"Ich lebe und ihr sollt auch leben"
Johannes 14, 19

Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) und die ökumenische Bewegung haben einen herausragenden Ökumeniker verloren, einen Visionär und leidenschaftlichen Streiter für die Zukunft des Lebens auf der Erde und für eine Kirche, die in treuer Erfüllung ihrer christlichen Berufung sichtbar vereint ist.

Mit großer Trauer, aber auch voller Dankbarkeit für seine außerordentlichen Verdienste um die ökumenische Bewegung, geben wir den Tod von Prof. Dr. Lukas Vischer bekannt. 

Lukas Vischer kam 1961 als junger Theologe in den Mitarbeiterstab des ÖRK. Noch im selben Jahr nahm er an der Vollversammlung des Rates in Neu-Delhi teil, wo er die Mitarbeiterverantwortung für die Erklärung zur Einheit hatte. Anschließend wurde er als Beobachter zum Zweiten Vatikanischen Konzil entsandt. Diese Erfahrungen halfen ihm, ein tiefes Verständnis der neuen Dynamik in der ökumenischen Bewegung zu entwickeln. Eines der Ergebnisse des Zweiten Vatikanums war die Einrichtung der Gemeinsamen Arbeitsgruppe der römisch-katholischen Kirche und des Ökumenischen Rates der Kirchen. Vischer war deren erster Ko-Vorsitzender.

Lukas Vischer hat den ÖRK und die ökumenische Bewegung durch seine wegweisende Arbeit als Direktor von Glauben und Kirchenverfassung von 1966-1979 entscheidend geprägt. Er veranlasste und gestaltete verschiedene Studienprozesse, insbesondere die Studie zu Taufe, Eucharistie und Amt, die weithin als ein Meilenstein in der Geschichte der ökumenischen Bewegung anerkannt ist.

Mit seinem unermesslichen theologischen Wissen, seinem scharfen Verstand, seiner großen Energie und seinem starken Willen hat Lukas Vischer auch nach seinem Weggang aus dem ÖRK im Jahr 1979 in vielerlei Weise zur ökumenischen Bewegung beigetragen. Der ÖRK ist besonders dankbar für sein überzeugtes Engagement für Gottes leidende Schöpfung während des Konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung, der sich an die Vollversammlung 1983 in Vancouver anschloss und 1990 in einer Weltversammlung in Seoul kulminierte. Es ist zu einem großen Teil Lukas Vischer zu verdanken, dass sich der ÖRK bereits vor über fünfzehn Jahren der Frage des Klimawandels zuwandte.

Im Laufe seines Lebens hat Lukas Vischer freundschaftliche Beziehungen und Vertrauen zu zahlreichen Theologen und Theologinnen wie auch zu kirchenleitenden Verantwortlichen in aller Welt aufgebaut. Sie alle werden mit uns den Verlust eines großen Theologen und Ökumenikers betrauern.

Mit unseren Gedanken und Gebeten begleiten wir Lukas' Familie und besonders seine Frau Barbara. Wir möchten ihnen versichern, dass die Erinnerung an ihn in unserer Mitte wach gehalten wird, und Gott für Lukas' langes Leben und großartigen Dienst an der Ökumene danken.

Samuel Kobia
ÖRK-Generalsekretär