Nach der Verfassung des ÖRK ist die "Zustimmung zu der Basis (…), auf welcher der Ökumenische Rat gegründet ist," eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Der ursprüngliche Text der Basis, der von der Gründungsversammlung (Amsterdam 1948) angenommen wurde, lautete einfach: "Der Ökumenische Rat der Kirchen ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland anerkennen." Er war 1938 in Utrecht auf einer Tagung des von den Weltkonferenzen für Praktisches Christentum und für Glauben und Kirchenverfassung ernannten 14-köpfigen Ausschusses formuliert worden.

"Gemeinschaft von Kirchen" war 1948 bereits zum festen Bestandteil der ökumenischen Terminologie geworden. In der Enzyklika des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel war eine "Koinonia von Kirchen" vorgeschlagen worden. Obwohl der deutsche Begriff "Gemeinschaft" nicht so reiche biblische Konnotationen wie das griechische Original hat, bringt er doch die Wirklichkeit einer Einheit zum Ausdruck, die "vorgegeben" ist - die nicht von Menschen geschaffen wird, sondern eine "Gabe Gottes" an die Menschen darstellt - und enthält eine implizite Ablehnung des ÖRK als potenzielle "Über-Kirche".

"Die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland anerkennen" geht nach Meinung einiger auf die Basis des Weltbundes der CVJM aus dem Jahr 1855 und der CVJF aus dem Jahr 1894 sowie des Christlichen Studentenweltbundes zurück. Eine direktere Verbindung gibt es zu den Einladungen anlässlich der ersten Weltkonferenz von Glauben und Kirchenverfassung, die an Kirchen gerichtet wurde, "die unseren Herrn Jesus Christus als Gott und Heiland anerkennen".

Einige Vertreter liberaler wie auch konservativer Kreise waren mit der Formulierung "Jesus Christus als Gott und Heiland" nicht einverstanden. Unitarier und Quäker wollten sich nicht auf eine definitive dogmatische Aussage festlegen lassen. Für orthodoxere Vertreter kam das Menschsein Christi in dem Satz nicht angemessen zum Ausdruck. In dieser Formulierung "schwingt etwas Häretisches mit, das jedes der ökumenischen Konzile bewogen hätte, sie abzulehnen" (William Adams Brown).

In seinem Memorandum zur ÖRK-Verfassung von 1938 zog William Temple, der die Tagung in Utrecht als Vorsitzender geleitet hatte, die zwei wichtigsten Schlussfolgerungen aus der Basis, wie sie damals formuliert war. Erstens bedeute die Tatsache, dass der ÖRK eine Gemeinschaft und kein Bund von Kirchen sei, dass er keine verfassungsmäßige Autorität über die Mitgliedskirchen ausüben könne. Zweitens stelle der Glaube an Jesus Christus als Gott und Heiland das Fundament dar, auf dem der Rat aufbaue, und sei im Wesentlichen als "Bekenntnis zur Fleischwerdung und Erlösung" zu verstehen. Die Basis sei jedoch "keine Glaubensprüfung, die Kirchen oder einzelne Gläubige auf die Probe stelle"; die Kirchen hätten die Freiheit, diesen Glauben nach ihren eigenen Vorstellungen zu interpretieren.

Seit Utrecht gab es immer wieder Stimmen, die sich gegen jedwede Form von Basis aussprachen. Eine Basis könne ein Element kirchlicher Kontrolle einführen und so dieKoinonia zerstören. Andere würden das Nizänische oder Apostolische Glaubensbekenntnis als Basis vorziehen.

Obwohl die Vollversammlung in Amsterdam die Basis als "für die gegenwärtigen Aufgaben des ÖRK angemessen" betrachtete, betonte sie die Notwendigkeit, "einer Klärung und Verstärkung des christlichen Glaubens" innerhalb des christologischen Rahmens, den die Vollversammlung bekräftigt hatte. In einer späteren Untersuchung gelangte der Zentralausschuss zu dem Schluss, dass keine Notwendigkeit bestehe, die Basis zu verändern. Allerdings sei es erforderlich, sie inhaltlich auszulegen und deutlich zu machen, dass Inkarnation und Trinität in der Basis implizit enthalten seien. In diesem Sinne nahm die 2. Vollversammlung (Evanston 1954) eine Beschreibung der Zielsetzung und Funktion der Basis an: "weniger als ein Bekenntnis", aber "sehr viel mehr als eine bloße Formel oder Vereinbarung". Die Basis bringe das Wesen der ökumenischen Gemeinschaft zum Ausdruck, gebe die allgemeine Richtung für die Arbeit des Rates vor und bilde den Rahmen für die Gemeinschaft, die die Mitgliedskirchen zu verwirklichen suchten.

Nach Evanston führte eine neue Untersuchung dazu, dass der Zentralausschuss der 3. Vollversammlung (Neu Delhi 1961) eine neue Basis vorlegte, die mit 383 Ja- und 36 Nein-Stimmen bei 7 Enthaltungen angenommen wurde. Sie lautet: "Der ÖRK ist eine Gemeinschaft von Kirchen, die den Herrn Jesus Christus gemäß der Heiligen Schrift als Gott und Heiland bekennen und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind, zur Ehre Gottes, des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Die neue Basis enthält fünf Änderungen. "Bekennen" - statt "annehmen" - impliziert eine stärkere Verpflichtung und stellt die Erfahrung der Gemeinschaft in den Vordergrund. "Den" - statt "unseren" - "Herrn Jesus Christus" ist weniger restriktiv und verweist auf die Universalität der Herrschaft Christi. "Gemäß der Heiligen Schrift" begegnet in gewisser Weise der Kritik, die frühere Fassung der Basis habe Tendenz zum Doketismus bzw. Monophysitismus gezeigt, und bekräftigt zugleich den Stellenwert der Bibel in der ökumenischen Gemeinschaft. "Und darum gemeinsam zu erfüllen trachten, wozu sie berufen sind" fügt dem Verständnis von Gemeinschaft eine dynamische Dimension hinzu und unterstreicht die ontologische Priorität dessen, was Gott in Christus bereits vollbracht hat. Die abschließende doxologische Formel stellt die christozentrische Aussage in einen trinitarischen Rahmen. Sie macht es möglich, dass die Orthodoxen die Basis ohne weiteres akzeptieren können, und ergänzt die Berufung zur Einheit durch ein Element des Lobpreises.

Die meisten Delegierten der Vollversammlung, die sich an der Diskussion beteiligten, waren der Meinung, dass die neue Basis voll und ganz mit der Trinitätslehre, wie sie auf den ersten zwei ökumenischen Konzilen und im Nizänischen Glaubensbekenntnis formuliert worden war, übereinstimmte und dass sie die ökumenische Bewegung expliziter im Evangelium und der ganzen Heiligen Schrift verankerte. Aber es gab auch kritische Stimmen. So wurde die Befürchtung geäußert, der ÖRK bewege sich auf eine konfessionelle Engführung zu oder aber die Erweiterung der Basis schaffe einen Präzedenzfall für weitere Hinzufügungen, die die Basis schließlich zu einer "überladenen Lehraussage" machen würden. Andere Kritiker argumentierten, die neue Basis würde künftigen Änderungen im Weg stehen und dazu führen, dass der "einseitige monophysitische Charakter der ursprünglichen Basis" nicht korrigiert werden könne.

Die Basis aus dem Jahr 1961 hat bis heute Bestand. Sie definiert das Wesen des ÖRK auch weiterhin in ausreichender Weise. Aber der Satz und seine einzelnen Schlüsselaussagen sind keine statischen Abstraktionen. Sie sind durch die mehr als 50-jährigen Erfahrungen und den daraus resultierenden Erkenntnisgewinn mit Leben erfüllt worden: der Herr Jesus Christus als Herr und Heiland, die Schrift, wie sie verstanden, gebetet und bezeugt wird, die Gemeinschaft der Kirchen und ihre gemeinsame Berufung, und sogar die Ehre des dreieinigen Gottes. Keine dieser Wirklichkeiten wird heute genauso erlebt und verstanden wie 1948 von den ökumenisch damals noch unerfahrenen Mitgliedskirchen des ÖRK. De facto schafft diese Kontinuität in der Entwicklung eine "Basis jenseits der 'Basis'", die in der ausführlichen Grundsatzerklärung des Zentralausschusses aufgezeigt wird, die dieser der 8. Vollversammlung (Harare 1998) unterbreitete: Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Verständnis und einer gemeinsamen Vision des ÖRK.

Die englische Originalfassung dieses Artikels wurde verfasst von T.K. Thomas und Tom Stransky und ist erschienen in der überarbeiteten Neuauflage des Dictionary of the Ecumenical Movement (Herausgeber: Nicholas Lossky, José Míguez Bonino, John Pobee, Tom Stransky, Geoffrey Wainwright and Pauline Webb).
Es ist erschienen bei WCC Publications (Genf) und Wm. B. Eerdmans Publishing Company (Grand Rapids, MI).