Führende Vertreter des Lutherischen Weltbundes (LWB), des Reformierten Weltbundes (RWB) und des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) haben am Dienstag, 8. August, eine gemeinsame Erklärung herausgegeben, in der sie Israel und die Hisbollah dazu aufrufen, "die Kämpfe im Libanon zu beenden", sowie die USA, die Europäische Union und die arabischen Staaten auffordern, "ihren Einfluss in dieser Hinsicht geltend zu machen".

Die Erklärung, die von LWB-Praesident Bischof Mark S. Hanson, RWB-Praesident Pfr. Dr. Clifton Kirkpatrick und OeRK-Generalsekretaer Pfr. Dr. Samuel Kobia unterzeichnet wurde, macht deutlich, dass die Bedingungen für einen anhaltenden Frieden zwar "nicht innerhalb kurzer Zeit" erreicht werden könnten, eine Waffenruhe aber ein "unumgänglicher erster Schritt zum Ende der Gewalt" sei.

Im Folgenden finden Sie den vollen Wortlaut der Erklärung:

8. August 2006

Gemeinsame Erklärung führender Vertreter
des Oekumenischen Rates der Kirchen,
des Lutherischen Weltbundes
und des Reformierten Weltbundes

AUFRUF ZUM ENDE DER GEWALT

Als Nachfolger Jesu Christi, des Friedefuersten, und als Repraesentanten des Oekumenischen Rates der Kirchen und der weltweiten Zusammenschluesse lutherischer und reformierter Kirchen sind wir erschüttert von der unbarmherzigen Gewalt, den Toten und der Verwüstung im Libanon, in Israel und Palästina. Wir trauern um diejenigen, die ihr Leben verloren haben. Wir verabscheuen das unermessliche menschliche Leiden in diesem Konflikt und insbesondere die Auswirkungen, die er auf Unschuldige hat. Wir beklagen die Zerstörung der Infrastruktur und von Eigentum. Angesichts eines solchen Ausmasses der Tragödie bekräftigen wir, dass Gott uns dazu auffordert, Gerechtigkeit, Versöhnung mit unseren Feinden und ein gemeinsames Leben in Frieden anzustreben.

Wir rufen Israel und die Hisbollah dazu auf, die Kämpfe im Libanon zu beenden, und wir rufen die USA, die Europäische Union und die arabischen Staaten auf, ihren Einfluss in dieser Hinsicht geltend zu machen.

Wir rufen die israelische Regierung, die Palästinenserbehörde und die Hamas auf, den Konflikt im Gazastreifen zu beenden.

Die Zahl der libanesischen Toten beläuft sich auf annähernd 1.000, davon laut Berichten ein Drittel Kinder unter zwölf Jahren, und die Zahl der israelischen Toten beträgt nahezu 100. Unabhängig von den vorgegebenen gegenseitigen Provokationen in diesem Konflikt dient diese Spirale der Gewalt niemandem; sie führt nur zur Verwüstung des Libanon und zu weiterem Terror in Israel. Weder die Bedrohung durch Katjuscha-Raketen, noch die Zerstörung libanesischer Häuser, Schulen und Dörfer kann einen nachhaltigen Frieden in der Region befördern. Solche Taten werden nur noch tieferen Hass zwischen beiden Seiten schüren als den, der diese Gewalt hervorgerufen hat.

Die Israelis haben erklärt, dass sie ihre militärischen Interventionen im Libanon so lange fortsetzen wollen, bis dort eine Friedenstruppe präsent ist. Die Hisbollah hingegen erklaert, dass sie die Kämpfe erst beenden will, wenn alle israelischen Militaerkräfte den Libanon verlassen haben. Es ist Zeit, dass diese Unnachgiebigkeit beider Seiten aufhört. Israel muss sich schnell aus libanesischem Territorium zurückziehen, und die Hisbollah muss gleichzeitig ihre Angriffe auf das israelische Volk einstellen.

Etwa 175 PalästinenserInnen, darunter viele ZivilistInnen, wurden seit Beginn der israelischen Militäroperationen im Gazastreifen getoetet. Die zerstörte Infrastruktur macht die Lage noch schwieriger für Menschen, die ohnehin nichts mehr besitzen. Das israelische Volk kennt den Terror unvorhersehbaren Raketenbeschusses bei Tag und bei Nacht.

Auch wenn die Bedingungen für einen anhaltenden Frieden nicht innerhalb kurzer Zeit erreicht werden koennen, kann die Welt nicht auf Zeichen eines "neuen Nahen Ostens" warten, um das Töten zu beenden. Es ist an der Zeit, dass die Staats- und Regierungschefs durch die Vereinten Nationen ihren gesamten Einfluss in die Waagschale werfen. Eine Waffenruhe ist ein unumgänglicher erster Schritt zum Ende der Gewalt. Als gläubige Menschen beschwören wir alle Seiten im Namen Gottes, dem zuzustimmen, damit die Gewalt nicht noch weitere Ausmasse annimmt in einer Gegend, die bereits vom Blut Unschuldiger getränkt ist.

Sobald eine Waffenruhe erreicht ist, rufen wir die Staats- und Regierungschefs und andere Beteiligte dazu auf, sich für eine in Mitgefuehl verankerte Ordnung einzusetzen, die zu einem nachhaltigen Frieden führt. Unsere Organisationen und unsere Kirchen werden diese Anstrengungen nach Kräften unterstützen. Die Aufgabe ist schwierig und der Weg steinig, denn Angst muss durch Glauben, Hass durch Vertrauen, Feindschaft durch Versöhnung und Ungerechtigkeit durch Gerechtigkeit ueberwunden werden. Aber es handelt sich um eine Aufgabe, die all unser Bemühen wert ist und die den Weg zum Leben darstellt.

Im Namen Jesu Christi,

Pfr. Dr. Samuel Kobia
Generalsekretaer
Oekumenischer Rat der Kirchen

Pfr. Dr. Clifton Kirkpatrick
Praesident
Reformierter Weltbund

Bischof Mark Hanson
Praesident
Lutherischer Weltbund