Zusammenfassung des Berichtes an die 9. Vollversammlung1

Auf der 8. Vollversammlung (Harare, Dezember 1998) wurde ein Vorschlag zur Bildung eines "Forums christlicher Kirchen und ökumenischer Organisationen" vorgelegt und im Weisungsausschuss für Grundsatzfragen I sowie im Plenum diskutiert. Die Vollversammlung ermutigte den Zentralausschuss, den Konsultationsprozess fortzuführen, und sprach sich für weitere Arbeit daran mit dem Ziel aus, ein wirksameres, tragfähigeres und inklusiveres Netzwerk von Beziehungen zu bilden.

Der "Forumsvorschlag", als welcher er bekannt wurde, resultierte aus dem Reflexionsprozess über das gemeinsame Verständnis und die gemeinsame Vision des Ökumenischen Rates der Kirchen (CUV). Der Vorschlag zielte in die Richtung, das Potential eines "Forums" zu prüfen, das ein umfassenderes Beziehungsmodell als die Gemeinschaft der ÖRK-Mitgliedskirchen darstellen würde. Ein derartiges "Forum" sollte Kirchen, die sich an der ökumenischen Bewegung beteiligen, d. h. ÖRK-Mitgliedskirchen, die römisch-katholische Kirche, andere Kirchen und die evangelikalen, pfingstlerischen und unabhängigen Kirchen sowie ökumenische und kirchennahe Gruppen zusammenführen. Im August 1998 fand eine Konsultation dazu in Bossey statt, die das Dokument erarbeitete, das der Versammlung in Harare vorlag. Bei dieser Konsultation wurde ein kleiner Fortsetzungsausschuss eingesetzt, der für den Prozess nach der Versammlung von Harare zuständig war.

1. Der Konsultationsprozess

Folgende Tagungen fanden in der Periode zwischen der Achten und Neunten Vollversammlung statt:

September 2000 : Tagung des Fortsetzungsausschusses und einer Gruppe evangelikaler und pfingstlerischer Verantwortlicher aus der ganzen Welt, um über das gemeinsame Interesse am Forum-Vorschlag zu diskutieren. Tagungsort war das Fuller Theological Seminary, Pasadena, USA.

Juni 2002 : Erste internationale Forums-Konsultation mit etwa 60 Teilnehmenden aus vielen Ländern der Welt. Alle wesentlichen christlichen Traditionen waren vertreten, unter Teilnahme einer relativen Mehrheit von evangelikalen, pfingstlerischen und unabhängigen Delegierten (rund 50%). Tagungsort war das Fuller Theological Seminary, Pasadena, USA.

Mai 2004: Asien-Konsultation zur Forumsidee, an der etwa 50 Personen teilnahmen, welche alle wichtigen christlichen Traditionen in Asien vertraten, worunter sich eine relative Mehrheit von evangelikalen und pfingstlerischen Teilnehmenden befand. Tagungsort war Hongkong, China SVZ.

August 2005 : Afrika-Konsultation zur Forumsidee, an der rund 60 Personen teilnahmen, die die wichtigsten christlichen Traditionen in Afrika vertraten. Eine relative Mehrheit von ihnen vertrat die evangelikalen, pfingstlerischen und die in Afrika entstandenen Kirchen. Tagungsort war Lusaka, Sambia.

Bei der Tagung vom September 2002 wurde der Name Globales Christliches Forum als eine von allen am Prozess beteiligten christlichen Traditionen annehmbare Bezeichnung vorgeschlagen.

Der Fortsetzungsausschuss traf sich einmal jährlich in der Zeit zwischen der Achten und Neunten Vollversammlung. Die Zusammensetzung des Ausschusses wurde von sieben auf elf Mitglieder aufgestockt, und der Ausschuss wurde für die Beteiligung evangelikaler und pfingstlerischer Kirchen am Forums-Prozess repräsentativer.

Im Jahr 2003 entwickelte der Fortsetzungsausschuss einen Aktionsplan für die Zeitspanne 2004-2007. Gemäß einem Vorschlag der Konsultation vom Juni 2002 wurde beschlossen, zwischen 2004 und 2006 Konsultationen in vier größeren Regionen der Welt abzuhalten (Asien, Afrika, Europa und Lateinamerika) und als Höhepunkt des Prozesses ein globales "Forumsereignis" im Jahr 2007 vorzusehen.

2. Provisorischer Zweck des Forums

Auf der ersten Forums-Konsultation (Juni 2002) besprachen die Teilnehmenden eingehend die Grundlage für die Beteiligung am Globalen Christlichen Forum und hießen folgende provisorische Erklärung gut:

Einen offenen Raum zu schaffen, wo sich Vertreter und Vertreterinnen eines breiten Spektrums christlicher Kirchen und zwischenkirchlicher Organisationen, die den dreieinigen Gott und Jesus Christus als vollkommen in seiner Gott- und Menschheit bekennen, versammeln können, um ihr gegenseitiges Verständnis zu fördern und gemeinsame Herausforderungen zu vertiefen und aufzunehmen.

Im Geist von Johannes 17,21, "damit sie alle eins seien,…damit die Welt glaube, dass du mich gesandt hast" und aufgrund unseres Glaubens an den versöhnenden Gott (2 Kor 5,18-21) könnte ein Forum folgende Ziele anstreben:

  • Unsere Verpflichtung auf Gottes Wort und für die Mission in der Welt vertiefen;
  • Unser Verständnis heutiger Formen der christlichen Mission fördern;
  • Grundsätze und praktisches Vorgehen befolgen, die uns einen freien, verantwortlichen und friedlichen Umgang mit unseren christlichen Differenzen und unseren markant unterschiedlichen Qualitäten ermöglichen;
  • Engagement in theologischer Reflexion in Bereichen gegenseitigen Interesses;
  • Die Ganzheit der Kirche durch die Ermutigung von Kommunikation und Zusammenarbeit stärken; und
  • Beziehungen fördern, die zu einem gemeinsamen Zeugnis führen können.

Diese provisorische Erklärung wurde auf späteren Konsultationen diskutiert und dürfte bei künftigen Begegnungen erneut zu erörtern sein. Es ist nicht vorgesehen, sie bei jeder Etappe dieses Prozesses redaktionell zu verändern. Bemerkungen und Vorschläge werden notiert in der Absicht, einen Weg aufzuzeigen, der zu einer besseren Formulierung führt, möglicherweise zum Zeitpunkt eines künftigen Forumsereignisses.

3. Fortschritte

3.1 Alle bisher abgehaltenen Tagungen wie auch die in verschiedenen Kreisen durchgeführten zahlreichen Diskussionen deuten darauf hin, dass das Globale Christliche Forum eine Idee ist, die zum richtigen Zeitpunkt entstanden ist. Die Zeit ist reif zur Überwindung der Trennlinie des 20. Jahrhunderts zwischen "ökumenisch" und "evangelikal". Das Forum entspricht einer Erwartung, und dies trifft für beide Seiten zu.

3.2 Bei allen Tagungen fand das Konzept eines Forums unter den Teilnehmenden enthusiastischen Beifall. Sie unterstrichen die Bedeutung des Forums als eines Prozesses, der eine ständig zunehmende und sich erweiternde Reihe von Kirchen und christlichen Organisationen sowie deren Repräsentanten umfassen sollte.

3.3 Der Prozess ermöglichte Vertretern von christlichen Traditionen, die bisher noch nicht an gemeinsamen Gesprächen Anteil hatten, sich zu begegnen und in einen Dialog einzutreten. Das Globale Christliche Forum erfüllt seinen Zweck, indem es einen neuen Raum für eine ökumenisch-evangelikale Begegnung schafft, ein Raum, wo Vertrauen wachsen kann.

3.4 Das Forum hat dazu beigetragen, neue Beziehungen zu schaffen. Ein entscheidender Moment aller Begegnungen ist das Erzählen der eigenen Glaubensgeschichte und das Erzählen der Geschichten der Glaubensgemeinschaften durch die Teilnehmenden (bei 60 Personen am Tisch kann diese Übung leicht einen vollen Tag beanspruchen!). Dies hat sich als ein hervorragendes Mittel zur Entdeckung gemeinsamer Glaubensüberzeugungen und zur Überwindung von Vorurteilen herausgestellt.

3.5 All diese Konsultationen konnten aus den von den Teilnehmenden dargestellten lokalen Erfahrungen Nutzen ziehen und trugen ihrerseits zu weiterer Diskussion und zur Ergreifung von Initiativen auf regionaler und lokaler Ebene bei. In Asien und Afrika lösten diese Begegnungen bereits regionale Nachfolgetreffen aus.

3.6 Das Forum wird von den Christlichen Weltgemeinschaften, die an diesen Begegnungen auf verschiedene Weise beteiligt waren, mitgetragen. Der Konferenz der Sekretäre der Weltweiten christlichen Gemeinschaften sind die Zwischenberichte des Forums zugestellt worden, und die Konferenz hat schriftlich ihre Unterstützung bekundet.

3.7 Bis jetzt konnte der Forumsprozess so gesteuert werden, dass auf die Schaffung einer neuen Organisation oder Institution bzw. den Begriff einer ‚Mitgliedschaft‘ oder die Bildung einer neuen Gemeinschaft von Kirchen zusätzlich zu bereits bestehenden verzichtet wurde. Das Forum operiert weiter auf der Grundlage der Partizipation ohne andere Struktur als den Ausschuss und ein kleines Sekretariat.

4. Schwierigkeiten

4.1 Das Forum hat sich auf einen weitaus längeren Prozess eingelassen als ursprünglich vorgesehen war. Im Vorschlag von 1998 war vorgesehen, dass ein hochkarätiges Forumstreffen von 150-250 Teilnehmenden innerhalb von zwei Jahren nach der Versammlung von Harare stattfinden könnte.

4.2 Bis jetzt lehnten mehrere bedeutende pfingstlerische Organisationen und Kirchen eine Einladung zur Teilnahme am Forum ab, so etwa die World Pentecostal Fellowship, die World Assemblies of God oder die Assemblies of God (USA). Die Internationale Evangelische Allianz nahm informell am Forum teil.

4.3 Es war nicht immer möglich, eine offizielle Vertretung der evangelikalen und pfingstlerischen Kirchen und Organisationen zu erwarten bzw. zu erhalten. Einladungen müssen bisweilen an bestimmte Personen adressiert werden, die im besten Fall mit ihrer Mitgliedschaft ein gewisses Einverständnis zum Prinzip ihrer Teilnahme am Forum auszuhandeln vermögen.

4.4 Die zahlenmäßig begrenzte Vertretung von ÖRK-Mitgliedskirchen im Fortsetzungsausschuss hat eine gegenteilige Wirkung auf deren Zugehörigkeitsgefühl und Identifizierung mit dem Forum.

4.5 Im allgemeinen gingen die Gespräche bisher kaum über einen ersten, vorbereitenden Austausch zum Verständnis von Kirche und ihrer Mission hinaus. Um diesen Austausch zu einem Dialog zu vertiefen, wird es nötig sein, eine gemeinsame Tagesordnung auszuarbeiten. Man darf davon ausgehen, dass es schwieriger wird beieinander zu bleiben, wenn kontroverse Themen behandelt werden.

4.6 Das Globale Christliche Forum ist unter den Kirchen weitgehend unbekannt. Der negative Aspekt seiner leichten operativen Struktur besteht im Mangel an Mechanismen für eine wirksame Kommunikation und Information.

4.7 Das Forum hat keine finanzielle Basis. Für jede Tätigkeit müssen die Mittel aufgebracht werden, und die Anzahl von Kirchen und Organisationen, die dazu Beiträge leisten, ist beschränkt geblieben.

5. Das Forum und der ÖRK

Auf allen Begegnungen und Konsultationen, wie auch in der Korrespondenz und Information über das Forum hat der Fortsetzungsausschuss die Rolle des ÖRK als Initiator und Träger des Prozesses erläutert. Dies musste bisweilen mit Sorgfalt geschehen, wurde jedoch nie verheimlicht. Seinerseits anerkannte der Zentralausschuss die notwendige Unabhängigkeit des Fortsetzungsausschusses. Von diesem Einverständnis her interpretierte der Fortsetzungsausschuss den ihm zugestandenen Freiraum als eine Gelegenheit, sich als eigenständiges Gremium verantwortlich für die ihm anvertraute Aufgabe einzusetzen, im Bewusstsein seiner Rechenschaftspflicht gegenüber allen Forumsteilnehmenden.

Während des gesamten bisherigen Prozesses wurden die Entscheidungsinstanzen des ÖRK regelmäßig über das Globale Christliche Forum informiert. Um Fortschritte machen zu können, ist es notwendig, dass der ÖRK sich weiterhin am Forum beteiligt, und zwar aus der CUV-Perspektive, mit anderen Worten, als ein Partner gemeinsam mit anderen. Dennoch unterscheidet sich die Rolle des ÖRK klar von der anderer teilnehmender Gremien, denn er hat diesen Prozess nicht nur ausgelöst, sondern auch die dafür notwendigen menschlichen und finanziellen Mittel bereit gestellt. Der Fortschritt des Forums bis zum heutigen Tag verdankt sich weitgehend der Entschlossenheit und Fähigkeit des ÖRK, den Prozess auf diesem Niveau zu unterstützen.

6. Zukunftspläne

Bei seinem kürzlichen Treffen, im August 2005, beschloss der Fortsetzungsausschuss die Weiterführung des Prozesses, wie dies im Aktionsplan für die Jahre 2004-2007 vorgesehen ist, d. h. im Jahr 2006 zwei weitere Treffen in größeren Regionen abzuhalten und ein "globales Forumsereignis" für das Jahr 2007 vorzusehen:

Europa Juni 2006 (gemäß vorläufigem Zeitplan)

Lateinamerika November 2006 (gemäß vorläufigem Zeitplan)

Diese beiden Konsultationen dürften im wesentlichen nach demselben Schema wie die vorigen durchgeführt werden. In Kürze sollen Kontakte zu den betreffenden Regionalen Ökumenischen Organisationen und anderen regionalen Gremien aufgenommen werden.

Globale Veranstaltung November 2007 (gemäß vorläufigem Zeitplan)

Die globale Veranstaltung ist im Prinzip die Verwirklichung des ursprünglichen Forumsvorschlages. Doch dessen Form, Zusammensetzung, Inhalt und Umfang erfordern weiteres Nachdenken, Diskussion und Input von seiten der verschiedenen am Forumsprozess beteiligten Kirchen und Organisationen, im Licht der bisher gesammelten Erfahrungen. Dazu hat der Fortsetzungsausschuss einige allgemeine Richtlinien entwickelt:

a) Die globale Veranstaltung sollte eine Gelegenheit zur Konsolidierung all dessen sein, was bis zu diesem Zeitpunkt erreicht wurde.

b) Es sollte alle wesentlichen Traditionen der christlichen Familie weltweit umfassen. Sollte irgendeine dieser Traditionen nicht zur Teilnahme bereit sein, sollte die Begegnung auf einen günstigeren Zeitpunkt verschoben werden.

c) Was die Repräsentation der Kirchenleitungen anbetrifft, so sollte diese auf hoher Ebene angelegt sein. Klarheit und Einverständnis über das Repräsentationsniveau ist einer der wesentlichen Punkte, die weiteren Nachdenkens und weiterer Diskussion bedürfen.;

d) Das wesentliche Argument für die Einberufung eines globalen Forums von Vertretern und Vertreterinnen aller christlichen Traditionen liegt darin, dass ein solcher "Raum" für Begegnungen und Gemeinschaft zur Zeit nicht existiert.

e) Das Treffen sollte die christliche Einheit fördern und ein "Hoffnung schaffendes" Ereignis für Christen, Kirchen und die Welt sein.

f) Die Wahl des Tagungsortes dürfte weitreichende Folgen haben. Eine Liste von Kriterien muss entwickelt werden, um über den Versammlungsort zu entscheiden.

Der Fortsetzungsausschuss sieht die globale Veranstaltung als den Zeitpunkt an, an dem er Rechenschaft über die geleistete Arbeit abgibt und seine Verantwortung zurückgibt.

7. Beschlüsse der Neunten Vollversammlung

Wir hoffen, dass die Neunte Vollversammlung:

  • den Bericht über das Globale Christliche Forum entgegennimmt, ihre Meinung zum Prozess "von Harare nach Porto Alegre" bekundet und Richtlinien für zukünftige Vorhaben erläßt;
  • den Mitgliedskirchen empfiehlt, sich am Forum zu beteiligen und dieses zu unterstützen, auch im finanziellen Bereich;
  • die Beteiligung des ÖRK am globalen Forumsereignis im November 2007 empfiehlt;
  • über die Konsequenzen des Globalen Christlichen Forums für den Prozess der Neugestaltung der ökumenischen Bewegung nachdenkt und Empfehlungen für das Verhältnis zwischen den beiden Prozessen abgibt.

Mitglieder des Forsetzungsausschusses: Pfr. Dr. W. Granberg-Michaelson, ÖRK; Pater M. Gundjajew, Moskauer Patriarchat; Pfr. Dr. Han Sang-Ehil, Church of God (Cleveland); Pfr. Richard Howell, Evangelical Fellowship of India; Dr. Musimbi Kanyoro, Weltbund der CVJF; Metropolit Mar Gregorios, Syrisch-orthodoxes Patriarchat von Antiochien; Pfr. Kuzipa Nalwamba, Vereinigte Kirche von Sambia; Mgr. John Radano, Päpstlicher Rat zur Förderung der Einheit der Christen; Dr. Cecil M. Robeck, Pfingstbewegung; Pfrin. Sarah Rowland Jones, Anglikanische Kirchengemeinschaft; Dr. George Vandervelde, Institute for Christian Studies.

 


1 Das Globale Christliche Forum steht auf der Tagesordnung des Weisungsausschusses für Grundsatzfragen, der der Vollversammlung einen diesbezüglichen Beschlussantrag vorlegen wird. Exemplare des Gesamtberichtes sind im Weisungsausschuss für Grundsatzfragen erhältlich oder beim Generalsekretariat des Ökumenischer Rates der Kirchen, Postfach 2100, CH-1211 Genf, 2, Schweiz.