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Anglikanischer Erzbischof Thabo Makgoba und Lungi Makgoba aus Südafrika am Open-Air-Gottesdienst des Kirchentags in Wittenberg, Deutschland. © DEKT/Kathrin Erbe

Anglikanischer Erzbischof Thabo Makgoba und Lungi Makgoba aus Südafrika am Open-Air-Gottesdienst des Kirchentags in Wittenberg, Deutschland. © DEKT/Kathrin Erbe

Die Reformation sei vor 500 Jahren ein definierender Moment gewesen, könne aber auch als Inspiration für die nächsten fünf Jahrhunderte dienen, sagte der anglikanische Erzbischof Thabo Makgoba aus Südafrika zehntausenden Menschen auf dem Deutschen Evangelischen Kirchentag.

„Der Beitrag von Martin Luther in diesem Teil der Welt, beeinflusst von Europa und seinem Gedankengut, kann nicht genug gewürdigt werden“, sagte Makgoba am 28. Mai in seiner Predigt im Gottesdienst in Wittenberg, der Stadt, die weltweit als der Ort gefeiert wird, an dem Luthers Reformation seinen Anfang nahm, als er 1517 in seinen 95 Thesen die Missstände der Kirche anprangerte.

Die Tatsache, dass Luther die Autorität in Frage stellte, „mobilisierte millionen Menschen in einer unaufhaltsamen Bewegung in Wahrnehmung des Teilnahmerechts“, sagte Erzbischof Makgoba am Open-Air-Gottesdienst, der den vom 24. – 28. Mai dauernden Kirchentag abschloss und einen Reformationssommer mit Aktivitäten in Wittenberg eröffnete.

Der Kirchentag, der jedes zweite Jahr organisiert wird, fiel dieses Jahr mit dem Reformationsjubiläum zusammen und brachte mehr als 100'000 Menschen nach Berlin. Viele von ihnen legten die 90 Kilometer lange Strecke zum Reformationsgottesdienst nach Wittenberg entlang der Ufer der Elbe zurück.

Interpretiert man sie im heutigen Kontext, kann die Reformation „unser Leitfaden, unser inspirierendes GPS, unser globales Positionierungssystem für die nächsten 500 Jahre“ werden, fuhr Makgoba fort, der seit 2007 Erzbischof von Kapstadt ist.

Hinter der Bühne, auf der Makgoba predigte, konnte man den Turm der Schlosskirche zu Wittenberg sehen, wo Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen angeschlagen haben soll, und damit Ereignisse einleitete, die zur Entstehung der evangelischen Kirchen führten.

Bereits am Vortag hatten sich die Menschen auf der Elbwiese zu versammeln begonnen, wo sie sich im Gebet mit der ökumenischen Gemeinschaft von Taizé in einer „Nacht der Lichter“ vereinten, die nach Sonnenuntergang im Kerzenlicht stattfand.

Makgoba forderte vor allem junge Menschen heraus, „die Schreie der anderen und unseres Planeten zu hören, wie Gott sie hören würde“, und „der Liebe willen, der Würde willen, der Freiheit willen, Christi willen“ zu handeln.

Er beschrieb, wie Deutschland unter den Nazi und Südafrika unter der Apartheid beide „Geschichten von unsäglichen Grausamkeiten aufweisen, die aber auch Geschichten von Gottes unerschöpflicher Treue“ seien.

Zu den versammelten Gläubigen gehörte auch der evangelische Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ehemaliges Mitglied des Kirchentag-Präsidiums. An die Teilnehmenden gerichtet erinnerte er daran, wie die Reformation den Glauben gestärkt hat. Die Trennung zwischen christlichen Traditionen habe aber auch Leid und Elend, ja Hass und Gewalt gebracht.

„Noch vor einem halben Jahrhundert wäre kaum denkbar gewesen, was wir nun an Gemeinschaft unter den christlichen Konfessionen erleben dürfen“, fuhr er weiter.

Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) sagte in einer Abschlussrede, nach 500 Jahren der Abgrenzung zwischen evangelischen und römisch-katholischen Christen „wollen wir endlich wieder zusammenkommen, den ganzen Reichtum unserer Traditionen miteinander teilen.“

Der Kirchentag wurde 1949 von evangelischen Laien in Deutschland gegründet, um nach der Nazi-Diktatur und dem Zweiten Weltkrieg die demokratische Kultur zu stärken. In den letzten Jahrzehnten hat der Kirchentag eine europäische und weltweite Reichweite erlangt.

Vertreterinnen und Vertreter des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) und von Mitgliedskirchen aus mehreren Kontinenten waren an zahlreichen der 2000 Anlässen im Rahmen des Kirchentags beteiligt.

„In diesem Jahr, in dem das 500. Reformationsjubiläum gefeiert wird, ist der Kirchentag auf unserem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens einer der Meilensteine, der uns motiviert, in diesen vergangenen Ereignissen Ressourcen zu entdecken, die dabei helfen können, die Welt zu verändern“, kommentierte ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit. „Diese Entdeckung entspricht sowohl dem wahren Sinn von Gnade, als auch dem wahren Sinn von Glaube.“

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