Rumänien, durch den Karpatenbogen, die Donau und das Schwarze Meer leicht auf jeder Landkarte zu finden, liegt, kulturell gesehen, am Schnittpunkt zwischen europäischem Abendland und Morgenland. Etwas mehr als 22 Millionen Einwohner leben hier, 99 % von ihnen nennen sich Christen. Anderen Glaubensgemeinschaften gehören an: 9.000 Juden, 56.000 Muslime. Ein paar tausend Menschen erklären sich als Atheisten oder religionslos.

Die größte Kirche ist die Rumänische Orthodoxe Kirche. 86,8% der Christen aus Rumänien (19,8 Millionen Menschen) gehören dieser Kirche an. Die Römisch-Katholische Kirche (5%) zählt 1,16 Millionen Mitglieder, die Griechisch-Katholische über 700.000. Der Reformierten Kirche gehören rund 800.000 Gläubige an, der Evangelisch-Lutherischen Kirche 21.000, der Evangelischen Kirche A.B. 17.000 . Die Gemeinschaft der Unitarier zählt rund 76.000 Mitglieder, die Armenische Kirche 2.000. Zu den Freikirchen zählen sich über eine halbe Million Christen: Baptisten, Pfingstler, Adventisten, Evangeliumschristen und andere.

1993 wurde der Ökumenische Verein der Kirchen (AIDRom) gegründet. Ihm gehören die Orthodoxe, die Reformierte, die beiden evangelischen [lutherischen] und die Armenische Kirche an. AIDRom hält Verbindung zu internationalen ökumenischen Partnern und zu den NGOs und Vereinen im Inland, denen sie bei der Durchführung ihrer Projekte helfen. Ein Anliegen des Ökumenischen Vereins der Kirchen ist die Gebetswoche für die Einheit der Christen. Dazu gibt AIDRom jährlich eine dreisprachige Broschüre (rumänisch, ungarisch, deutsch) mit dem von der internationalen Gruppe erarbeiteten und vom ÖRK versandten Material heraus, um im ganzen Land das Abhalten von ökumenischen Gebetsgottesdiensten anzuregen und zu erleichtern.

Die Gebetswoche für die Einheit der Christen wird an einigen Orten bereits seit den 60er Jahren gefeiert. Ein weiterer Anlaß für ökumenische Gottesdienste ist der Weltgebetstag der Frauen (WGT), jeweils am ersten Freitag im März. 1971 begannen Frauen in Rumänien, an diesem Tag mitzubeten. Die jährlichen Vorbereitungen werden inzwischen von einem landesweiten ökumenischen Ausschuss koordiniert, in dem Frauen aus sieben Kirchen, einschliesslich der römisch-katholischen, mitarbeiten. Als außergewöhnliche Aufgabe bereitet das rumänische ökumenische WGT-Komitee die Gebetsordnung für den Weltgebetstag am 1. März 2002 vor.

1990 durften wieder Vereine gegründet werden, und so entstanden viele christliche Vereine, sowohl konfessionelle als auch ökumenische. In Bukarest arbeitet die Interkonfessionelle Bibelgesellschaft in Rumänien. 1992 gründete sich das "Ökumenische Forum Christlicher Frauen in Rumänien", dem christliche Frauenvereine und Einzelpersonen angehören. Das Forum organisiert auf Landesebene ökumenische Treffen und Fortbildungskurse, an denen sich Frauen aus allen Kirchen des Landes beteiligen. Ein Beispiel für die Ökumene vor Ort ist der Hilfsverein "Ortopraxia" in Orastie /Broos, der von den Pfarrämtern der fünf historischen Kirchen, die in der Stadt vertreten sind, getragen wird. Andere Vereine, auch wenn sie innerhalb einer bestimmten Konfession angesiedelt sind, arbeiten trotzdem ökumenisch, wie zum Beispiel der von der reformierten Gemeinde aus Tirgu Mures getragene Verein "Rettungsring".

Ökumenische Beziehungen zwischen den verschiedenen Kirchen gibt es auf der Ebene der Kirchenleitungen und theologischen Hochschulen innerhalb des Landes und in Form von Partnerschaften zwischen Kirchen in Rumänien und Kirchen im Ausland. Die protestantischen Kirchen sind Mitglieder in den jeweiligen Weltbünden (wie LWB, RWB, Baptistischer Weltbund), und, gemeinsam mit der Rumänischen Orthodoxen Kirche sind sie Mitglieder der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK) und des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK).

Blick in die Vergangenheit

Die Anfänge des Christentums auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens reichen bis in die früheste Zeit zurück, nach orthodoxer Tradition bis ins erste christliche Jahrhundert. Archäologische Funde können christliches Leben im 4. Jahrhundert bestätigen. Einige geschichtliche Daten: im 11. Jahrhundert entstand in Alba Iulia (Siebenbürgen) ein römisch-katholisches Bistum; 1359 wurde in Arges eine orthodoxe Metropolie für die Walachei gegründet. Die Rumänische Orthodoxe Kirche wurde 1885 selbstständig und 1925 zum Rang einer Patriarchie erhoben. Im Landesteil Siebenbürgen, das viele Kirchen beheimatet, trat bemerkenswert früh (1568) eine tolerante und beispielhafte Gesetzgebung in Kraft. Mehrere Konfessionen wurden offiziell anerkannt und gleichberechtigt. So konnten zum Beispiel österreichische Protestanten in Siebenbürgen Zuflucht finden.

Die Vielzahl der in Rumänien und vor allem in Siebenbürgen anzutreffenden Kirchen ergibt sich auch aus der ethnischen Zugehörigkeit der Bewohner. Im großen und ganzen gehören die Rumänen zur orthodoxen und katholischen Kirche beider Riten; die Reformierten, Unitarier, die Mehrheit der Katholiken und einige Lutheraner stammen ursprünglich aus Ungarn und leben in Siebenbürgen; die evangelischen Gläubigen A.B. sind meist Angehörige der deutschen Minderheit aus Siebenbürgen. Die nationale Vielfalt ist eine Bereicherung des menschlichen Lebens, das Zusammenleben erfordert aber besonders viel Verständnis füreinander. Alle haben die wichtige Aufgabe, der Versöhnung zu dienen.

In der Zeit der kommunistischen Diktatur (nach dem Zweiten Weltkrieg und bis1989) hatten alle Kirchen einen schweren Stand. Sie verloren fast ihren gesamten (ihnen nach der Agrarreform von 1921 gebliebenen) Besitz an Grund, Wäldern, Schulen, Spitälern, Gebäuden (außer den Gotteshäusern). Neue Kirchengebäude durften nicht errichtet werden. In den Schulen durfte Religion nicht unterrichtet werden (wohl aber innerhalb der Kirchen). Die Ausbildungsstätten für Pfarrer konnten mit einigen Einschränkungen weiter funktionieren. Besonders hart ging der kommunistische Staat mit der griechisch-katholischen Kirche um: sie wurde ganz verboten, ihre Pfarrer verhaftet oder umgebracht, der Besitz konfisziert, die Kirchengebäude weggenommen und der orthodoxen Kirche überlassen.

An der Schwelle des neuen Jahrtausends

Die politische Wende von 1989 brachte auch den Kirchen eine neue Öffnung und neue Wirkungsmöglichkeiten. Versammlungs-, Presse- und Reisefreiheit sind auch der Ökumene förderlich. Die ehemalige "Solidarität der Unterdrückten" verblasste, aber die freiwillige Bereitschaft zum Dialog macht neue Formen der Zusammenarbeit möglich.

Die Kirchen nehmen bewusst ihre diakonischen Aufgaben wahr und setzen sich für die Schwachen und Marginalisierten ein. In einem Land mit großen wirtschaftlichen Problemen und wachsender Armut ist das auch unerlässlich. Aber auch der geistlichen Bedürfnisse muss Rechnung getragen werden. In den letzten zehn Jahren entstanden über 100 neue orthodoxe Klosterkirchen in Rumänien. Insgesamt erleben die Klöster eine Blütezeit, und es geht eine große Ausstrahlung von ihnen aus.

Die griechisch-katholische Kirche bemüht sich immer noch um die Rückgabe ihres früheren Besitzes, da die in den 45 Jahren ihrer Illegalität geschrumpften Gemeinden in vielen Ortschaften ihre ehemaligen Gotteshäuser noch nicht zurückbekommen haben (erst etwa 120 der insgesamt 2.300 Gotteshäuser von 1948). Auch die Besitzverhältnisse im Falle von Gebäuden anderer Kirchen sind, zehn Jahre nach der politischen Wende, noch immer nicht geklärt (z. B. Schulen, Heime, usw.)

An den Schulen wird wieder Religionsunterricht erteilt. Die Eltern dürfen wählen, welchen Unterricht, das heißt welchen konfessionellen Unterricht, ihr Kind besuchen soll. Trotzdem kommt es in einigen Fällen zu Anschuldigungen der unfairen Abwerbung von Gläubigen. Proselytismus wird auch als Absicht vermutet, wenn einige Kirchen ihre materielle Stärke (die sie ausländischen Partnern verdanken) in Form von Unterstützungen oder großen Bauprojekten als Werbemittel einsetzen.

Ein wichtiges Ereignis für die Ökumene in Rumänien war der Besuch von Papst Johannes Paul II. Vom 7-.9.Mai 1999. Für Rumänien war das nicht nur eine große Ehre, sondern eine einzigartige Gelegenheit zum intensiven Nachdenken über die Einheit der christlichen Kirche. Die orthodoxen, griechisch-katholischen und römisch-katholischen Gottesdienste, die in Anwesenheit und auch unter Teilnahme des Papstes und des Patriarchen zelebriert wurden, hinterließen bei allen Beteiligten jedweder Konfession einen tiefen Eindruck.

Drei Beispiele von gelungenem ökumenischen Leben in Rumänien, an denen eine geschwisterliche Zusammenarbeit erkannt werden kann, die sowohl Menschen verschiedener Kirchen als auch verschiedener Volkszugehörigkeit verbindet, sind:

  • Hermannstadt/Sibiu: monatlich findet eine ökumenische Andacht statt, an dem sich orthodoxe, katholische, griechisch-katholische, evangelische und reformierte Gläubige beteiligen.
  • Temeswar/Timisoara: der ökumenische Gottesdienst am Weltgebetstag wird zentral und dreisprachig gefeiert. Menschen aus fünf Kirchen beten gemeinsam.
  • Bukarest: Die Gebetswoche für die Einheit der Christen wird von dem lokalen ökumenischen Ausschuss der Stadt vorbereitet. Reihum, jeden Abend in einer anderen Kirche, werden die Gottesdienste gefeiert, zu denen sich jedes Mal eine ökumenische Gemeinde versammelt.

    Diese Darstellung der ökumenischen Lage in Rumänien wurde dem Ökumenischen Verein der Kirchen AIDRom (Bukarest) vorgelegt und erhielt die Zustimmung des Vorsitzenden, Bischof Nifon (Rumänische Orthodoxe Kirche), sowie des Vize-Vorsitzenden, Bischof D. Dr. Christoph Klein (Evangelische Kirche A.B. in Rumänien). Die Information über Kirchen und Ökumene in Rumänien wurde auf Bitten des ÖRK verfaßt, um in die Broschüre für die Gebetswoche für die Einheit der Christen (2001) aufgenommen zu werden.