Wenn ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit”(1. Korinther 12,26)

1. Im Dezember 2006 wurde die gewählte Regierung von Fidschi, einer Inselgruppe im Pazifik mit rund 920’000 Einwohnern, durch einen Militärputsch gestürzt und durch eine „Interimsregierung“ unter dem Chef des Militärs, Kommodore Frank Bainimarama als Premierminister ersetzt. Im April 2009 erklärte das Oberste Gericht den Putsch für rechtswidrig. Innerhalb von wenigen Tagen setzte die Interimsregierung die Verfassung auβer Kraft, entlieβ die Richter, führte Medienzensur ein und kündigte Notstandsgesetze an, die die unter anderem vorschreiben, dass geplante Tagungen – auch kirchliche Tagungen – einer Genehmigung durch die Regierung bedürfen.

2. Die Bevölkerung Fidschis setzt sich aus zwei Gruppen zusammen: den einheimischen Fidschianern, die rund 55 % der Bevölkerung ausmachen, ind den indischstämmigen Fidschianern, den Nachkommen der Arbeitskräfte, die im 19. Jahrhundert aus Indien gekommen waren und die etwa 42 % der Bevölkerung stellen. Die groβe Mehrheit der einheimischen Fidschianer sind Christen (mehr als 95 %), und das Christentum ist – vor allem dank der Methodistischen Kirche – sehr weitgehend in die einheimische fidschianische Kultur integriert. Die indischen Fidschianer sind vorwiegend Hindus (28 % der Gesamtbevölkerung) oder Muslime (6 %).

3. Nahezu zwei Drittel der einheimischen Fidschianer gehören der Methodistischen Kirche an, einer Mitgliedskirche des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK). Insgesamt sind rund 35 % der Fidschianer Methodisten (327’000 Personen einschlieβlich einiger indischer Fidschianer). Die Römisch-Katholische Kirche ist mit rund 60’000 Gläubigen die zweitgröβte Kirche. Die einzige weitere ÖRK-Mitgliedskirche in Fidschi ist die Anglikanische Kirche (rund 8’000 Gläubige).

4. Die Armee hatte auch 1987 und 2000 geputscht. In beiden Fällen wurde der Putsch als den Interessen der einheimischen Fidschianer förderlich betrachtet, und im Allgemeinen herrscht die Auffassung vor, dass die Methodistische Kirche mit ihrer vorwiegend einheimischen Mitgliedschaft die Putschisten unterstützt hat. Der Putsch von 2006 hingegen dient nach allgemeiner Auffassung den Interessen der indischen Fidschianer, und die Interimsregierung hat die Rolle der traditionellen fidschianischen Kultur im Leben der Nation erheblich eingeschränkt. So ist zum Beispiel der früher sehr mächtige Häuptlingsrat von der Interimsregierung aufgelöst worden.

5. Unmittelbar nach dem Putsch von 2006 gab die Methodistische Kirche Erklärungen heraus, in denen sie den Putsch bedauerte und die Interimsregierung für rechtswidrig erklärte. Viele kleinere Kirchen schlossen sich diesem Standpunkt mit öffentlichen Erklärungen an, doch wird mit Bedauern festgestellt, dass es kaum Verständigung gibt zwischen der Methodistischen, der Anglikanischen und der Römisch-Katholischen Kirche. Die Methodistische Kirche bleibt seit 2006 öffentlich bei ihrer Auffassung, dass die Interimsregierung rechtswidrig ist. Daher lehnt sie es ab, an den von der Interimsregierung initiierten kommunalen Debatten über die Gestaltung der Zukunft Fidschis teilzunehmen. Diese Politik der Kirche ist zwar durchaus verständlich und vertretbar, doch sie hat auch dazu geführt, dass sich die Kirche von diesen Prozessen, die möglicherweise eine entscheidende Rolle für die Gestaltung der Zukunft Fidschis spielen werden, bedauerlicherweise selbst ausgeschlossen hat.

6. Seit Mai 2009 hat die Interimsregierung die folgenden Maβnahmen gegen die Methodistische Kirche ergriffen:

  • Sie verbot der Kirche, 2009 ihre Jahreskonferenz abzuhalten, die das höchste Leitungsgremium der Kirche ist (dieses Verbot könnte auch nach der geplanten Rückkehr zur Demokratie 2014 in Kraft bleiben).

  • Sie verbot das jährliche Chorfestival der Kirche, das zur gleichen Zeit wie die Jahreskonferenz stattfindet und bei der jährlichen Beschaffung von Mitteln für das Leben und die Mission der Kirche hilft.

  • Sie verhaftete neun führende Methodisten, darunter den Vorsitzenden und den Generalsekretär, und klagte sie an, gegen die Notstandgesetze verstoβen zu haben. Alle neun sind gegen Kaution entlassen worden, doch ist ihnen genau vorgeschrieben worden, was sie tun dürfen und was nicht; auβerdem wurden ihnen ihre Pässe abgenommen.

  • Sie untersagte der Kirche die Amtseinführung ihres Vorsitzenden und ihres Generalsekretärs, die am 23. August stattfinden sollte.

  • Sie verbot die wöchentliche Radiosendung der Methodistischen Kirche, die vom Generalsekretär der Kirche moderiert worden war.

7. Im August 2009 entsandte der ÖRK ein Team von drei führenden kirchlichen Persönlichkeiten aus Nachbarländern zu einem Besuch in Fidschi, um der Methodistischen Kirche in dieser Situation Solidarität und Unterstützung zu bekunden. Der ÖRK spricht der Pazifischen Konferenz der Kirchen (PCC) seinen Dank fürdie organisatorische Unterstützung und die Gastfreundschaft aus, die dem ÖRK-Team groβzügigerweise zur Verfügung gestellt wurden. Das Team traf mit führenden Vertretern der Methodistischen Kirche zusammen und nahm am 23. August in der Centenary Church in Suva am Gottesdienst teil. Es traf zudem mit leitenden Vertretern der PCC, mit dem anglikanischen Bischof Apimeleki Qiliho, mit mehreren Nichtregierungsoranisationen und mit Premierminister Bainimarama zusammen. Der Premier vertrat mit Nachdruck die Auffassung, dass der Kirchenleitung der Methodisten auch Personen ethno-nationalistischer Orientierung angehören, die er weniger als Kirchenführer denn als Politiker sieht. Die ethno-nationalistischen Bestrebungen und Taten dieser Personen seien es, die seine Regierung zu den Maβnahmen gegen die Kirche veranlasst hätten. Das Team begrüβte die Zusicherung des Premiers, die Interimsregierung sei bereit zum Dialog mit der Methodistischen Kirche.

8. Die Fidschianer sind höchst verschiedener Meinung über die Interimsregierung. Diese Meinungen reichen von entschiedener Unterstützung für die Interimsregierung und insbesondere deren Maβnahmen für eine multirassische und multireligiöse Gesellschaft bis hin zu klarer Opposition gegen die Interimsregierung und alles, für das sie offenbar steht. Manche Fidschianer äuβern Besorgnis angesichts der Möglichkeit, dass die Interimsregierung die für 2014 geplante Rückkehr zur Demokratie aufschiebt und Fidschi langfristig eine Militärdiktatur wird oder von einer Militärjunta regiert wird. Auch innerhalb der Methodistischen Kirche werden diese verschiedenen Standpunkte vertreten.

9. Die Methodistische Kirche ist fest entschlossen, auf die Maβnahmen der Interimsregierung nicht in einer Weise zu reagieren, die die zu öffentlichen Protesten gegen die Regierung und möglicherweise zu Gewalt und Blutvergieβen führen könnte. Die Kirche wünscht von ganzem Herzen eine friedliche Lösung der Probleme, mit denen sie konfrontiert ist. Sie ist bereit zu Gesprächen mit der Interimsregierung, die mit oder ohne Hilfe eines Vermittlers geführt werden können, und sie ist bereit, ihre Ablehnung einer Mitwirkung bei den staatlichen und kommunalen Debatten über die Zukunft Fidschis zu überdenken.

Der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) fasst auf seiner Tagung in Genf (Schweiz) vom 26. August – 2. September 2009 folgenden Beschluss:

Der Zentralausschuss,

A. bringt tiefe Besorgnis angesichts der Maβnahmen der Interimsregierung von Fidschi gegen die Methodistische Kirche in Fidschi und Rotuma zum Ausdruck;

B. würdigt die überlegte und maβvolle Reaktion der Methodistischen Kirche in Fidschi und Rotuma auf die Maβnahmen, welche die Interimsregierung von Fidschi gegen die Kirche ergriffen hat;

C. ermutigt die Pazifische Konferenz der Kirchen, den Dialog zwischen den Kirchen in Fidschi zu fördern, und zwar insbesondere zwischen der Methodistischen, der Anglikanischen und der Römisch-Katholischen Kirche;

D. fordert die Methodistische Kirche in Fidschi auf, Möglichkeiten zu suchen, ein Gespräch mit der Interimsregierung aufzunehmen;

E. ermutigt die Methodistische Kirche in Fidschi und Rotuma, unter Beibehaltung ihrer Position bezüglich der Unrechtmäβigkeit der Interimsregierng dennoch zu erwägen, an den von der Regierung initiierten kommunalen Debatten teilzunehmen, die sich mit der Zukunft des politischen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und interreligiösen Lebens in Fidschi befassen;

F. ersucht den ÖRK-Generalsekretär, umgehend auf Ersuchen und Anregungen der Kirchen in Fidschi im Blick auf mögliche künftige ÖRK-Maβnahmen zur Unterstützung der Kirche in Fidschi einzugehen;

G. ruft die ÖRK-Mitgliedskirchen auf, für die Nation und die Bevölkerung von Fidschi zu beten und dafür, dass das Land so bald wie möglich auf friedlichem Wege zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zurückkehrt und sich eine lebendige und friedliche multirassische und multireligiöse Gesellschaft entwickeln kann.

 

Das folgende Gebet soll die Kirchen dabei unterstützen, sich für die Anliegen zu engagieren, die im obigen Protokollpunkt angesprochen sind:

Gott des Friedens, wir beten für die Nation und die Bevölkerung Fidschis. Begleite die Kirchen und die Regierung in ihrem Bemühen, neue Wege für den Aufbau eines Landes zu finden, das sich der Freiheit, der Gerechtigkeit und dem Frieden sowie positiven multirassischen und multireligiösen Beziehungen verpflichtet fühlt. Im Namen Christi, Amen.