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Olive harvest in the Palestinian village of Battir, West Bank, 2020.

Olivenernte im palästinensischen Dorf Battir, Westjordanland, 2020

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Dieser Artikel ist Teil einer Serie im Rahmen der Olivenernte-Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Mit diesen weltweiten Bemühungen im Jahr 2020 soll die spirituelle, wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Olivenernte für palästinensische Gemeinschaften hervorgehoben und auf die Auswirkungen der Besatzung hingewiesen werden.

Von Anne Casparsson*

Der Anbau von Oliven sollte eigentlich eine friedliche Tätigkeit sein, doch für zahlreiche palästinensische Landwirtinnen und Landwirte ist die Erntesaison eine Zeit von Spannungen, gewalttätigen Angriffen und Zerstörung von wertvollen Olivenbäumen. Bäuerinnen und Bauern im palästinensischen Westjordanland sind mit einem Schwall solcher Drohungen durch israelische Siedler in unmittelbarer Nähe konfrontiert.

Doch die Landwirte haben Freunde – darunter Freunde in Form von Organisationen, die es wagen, zu helfen, selbst wenn sie damit ihre eigene Sicherheit riskieren.

Rabbis for Human Rights (Rabbiner für Menschenrechte), Al Haq und St. Yves sind drei Organisationen, die sich für die Rechte der Olivenbäuerinnen und -bauern einsetzen. Diese Einrichtungen haben unterschiedliche religiöse Hintergründe und Perspektiven, verfolgen aber ein gemeinsames Ziel: Gerechtigkeit, Frieden, Menschenwürde und die Früchte harter Arbeit.

„Während sich die Erntesaison dem Ende zuneigt, geht die Arbeit der Bäuerinnen und Bauern das ganze Jahr über weiter, und auch die Gewalt ihnen gegenüber hört nach der Ernte nicht einfach auf“, erklärt Rabbinerin Nava Hefetz, Direktorin für Bildung bei Rabbis for Human Rights.

Zu ihrer Arbeit gehört, palästinensische Landwirtinnen und Landwirte vor Angriffen durch Siedler zu schützen sowie ihnen für die jährliche Olivenernte Zugang zu ihrem Land zu verschaffen.

Die palästinensische Organisation Al Haq mit einem großen Netzwerk von Landwirtinnen und Landwirten ist eine nichtstaatliche Menschenrechtsorganisation, die sich für gesetzlich verankerte Rechte in den besetzten palästinensischen Gebieten stark macht. Al Haq dokumentiert Verstöße gegen individuelle und kollektive Rechte von Palästinenserinnen und Palästinensern.

„Kürzlich wurde ein 86-jähriger Bauer von einem Soldaten geschlagen, der vorgab, dass der Mann eine Bewilligung brauche, um zu seinem Land zu gelangen, um es zu bestellen. Weil dieser aber der Besitzer des Landes war, hatte er die Papiere nicht mitgebracht“, sagte Hisham Sharabati, Außenmitarbeiter von Al Haq.

Wenige Tage nach dem Vorfall war der Mann schließlich in der Lage, über das Geschehene zu berichten, wie er dies zuvor schon viele Male getan hatte. Er hat aber das Gefühl, dass ihm niemand wirklich zuhört.

„Dies ist ein Beispiel für das System der Rechtsdurchsetzung. Es ist ein Spiel, das mit Menschen gespielt wird. In den meisten Fällen wird für solche Taten niemand belangt. Die Palästinenserinnen und Palästinenser erkennen, dass es keinen Sinn hat, sich zu beklagen“, sagt Sharabati.

Al Haq arbeitet eng mit der katholischen Menschenrechtsorganisation St. Yves zusammen. Diese hat sich der Aufgabe verschrieben, den armen, unterdrückten und an den Rand gedrängten Menschen im Heiligen Land ohne Rücksicht auf ihre Religion Rechtshilfe und Unterstützung zu bieten.

„Wir versuchen, vielen Bauern Zugang zu ihrem Land zu verschaffen. Ihr Leben ist oft von der Mauer beeinträchtigt und sie leben getrennt von ihren Feldern“, sagt Raffoul Rofa, Direktor von St. Yves.

In Ostjerusalem arbeitet St. Yves an Fällen in Bezug auf Wohnrechte oder die Gesundheitsversorgung und hilft Menschen mit Behinderungen in der Gesellschaft anerkannt zu werden. Außerdem bietet die Organisation Menschen, deren Haus abgerissen wurde, rechtliche Hilfe.

Rofa ist überzeugt, dass die Arbeit von St. Yves deutliche Auswirkungen hat. Seit Kurzem schützt die Organisation Häuser in Ostjerusalem und im Westjordanland vor dem Abbruch. St. Yves trifft sich regelmäßig mit Palästinenserinnen und Palästinensern, die Rechtshilfe benötigen - Menschen, die ihre Hoffnung und ihre Würde verloren haben.

„Diese Arbeit kann sehr frustrierend sein und sie ist schwierig. Doch ist es wichtig, trotz der Schwierigkeiten und Hindernisse die Hoffnung nicht zu verlieren“, sagt Rofa. „Die Menschen, denen wir begegnen, kämpfen für ihre Rechte und geben nicht auf.“

Mehr über die Olivenernte-Initiative

*Anne Casparsson ist freiberufliche Journalistin mit Schwerpunkt Gerechtigkeit und Frieden.