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Eminenz, verehrter Generalsekretär, lieber P. Sauca, liebe Professoren, liebe Studierende, meine Damen und Herren,

meine erste Begegnung mit Pater Ioan Sauca geht zurück auf die 9. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Porto Alegre im Februar 2006, also vor 17 Jahren! Dort begann mein Weg im Ökumenischen Rat der Kirchen als Delegierter des Ökumenischen Patriarchats, und ich wurde zum Mitglied des Zentralausschusses gewählt. Pater Ioan genoss bereits den Ruf, dem Ökumenischen Institut von Bossey, dessen Direktor er war, eine neue Perspektive gegeben zu haben. Seine Erfahrung und sein Rat waren für mich als junger Dekan des orthodoxen theologischen Instituts Saint-Serge in Paris von unschätzbarem Wert. In den folgenden Monaten lud er mich ein, einen ersten Vortrag in Bossey zu halten, und so wurde ich nicht nur mit dieser berühmten ökumenischen Einrichtung vertraut, sondern auch ein Freund von Pater Ioan.

Seitdem haben sich unsere Wege oft gekreuzt. Bevor ich ihm heute Abend zuhöre, wie er sich die Zukunft der ökumenischen Bewegung vorstellt, möchte ich zunächst bezeugen, dass Pater Ioan das verkörpert, was ein wahrer Ökumeniker sein muss: ein Mann, der in seiner eigenen Tradition verwurzelt ist, der die Theologie seiner Kirche genau kennt und der anderen christlichen Traditionen gegenüber aufgeschlossen ist, der fähig ist, im Dialog andere Harmonien zu hören und Dissonanzen zu verstehen. Ein solcher Ökumeniker ist in der Tat Professor Sauca, bis vor kurzem amtierender Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen.

Erlauben Sie mir, Ihnen in diesem Zusammenhang «die Prophezeiung des Hiob» mitzuteilen, nicht die der biblischen Figur, sondern meine eigene. Vor drei Jahren, im Februar 2020, als die COVID-19-Pandemie begann, fand ein Informationstreffen für die Mitarbeiter des Ökumenischen Zentrums in Genf statt. Ich nahm daran teil, da ich damals der ständige Vertreter des Ökumenischen Patriarchats beim ÖRK war. Pfarrer Olav Fykse Tveit sollte Ende März 2020 als Generalsekretär zurücktreten. Pater Sauca sollte sein Amt übergangsweise übernehmen, da der Zentralausschuss nicht zusammenkommen konnte, um den nächsten Generalsekretär zu wählen. Am Ende des Treffens flüsterte ich ihm ins Ohr: Diese Pandemie wird bleiben: Du wirst dich auf unbestimmte Zeit in dieser Position wiederfinden! Und was eigentlich nur ein paar Monate dauern sollte, dauerte in Wahrheit fast drei Jahre! Erst im Juni 2022 konnte der Zentralausschuss endlich zusammentreten, um Pfarrer Jerry Pillay zu wählen.

So musste Pater Ioan fast drei Jahre lang «ad interim» unter unvorhersehbaren Bedingungen mit der Pandemie und ihren aufeinanderfolgenden Schließungen und komplexen und manchmal widersprüchlichen Gesundheitsmaßnahmen, der Verwaltung des Ökumenischen Rates der Kirchen, der Vorbereitung der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe, den internen Spannungen in der orthodoxen Welt, dem Einmarsch der Russischen Föderation in der Ukraine und all den Kontroversen um die Predigten und Stellungnahmen des Patriarchen der Russischen Kirche zurechtkommen. In dieser angespannten und schwierigen Zeit verstand es Pater Ioan, seine Aufgabe als wahrer Ökumeniker zu erfüllen: als Theologe, der in seiner eigenen Tradition verwurzelt ist, als Mann, der zuhört und den Dialog sucht, und vor allem als glühender Verfechter der christlichen Einheit. Ich persönlich bewundere den Mut und die Weisheit, mit denen er die interorthodoxe Konsultation im Vorfeld der Vollversammlung organisiert hat, die gegen alle Widerstände alle orthodoxen und orientalisch-orthodoxen Mitgliedskirchen des ÖRK in Paralimni (Zypern) im Geist der Geschwisterlichkeit und Einheit zusammengebracht hat. Pater Ioan konnte so nicht nur alle orthodoxen Mitgliedskirchen im ÖRK halten, sondern auch den fragilen Zusammenhalt dieser Gemeinschaft schützen.

Bevor ich die Freude habe, Ihnen zuzuhören, wenn Sie zu uns über die Zukunft der ökumenischen Bewegung sprechen, möchte ich bekennen, dass ich genau dieses Vorbild von Ihnen, lieber Pater Ioan, immer im Gedächtnis behalten und Ihnen danke, dass Sie uns durch Ihr Beispiel belehrt haben!