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Anfangs August werden sich Vertreterinnen und Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) auf einen unüblichen Pilgerweg begeben. Eine Gruppe von Kirchenleitenden wird in zwei Städte reisen, die vor 70 Jahren von der tödlichsten aller Waffen verwüstet wurden, und dann Regierungen treffen, die heute immer noch willens sind, tausende von Städten in ähnlicher Weise zu zerstören.

Am 6. und 9. August 1945 wurden auf die japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki Atombomben abgeworfen. Ein Menschenleben nach dieser fürchterlichen Zerstörung verlassen sich immer noch 40 Regierungen auf Atomwaffen. Neun Staaten sind im Besitz von Atomwaffenarsenalen und 31 weitere Staaten sind einverstanden, dass die Vereinigten Staaten in ihrem Namen Atomwaffen einsetzen.

Kirchenleitende aus sieben von diesen Ländern werden sich auf den ÖRK-Pilgerweg nach Hiroshima und Nagasaki machen, wo sie mit Überlebenden sprechen, mit lokalen Kirchen beten und mit Gläubigen anderer Religionen über die Not der beiden Städte nachdenken werden. Danach werden die Bischöfe und Kirchenvorsitzende die Aufrufe zum Handeln der beiden Städte nach Hause bringen. Ein wichtiger Schritt ist es, ihre jeweilige Regierung dringend aufzufordern, sich einem neuen zwischenstaatlichen Versprechen anzuschließen, um „die rechtliche Lücke zu schließen“ und ein formelles Verbot von Atomwaffen zu verfassen. Diese humanitäre Initiative wird bereits von 110 Ländern unterstützt.

„Der 70. Jahrestag des Atombombenangriffs ist ein bedeutender Meilenstein“, sagte Peter Prove, Direktor der ÖRK-Kommission der Kirchen für Internationale Angelegenheiten. „Es ist höchste Zeit, denn die meisten Überlebenden der Angriffe von 1945 sind bereits über 80 Jahre alt. Ihre Schreie ‘Nie wieder’ müssen immer noch gehört werden. Dringlichkeit besteht auch, weil die Atommächte alle ihre Atomwaffen modernisieren, anstatt sie wie versprochen abzuschaffen. Es besteht auch Grund zu Hoffnung, denn es bildet sich eine wachsende internationale Mehrheit für ein Verbot von Atomwaffen, auch ÖRK-Mitgliedskirchen sind dabei involviert.“

Die acht Mitgliedskirchen, die am Pilgerweg beteiligt sind, sind gut platziert, um gegen die zerstörerischsten Waffen der Welt Stellung zu nehmen. Ihre Regierungen – die USA, Deutschland, Japan, Südkorea, Kanada, die Niederlande, Norwegen und Pakistan – bekennen sich alle dazu, atomare Abrüstung zu unterstützen, und vertrauen doch weiterhin auf genau diese Waffen, die vor 70 Jahren solch verheerende Zerstörung angerichtet haben und für die Menschheit heute eine Bedrohung darstellen. Außer Pakistan, welches sein eigenes Atomwaffenarsenal hat, sind alle diese Regierungen bereit, dass die USA ihre Atomwaffen gegen ihre Feinde einsetzen. Diese Haltung, die an den Kalten Krieg erinnert, akzeptieren vier davon als NATO-Mitglieder. Zwei, Japan und die Republik Korea, tun dies als Alliierte der USA im Pazifik. Kirchen aus dieser Ländergruppe sitzen an der Quelle, um ökumenische Grundwerte anzuwenden, indem sie sich gegen Atomwaffen stellen und jetzt auf ihre Regierungen konstruktiven Druck ausüben.

Jüngste Ereignisse verleihen dem diesjährigen Jahrestag zusätzliche Bedeutung. In der Ukraine-Krise wird eine Atomwaffenrhetorik angewandt. Im vergenenen Monat scheiterte eine wichtige Rüstungskontrollkonferenz der Vereinten Nationen am starken Widerstand von Atomwaffenstaaten gegenüber der Mehrheit der Staaten, die die humanitäre Initiative gegen Atomwaffen unterstützten.

Die meisten Kirchenleitenden auf dem Pilgerweg kommen aus Ländern, die bezüglich Atomwaffen von den Vereinigten Staaten abhängig sind. Die humanitäre Initiative steht in Übereinstimmung mit den Werten, welche von ihren Regierungen oft unterstützt werden. Trotzdem fühlen diese sich verpflichtet, hinter den USA, ihrem atomar bewaffneten Verbündeten, zu stehen, und die Initiative deshalb abzulehnen. In den vergangenen Monaten wird diesen Regierungen von weiten Kreisen der Zivilgesellschaft, dabei auch ÖRK-Mitgliedskirchen, immer öfter die Frage gestellt, die die Kirchenleitenden in Japan zu hören bekommen werden: Warum sind Atomwaffen immer noch legal, während alle anderen Massenvernichtungswaffen verboten sind?

„Dieser Pilgerweg wird in einer moralischen und spirituellen Kritik des Dilemmas gipfeln, welches mit dem Atombombenangriff auf Hiroshima vor 70 Jahren anfing und Regierungen betrifft, die sich heute immer noch auf Atomwaffen stützen“, sagte Dr. Isabel Apawo Phiri, beigeordnete Generalsekretärin des ÖRK. „Das Ziel ist, den Verantwortlichen für Außenpolitik zu helfen, die vorliegende einmalige Gelegenheit wahrzunehmen, sich der Mehrheit anzuschließen und sich für das Gemeinwohl einzusetzen, anstatt den gefährlichen, ungerechten und unsicheren gegenwärtigen Zustand beizubehalten“.

Der Einsatz in Japan und in den sieben anderen Atomwaffen-abhängigen Ländern ist ein Teil des Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens des ÖRK.

Die Delegationsmitglieder sind Bischöfin Mary Ann Swenson, Vereinigte Methodistische Kirche der USA, stellvertretende Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses und Delegationsvorsitzende, Pastorin Dr. Chang Sang, Presbyterianische Kirche in der Republik Korea, ÖRK-Präsidentin für Asien; Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland; Pastor Baekki Heo von der Koreanischen Christlichen Kirche in Japan; und für einen Teil des Programms Erzbischof Nathaniel Uematsu von der Anglikanischen Gemeinschaft in Japan; Bischof Tor Jorgensen, Kirche von Norwegen; Pastorin Karin van den Broeke, Evangelische Kirche in den Niederlanden; Bischof Samuel Azariah, Kirche von Pakistan; Pastor Dr. Stephen Sidorak, Ökumenereferent der Evangelisch-Methodistischen Kirche in den USA und Mitglied der CCIA; sowie der Direktor für  Internationale Angelegenheiten, Peter Prove, und der Berater Jonathan Frerichs vom ÖRK.

ÖRK-Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

ÖRK-Projekt „Kirchen für Kontrolle der Nuklearwaffen“

Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten