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Outdoor worship service in Stockholm's Sergels Square

Andacht unter freiem Himmel auf dem Sergels Platz in Stockholm am Sonntag, den 4. July 1968. Die Andacht, an der Teilnehmende der Vierten Vollversammlung des Ökumenischen Rates die Kirchen in Uppsala und Mitglieder von Stockholmer Kirchengemeinden teilnahmen, wurde in Farbe von Sveriges Radio (TV) übertragen. Teilnehmende der Vollversammlung reisten mit Sonderzügen aus Uppsala, wo die Vollversammlung abgehalten wurde, nach Stockholm.

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Ein Artikel in The Ecumenical Review von 1967 drückte große Hoffnungen für diese Vollversammlung aus und behauptete, es würde „die repräsentativste Versammlung christliche Versammlung [sein], die sich jemals in der Geschichte der Kirche an einem Ort versammelt hat“. Die Russisch Orthodoxe Kirche und andere östlich-orthodoxe Nationalkirchen hatten zwar an der Vollversammlung in Neu-Delhi teilgenommen, waren aber nicht so zahlreich repräsentiert gewesen wie in Uppsala. Ökumenische Fortschritte seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil hatten zur Folge, dass Ratgeber und Beobachter aus Rom offiziell in größerer Zahl als in Neu-Delhi teilnehmen würden. Der Niedergang der Kolonialherrschaft bedeutete nicht nur die Unabhängigkeit von Ländern im globalen Süden, sondern auch die Vervielfältigung von sich selbst verwaltenden Kirchen, von denen viele dem ÖRK beitraten. Und die Organisatorinnen und Organisatoren der Vollversammlung unternahmen bewusste Anstrengungen, die ÖRK-Mitgliedskirchen dazu zu ermuntern, Laien, Frauen und junge Menschen in ihre Delegationen aufzunehmen.

Anhänger der ökumenischen Bewegung hatten eine Idee, was auf die altehrwürdige Kathedral- und Universitätsstadt Uppsala zukommen könnte. Im Juli 1966 kam eine breite Vielfalt von Christinnen und Christen aus unterschiedlichen Ländern und theologischen Traditionen zur ÖRK-Weltkonferenz für Kirche und Gesellschaft unter dem Thema „Christen leben in der technischen und gesellschaftlichen Revolution unserer Zeit“ zusammen. Diese Weltkonferenz wurde als Inkarnation des Geistes der Veränderungen „der Sechziger“ angesehen, als ein Ruf, die alten Wahrheiten zu hinterfragen und die Visionen alternativer Möglichkeiten anzunehmen. Die Genfer Konferenz hat vor allem deutlich gemacht, dass in Uppsala eine breitere Vertretung erwartet wird.

Martin Luther King Jr. sollte der Hauptredner bei der Vierten Vollversammlung sein. Er besuchte Genf während der Planungsphase der Veranstaltung im Jahr 1967, starb aber drei Monate vor Beginn der Vollversammlung bei einem Attentat. Der neue ÖRK-Generalsekretär Eugene Carson Blake war ein Kirchenleiter aus den USA, der sich stark für die Bürgerrechtsbewegung engagierte. Er stellte sicher, dass die Themen, die King angehen wollte, nicht in Vergessenheit geraten würden. Der afroamerikanische Schriftsteller James Baldwin gab Vorlesungen in Uppsala, bei denen er die Sünde des weißen Rassismus auf der ganzen Welt anprangerte. Präsident Kenneth Kaunda von Sambia, der lange Zeit in christlichen Studenten- und Laienbewegungen engagiert war, war dort, um auf die Sünde der Apartheid in Südafrika aufmerksam zu machen. Unterdrückung aufgrund der Rasse war ein wiederkehrendes Thema auf der Tagesordnung, wodurch das Fundament für die Entwicklung späterer ÖRK-Kampagnen zum Kampf gegen Rassismus nicht nur im südlichen Afrika gelegt wurde.

D.T. Niles, der als junger Mann die Eröffnungspredigt bei der Vollversammlung in Amsterdam gehalten hatte, wurde gebeten, Kings Platz als Redner in Uppsala einzunehmen. Er machte auf das Potential für große Veränderungen inmitten des Tumults dieser Zeiten aufmerksam. Er sagte: „Überall in unserer heutigen Welt finden Veranstaltungen statt, groß und klein, die offenbaren, dass Gott etwas neues unter uns tut.“ Im Vollversammlungsprogramm wurde Veränderungen den Bereichen von Kommunikation, Führungsstruktur, Bildung und öffentlichem Protest der Rechnung getragen.

Die Sitzungen für Diskussion während der Vollversammlung wurden offiziell wie folgt angelegt: (1) Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche, (2) Erneuerung in der Mission, (3) Wirtschaftliche und soziale Weltentwicklung (wesentlich unterstützt durch die Überlegungen der britischen Wirtschaftswissenschaftlerin Barbara Ward), (4) Auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Frieden in internationalen Angelegenheiten, (5) Gottesdienst, (6) Auf der Suche nach neuen Lebensstilen.

In den Köpfen der Veteranen der Vierten Vollversammlung sind die wichtigsten Erinnerungen heute jedoch die an den Geist des Protests und des Wandels, an Baldwin und Kaunda, an den Ökonomen Ward, die Anthropologin Margaret Mead und den Folksänger Pete Seeger.

Jüngere Teilnehmende protestierten und verlangten nach größerer Einbindung junger Menschen in die kirchliche Entscheidungsfindung. Der frühere ÖRK-Generalsekretär W. A. Visser‘t Hooft bemerkte: „Die Jungend erfüllt die historische Mission, uns brutal mit der Frage nach der Bedeutung unseres gemeinsamen Lebens zu konfrontieren. Wenn junge Menschen auf der ganzen Welt mahnende Fragen zur letztendlichen Bedeutung von Leben stellen, dann sollten die Kirchen die Ohren spitzen.“ Es wurde auch gegen den Vietnamkrieg protestiert, der nie weit aus dem öffentlichen Bewussten war.

Die Veranstaltung war von Kunst durchdrungen. In den abendlichen Café-Auftritten traten Stand-up-Comics, Musiker und Tänzer auf. Tschechische Filme, die während des „Prager Frühlings“ produziert wurden, forderten Kirchenlehren und säkulare Ideologien gleichermaßen heraus. Filmschaffende des schwedischen Fernsehens und der BBC arbeiteten offen an Dokumentationen, die für die Kirchen deutlich konfrontative Fragen aufwarfen - und dies auf direkte Einladung der künstlerischen Mitarbeitenden des ÖRK. Eine Korrespondentin schrieb: „Auch wenn Worte, gesprochene und geschriebene, die Vollversammlung prägten, war das Visuelle so deutlich vorhanden wie in keiner vorherigen ökumenischen Versammlung.“

Über all dies hinaus war der konziliare Geist in Uppsala lebendig. Als Folge der Ausweitung der orthodoxen Teilnahme, der Aufnahme postkolonialer Kirchen und des Potenzials für Zusammenarbeit mit der römisch-katholischen Kirche lernten Christinnen und Christen mit vielen verschiedenen Hintergründen und dogmatischen Schwerpunkten, das Wissen und die Beiträge anderer zur gemeinsamen Sache schätzen. Das ökumenische Ideal schien sich langsam zu so etwas wie einer gelebten Einheit vorwärts zu bewegen.

Livestream der 11. ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe, Deutschland

Fotos von der 11. ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe, Deutschland

11. ÖRK-Vollversammlung in Karlsruhe, Deutschland