von der eigenen Sprache, vom Geschlecht, dem geographischen Standort und den durch gesellschaftliche Konventionen vorgegebenen Geschlechterrollen auseinander.
Gendergerechtigkeit: Frauen profitieren insbesondere im Persönlichen, im Bereich Bildung und im wirtschaftliche Bereich von der Digitalisierung, und eine aktive Teilhabe im digitalen Raum kann zum Erreichen einer vollumfänglichen Teilhabe in allen Lebensbereichen beitragen. Die weit verbreiteten ungleichen Machtverhältnisse zwischen den Geschlechtern aber schränken ihren Zugang zum digitalen Raum ein.
Darüber hinaus hat die zunehmende Digitalisierung das Risiko für Mädchen und Frauen vergrößert, Opfer von sexueller Belästigung, Überwachung, Trollen und Hass im Netz zu werden, was wiederum auch in körperlicher Gewalt enden kann. Die Folgen von digitaler Gewalt sind, dass Frauen zum Schweige gebracht und damit gezwungen werden, sich aus dem digitalen Raum zurückzuziehen.
Datenschutz und Sicherheit: Die alle betreffenden Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nutzung von Daten und dem Verlust des Datenschutzes werden durch willkürliche staatliche Kontrolle, äußerst vage formulierte und von Schlupflöchern durchzogene nationale Gesetze und Richtlinien für den digitalen Raum, Internetausfälle, um gegen unliebsame Meinungen im Internet vorzugehen, und unberechtigte Überwachung durch den Staat noch weiter verschärft.
Militarisierung: In digitale Technologien wird auch von Seiten des Militärs investiert und die Technologien wiederum werden militarisiert – was das Risiko in Kriegen und Konfliktsituationen steigen lässt.
Grundsätze zur Förderung von Kommunikation für soziale Gerechtigkeit im digitalen Zeitalter
Ganz unabhängig davon, um welches Thema es geht – Gewalt gegen Frauen, den Missbrauch von Kindern, Armut, Konfliktlösung, Selbstbestimmung, Rassismus, Migration, Arbeitsrechte, die Rechte von indigenen Völkern, Gesundheit, Land, Klima –, kann ohne effektive Kommunikation wenig erreicht werden.
Darum brauchen wir ein ganzheitliches, inklusives Konzept, um digitale Technologien zu schaffen, die das Leben, die Menschenwürde und Gerechtigkeit fördern, anstatt sie zu untergraben.
Wir brauchen Grundsätze, die es allen Menschen ermöglichen, sich an einer transparenten, sachkundigen und demokratischen Debatte zu beteiligen, in der die Menschen ungehinderten Zugang zu den Informationen und dem Wissen haben, die für das friedliche Zusammenleben, die Ermächtigung zu mehr Selbstbestimmung, ein verantwortungsbewusstes gesellschaftliches Engagement und gegenseitige Rechenschaft unabdingbar sind.
Diese Grundsätze sind in der Geschichte der Kommunikationsrechte verwurzelt und sorgen für eine Welt, in der:
- jeder Mensch das Recht hat, zu kommunizieren, zu informieren und Wissen weiterzugeben. Dies erfordert einen gleichberechtigten Zugang zu Kommunikationsinfrastruktur und das Recht auf freie Meinungsäußerung.
- jeder Mensch das Recht hat, an der Informations- und Kommunikationsgesellschaft teilzuhaben, unter besonderer Berücksichtigung von gesellschaftlichen Minderheiten und vulnerablen Gesellschaftsgruppen. Dies erfordert eine inklusive und partizipative Steuerung und Kontrolle der medialen Infrastruktur und der digitalen Plattformen.
- jeder Mensch das Recht auf faire und unparteiische öffentliche Kommunikation hat. Dies erfordert ethische Normen, Rechenschaftspflicht und Wiedergutmachungen bei Falschdarstellungen.
- jeder Mensch das Recht auf Würde und einen respektvollen Umgang hat. Dies erfordert Transparenz und ein Verantwortungsgefühl der Medien und digitalen Plattformen.
- jeder Mensch das Recht auf Datenschutz und die Kontrolle über die eigenen Daten hat, wozu auch das Löschen dieser Daten zählt, vorausgesetzt dass sie nicht an Menschenrechtsverletzungen oder kriminellen Aktivitäten beteiligt sind. Dies muss inhärentes Merkmal der digitalen Identität eines jeden Menschen und intrinsisch mit ihr verbunden sein, und erfordert einen rechtlichen Rahmen, der eine Balance schafft zwischen dem Recht auf Privatsphäre und dem Schutz der Menschenrechte.
- jeder Mensch ein Recht auf eine eigene kulturelle und sprachliche Identität hat. Dies erfordert Räume für sprachliche und kulturelle Vielfalt, sowie Möglichkeiten der Identifizierung mit lokalen Medien und der Kontrolle dieser.
- jeder Mensch ein Recht auf Kommunikationsfähigkeiten und Medienkompetenz hat. Dies erfordert eine kulturell angemessene Schulung und Ausbildung und die Ausbildung von Kompetenzen für Dialog, Austausch, Zuhören, Offenheit und kritisches Denken.
- jeder Mensch Zugang zu nachhaltigen Energiequellen hat, um die eigenen digitalen und elektronischen Mediengeräte zu versorgen. Dies erfordert Zugang zu Technologien wie Solar- und Windenergie.
- jeder Mensch das Recht auf bezahlbare Endgeräte oder öffentlichen Zugang zu Endgeräten in sicheren Räumen hat. Dies erfordert nicht nur die nötigen wirtschaftlichen Mittel, sondern auch ein „Recht auf Reparatur“.
Eine Bewegung, die Wandel bewirkt
Um digitale Gerechtigkeit zu verwirklichen, brauchen wir eine Bewegung von Einzelpersonen, Gemeinwesen, Bildungseinrichtungen, Medienagenturen und der Zivilgesellschaft – einschließlich Glaubensgemeinschaften –, die Wandel bewirkt. Wir brauchen Regierungsstrategien und -maßnahmen, die von der Zivilgesellschaft mitgestaltet und unterstützt werden und die auf der Achtung der Menschenwürde, der Achtung von Menschenrechten und der Achtung demokratischer Prinzipien beruhen.
Grundrechte werden nicht von allein oder durch freiwillige Selbstverpflichtungen von Konzernen obsiegen. Eine breite Unterstützung und ein gemeinschaftliches Engagement der Zivilgesellschaft, wozu auch Kirchen und Glaubensgemeinschaften, politische Akteure, die Wissenschaft und Unternehmen zählen, ist vonnöten, um die bürgerlichen Grundrechte auch im digitalen Zeitalter zu gewährleisten und zu schützen und den digitalen Raum zum Wohl der Allgemeinheit nutzbar zu machen.
Wir sind zu diesem Symposium unter der Überschrift „Kommunikation für soziale Gerechtigkeit im digitalen Zeitalter“ zusammengekommen, um uns mit all diesen Themen zu beschäftigen – um nachzudenken und uns gegenseitig über unsere Visionen von einer Zukunft zu berichten, in der Technologien in den Dienst der Menschen gestellt werden und nicht in den Dienst von Regierungen oder großen Konzernen.
- Wir haben unterstrichen, wie wichtig Inklusion, Respekt und Gleichberechtigung als gemeinsame Grundsätze sind.
- Wir haben darauf hingewiesen, welch zentrale Bedeutung die Kommunikationsrechte von marginalisierten Bevölkerungsgruppen und Gemeinwesen weltweit haben.
- Wir haben bekräftigt, dass die Rechte im digitalen Raum eine Erweiterung der grundlegenden Menschenrechte im öffentlichen Raum sein müssen.
- Wir haben uns gegen jegliche Rechtfertigung von Gewalt im Netz durch eine missbräuchliche Nutzung des Evangeliums ausgesprochen.
- Wir waren uns einig, dass die Rechte von Kindern einen zentralen Stellenwert haben und dass jungen Menschen einzigartig aufgestellt sind für eine generationenübergreifendes Führungsengagement in unserer digitalen Transformation.
- Wir haben hingewiesen, dass gesammelte (nicht-personenbezogene) Daten zur Verfügung stehen sollten, um dem Wohl der Allgemeinheit zu dienen.
- Wir haben betont, dass größere Rechenschaftspflicht und mehr Transparenz von den Konzernen notwendig sind, die die Macht und die Möglichkeiten haben, den öffentlichen und politischen Diskurs zu beeinflussen und zu formen.
- Wir haben hervorgehoben, wie gefährlich das Darknet ist, weil es illegale und gefährliche Aktivitäten wie Organhandel, Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung, Waffen- und Drogenverkäufe und sogar die Anwerbung neuer Mitglieder in extremistischen Organisationen möglich macht. Wir unterstützen Interventionen, die Gesellschaften dabei helfen, derartige Aktivitäten zu unterbinden.
- Wir haben gewürdigt, welche große Macht digitale Räume als Instrumente für unterdrückte Gesellschaftsgruppen haben, um ihre Identitäten geltend zu machen und sich zu äußern.
- Wir haben Glaubensgemeinschaften aufgerufen, ihr Potenzial auszuschöpfen, um allen Marginalisierten gerechten Zugang zum digitalen Raum zu ermöglichen.
Um die Chancen und Möglichkeiten der digitalen Technologien wirklich nutzen und die Probleme im Zusammenhang damit lösen zu können, müssen wir den digitalen öffentlichen Raum fortwährend neu denken und dabei immer die demokratischen Prinzipien, die grundlegenden Menschenrechte, gegenseitige Rechenschaftspflicht und Solidarität betonen.
Wir werden mit staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren und Glaubensgemeinschaften zusammenarbeiten, um Räume und Kanäle schaffen, die inklusiv, interaktiv und partizipativ gestaltet sind, die digitale Gerechtigkeit fördern, den öffentlichen Raum ausbauen und Visionen für die Zukunft schaffen.
Wir werden theologische und ethische Kritik an jenen Kräften und Mächten unterstützen, die unkontrollierte und kommerziell ausgerichtete digitale Räumen betreiben.
Wir werden einen an der Basis verwurzelten und vom Glauben inspirierten Widerstand gegen alle Kräfte formen, die die Menschenwürde und ein Florieren im digitalen Raum infrage stellen.
Wir werden weiterhin zusammenarbeiten und verpflichten uns, ein Aktionsprogramm erarbeiten, um diese neu gedachte Realität in den verschiedenen Kontexten Wirklichkeit werden zu lassen.
Wir werden weiterhin zusammen aktiv sein damit
das Recht strömt wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.
(Amos 5,24)
21. September 2021
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