„Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.“ 
Lukas 19,48

Der Exekutivausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) versammelt sich vom 21.–26. November 2024 auf Zypern und damit fast genau ein Jahrzehnt nach seiner letzten Tagung in diesem Land, das als einer der frühesten christlichen Außenposten jenseits des Heiligen Landes eine so große Bedeutung für die Frühgeschichte unseres Glaubens hat. Wir erinnern auch daran, dass vor zwei Jahren Seine Seligkeit Erzbischof Chrysostomos II, Erzbischof von Zypern, von uns gegangen ist. Möge sein Angedenken auf ewig fortleben. Wir danken Gott für die Gelegenheit, Erzbischof Georgios III als neues Oberhaupt der Orthodoxen Kirche von Zypern begrüßen zu dürfen.

Gleichzeitig beklagen wir, dass wir uns 50 Jahre nach dem von der griechischen Militärjunta unterstützten Staatsstreich und der darauffolgenden Invasion türkischer Truppen auf einer Insel versammeln, die immer noch unter den Folgen dieses ungelösten Konflikts leidet. Die Narben der Teilung, der Enteignungen und der Vertreibungen sind nicht verheilt, die unrechtmäßige Besatzung Zyperns besteht fort, und die Trennung der Zyprioten und Zypriotinnen von ihren heiligen Stätten und ihren Gebetsstätten und der Verlust so vieler Insignien des religiösen und kulturellen Erbes bleiben eine tiefe Wunde in den Herzen der Menschen auf Zypern.

Wir erinnern an die zahllosen Anlässe im Laufe der Jahre, zu denen die ÖRK-Leitungsgremien diese schmerzhafte Wirklichkeit angesprochen haben. Beispiele:

  • Erklärung des Exekutivausschusses vom November 2014 zu Zwangsvertreibungen, Geflüchteten und Binnenvertriebenen im Nahen Osten;
  • Erklärung der 11. Vollversammlung im September 2022 – „Was zum Frieden dient“ –, die die anhaltende militärische Okkupation der besetzten palästinensischen Territorien und Zyperns anspricht; und
  • der Protokollpunkt des Zentralausschusses im Juni 2023 zu den territorialen Krisen des östlichen Mittelmeerraums.

In diesen fünf Jahrzehnten haben die Vereinten Nationen (VN) und die internationale Gemeinschaft zahlreiche Initiativen ergriffen, um Verhandlungen für eine friedliche und gerechte Lösung dieses Konfliktes in die Wege zu leiten. Wir bewerten diese Versuche und auch die Arbeit des Büros für den religiösen Zweig des Friedensprozesses auf Zypern positiv, da sie den Versuch unternommen haben, religiöse Autoritäten und religiöse Gemeinschaften auf beiden Seiten für einen interreligiösen Dialog und eine Zusammenarbeit für den Frieden zu gewinnen.

Wir bedauern zutiefst, dass die Verhandlungen über einen Friedensprozess für Zypern 2017 gescheitert sind und bisher noch nicht wiederaufgenommen wurden.

Weiterhin sind wir betrübt darüber, dass die türkischen Zyprioten und Zypriotinnen sich ungehindert frei bewegen können und Zugang zu allen Teilen der Insel haben, während die zypriotischen Christen und Christinnen erhebliche Einschränkungen des Zugangs zu den Kirchen und heiligen Stätten im besetzen Gebiet und ihrer Religionsfreiheit erleben müssen.

Der ÖRK-Exekutivausschuss:

Bekräftigt, dass der Ökumenische Pilgerweg der Gerechtigkeit, der Versöhnung und der Einheit im Kontext der Situation auf Zypern als ein kraftvolles Zeugnis gegen Besetzung und Teilung und gegen Ungerechtigkeit dient.

Fordert alle Führungspersonen sowohl der griechisch-zypriotischen als auch der türkisch-zypriotischen Gemeinschaften mit Nachdruck auf, vergangene Feindseligkeiten, Teilungen und Ungerechtigkeiten zu überwinden und einen freien und ungehinderten Zugang zu allen Gebetsstätten auf beiden Seiten der geteilten Insel zu unterstützen.

Ersucht alle relevanten staatlichen und nicht-staatlichen Parteien, sich für eine friedliche Beendigung der Teilung Zyperns, die das Ergebnis einer vor 50 Jahren erfolgten Invasion und Besetzung ist, und für die Aufnahme von Verhandlungen für ein gewaltfreies, erfolgreiches und gerechtes Ergebnis als essenzielle Grundlage für einen nachhaltigen Frieden und eine nachhaltige Entwicklung in der Region einzusetzen.

Fordert den UN-Generalsekretär und alle Mitglieder der internationalen Gemeinschaft mit Nachdruck auf, den Friedensprozess weiterhin zu unterstützen, zu begleiten und zu ermutigen und ebenfalls den Aufbau von Vertrauen zwischen den Gemeinschaften und die Initiativen zur Friedensförderung der religiösen Autoritäten und Glaubensgemeinschaften auf Zypern zu fördern.

Appelliert an die türkisch-zypriotischen Behörden, ihre offensichtlich restriktive Handhabung von Anträgen auf Zugang zu christlichen heiligen Stätten und zu Kirchen zur Veranstaltung von Gottesdiensten, die sich auf dem von ihnen kontrollierten Territorien befinden, zu liberalisieren und den freien Zugang zu diesen Stätten sicherzustellen.

Ersucht die Mitgliedstaaten, die dies bisher versäumt haben, das Übereinkommen des Europarates über Straftaten im Zusammenhang mit Kulturgut (Nikosia-Konvention) als einziges rechtsverbindliches Instrument zu unterzeichnen und zu ratifizieren, das solche Verbrechen verhindert und bekämpft, indem sie sie strafrechtlich stärker verfolgt und die internationale Zusammenarbeit fördert.

Bekräftigt sowohl die bisherige als auch die zukünftige Rolle des Büros für den religiösen Zweig des Friedensprozesses auf Zypern, bedankt sich bei all denjenigen, die diese Arbeit unterstützen, und ermutigt religiöse Führungspersönlichkeiten aus beiden Gemeinschaften, die interreligiöse Versöhnung und Zusammenarbeit beider Gemeinschaften für Frieden, Gerechtigkeit und Respekt von Menschenrechten und religiösen Rechten aller Menschen auf Zypern wiederaufzunehmen und zu vertiefen und sich federführend für Frieden, Gerechtigkeit, Versöhnung und Einheit einzusetzen.