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Sehr geehrter Herr Präsident,

Sehr geehrte Frau Generalsekretärin,

Sehr geehrte Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz,

Liebe Schwestern und Brüder, Chères soeurs et chers frères

Ich freue mich sehr, Ihnen im Namen der 349 Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) herzlich zum 50. Jubiläum der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz zu gratulieren.

Ein solches Jubiläum ist ein Grund zum Feiern. Es bietet die Gelegenheit, dankbar auf das Erreichte zurückzuschauen, und mit einer Vision für eine „lebendige Ökumene“ in der Schweiz in die Zukunft zu blicken.

Seit der Gründung der Arbeitsgemeinschaft haben zwölf Kirchen den Weg zur Vollmitgliedschaft gefunden und die Charta Oecumenica unterzeichnet. Drei weitere Kirchen oder Kirchengemeinschaften haben einen Gaststatus. Wir sind dankbar für die Breite dieses kirchlichen Miteinanders der Schweizer Kirchen.

Die Themen, mit denen Sie sich in der schweizerischen Kirchenlandschaft befassen, haben sich in den vergangenen 50 Jahren bestimmt verändert. Traditionelle Kirchen wandeln sich, neue Kirchen schließen sich der Gemeinschaft an und die Gesellschaft ist heute eine andere. Dies geht einher mit neuen theologischen Erkenntnissen und neuen sozialen Herausforderungen. Durch gemeinsame Sitzungen, durch ein frohes Miteinander und durch Begegnungen untereinander werden die Beziehungen gestärkt. Die Ökumene ist die Kunst der Begegnung und die Freude des gemeinsamen Gebets.

Die Kirchen geraten heute in Versuchung, sich selbst zu marginalisieren. Wenn wir uns zurückziehen, werden wir nicht kritisiert werden, ist wohl einer der unausgesprochenen zugrundeliegenden Gedanken. In einer mehr und mehr säkularen Kultur wird die Religion verstärkt als eine sehr private Angelegenheit angesehen, die in keiner Verbindung mit den gesellschaftlichen Realitäten steht, in denen die Menschen leben. Die ökumenische Bewegung erinnert uns aber daran, dass es bei der Ökumene um oikoumene geht, um alles Leben, um die gesamte Welt.

Als Christinnen und Christen ist es wichtiger denn je, dass wir dicht zusammenstehen und versuchen, gemeinsam zu sprechen. Wenn wir mit einer Stimme sprechen, um Ungerechtigkeit und Unterdrückung anzuprangern, legen wir Zeugnis ab von unserem Herrn und Retter, Jesus Christus. Die Pandemie hat unsere Sichtweise auf die Herausforderungen, mit denen wir konfrontiert sind, verschärft: Spaltungen, Unterschiede, Rassismus, Populismus und Gewalt nehmen zu. Unser gemeinsames Zeugnis und unsere lebendige Ökumene müssen Hoffnung bringen durch Handlungen der Liebe, durch Versöhnung und Heilung.

Seit 50 Jahren trägt das Gebet Christi für die Einheit der Kirchen die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in der Schweiz. Das gleiche Gebet gibt uns allen Kraft und inspiriert uns auch weiterhin für unsere lebendige Ökumene – „dass sie eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube“ (Joh. 17,21).

Gemeinsam mit den Kirchen in Europa bereitet der ÖRK die 11. Vollversammlung vor, die vom 31. August bis 8. September 2022 in Karlsruhe, Deutschland, stattfinden wird und unter dem Thema „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ steht. Die Einladung zum Treffen in Karlsruhe kommt nicht nur von den Kirchen in Deutschland, sondern auch von den Kirchen in der Schweiz und in Frankreich. Dies ist eine wunderbare Gelegenheit, über Grenzen hinweg zusammenzukommen und die weltweite Gemeinschaft der Kirchen nach über 50 Jahren seit der letzten ÖRK-Vollversammlung in Europa, 1968 in Uppsala, zu begrüßen. Es ist die einmalige Chance, die Gemeinschaft willkommen zu heißen und unsere lebendige Ökumene für die Welt zu erneuern.

Gott segne Sie bei Ihrer ökumenischen Arbeit in der Schweiz. Mögen Sie stets auf die Weisheit des Buches der Sprüche vertrauen: „Befiehl dem Herrn deine Werke, so wird dein Vorhaben gelingen.“ (Sprüche 16,3)

In Christus,

Erzbischof Emeritus Anders Wejryd

ÖRK-Präsident für Europa