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Dr. Agnes Abuom, Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, und Prof. Dr. John Samuel Mbiti. Foto: ÖRK

Dr. Agnes Abuom, Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, und Prof. Dr. John Samuel Mbiti. Foto: ÖRK

Gemeinsam mit seiner Familie und seinen Freunden trauert die Gemeinschaft des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) um Prof. Dr. John Samuel Mbiti, der am 6. Oktober verstorben ist, und ist gleichzeitig dankbar für sein Leben.

Mbiti war christlicher Religionsphilosoph und Autor und ordinierter anglikanischer Priester bzw. seit 2005 Kanonikus. Er ist in Kenia geboren und aufgewachsen, hat in Uganda und den Vereinigten Staaten studiert und 1963 an der Universität Cambridge (Vereinigtes Königreich) promoviert. Von 1964 bis 1974 hat er an der Makerere-Universität in Uganda Religion und Theologie gelehrt. Zudem hatte er Gastprofessuren an verschiedenen Universitäten in der ganzen Welt inne und hat zahlreiche und umfangreiche Publikationen in den Bereichen Philosophie und Theologie und über die afrikanische Tradition der mündlichen Überlieferung veröffentlicht.

Sein Buch „Afrikanische Religion und Weltanschauung“ (1974; auf Englisch 1969 unter dem Titel „African Religions and Philosophy“ erschienen) hat erstmals die Annahme in Frage gestellt, dass traditionelle afrikanische religiösen Vorstellungen „dämonisch und anti-christlich“ seien.

Mbiti war von 1974 bis 1980 Direktor des Ökumenischen Instituts des ÖRK in Bossey. Der Historiker des Instituts, Hans-Ruedi Weber, schrieb über ihn, dass „der kreativste Teil der Arbeit des Instituts in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre“ eine Reihe von Konferenzen über interkulturelle Theologie war, die Mbiti organisiert hatte. Ziel dieser Reihe von Konferenzen war – in der wie immer sehr bescheidenen Formulierung Mbitis – „afrikanische, asiatische und andere Theologie-Fachleute für eine ökumenische Begegnung und ökumenischen Dialog zusammenzubringen“.

Tatsächlich waren die Konferenzen sehr bemerkenswert und beeindruckend. An der ersten Konferenz zum Thema „African and Asian Contributions to Contemporary Theology“ (afrikanische und asiatische Beiträge zur Gegenwartstheologie) nahmen im Juni 1976 in Bossey mehr als 80 Personen teil. Weber zufolge leistete die Konferenz nicht nur Pionierarbeit für den afrikanisch-asiatischen Dialog, sondern hat „auch vielen Theologinnen und Theologen aus Europa und Nord- und Südamerika die Augen geöffnet“.

Die zweite Konferenz ein Jahr später im Juli in Bossey unter dem Motto „Confessing Christ in Different Cultures“ (Der Glaube an Christus in verschiedenen Kulturen) sollte weithin bekannt werden. Dieses Kolloquium, schrieb Mbiti, „war die größte Zusammenkunft von Teilnehmenden, die jemals am Ökumenischen Institut in Bossey stattgefunden hat“. Es nahmen damals 110 Menschen aus 35 Ländern teil. Auch die dritte Konferenz war ihrer Zeit voraus; sie widmete sich dem Thema „Indigenous Theology and the Universal Church“ (Indigene Theologie und die Universalkirche).

Für Mbiti gab es nur einen ganz einfachen Grund, diese Reihe von Konferenzen zu organisieren: „Einigen von uns“, so schrieb er 1977, „ist nicht bewusst, dass sich das Christentum in rasantem Tempo vom globalen Norden in den globalen Süden verschiebt.“ Und er geht noch weiter und kündigt in der Einführung zur zweiten Konferenz an, dass diese Verlagerung „voraussichtlich nach Mai 1987“ beginnen wird.

Als ein afrikanischer Wissenschaftler, der berufen worden war, das Studieninstitut einer weltweiten ökumenischen Organisation zu leiten, strebte Mbiti nach interkultureller Ökumenizität und griff dieser sogar voraus – ein Standpunkt und Verständnis, das auch sein Freund und Kollege, Pastor Dr. Philip Potter, ehemaliger ÖRK-Generalsekretär, teilte. So ist es kein Zufall, dass im Rahmen der Konferenz zum Thema „Confessing Christ in Different Cultures“ 1977 auch Diskussionen darüber geführt wurden, „wie man von einem kontextabhängigen zu einem universalen Glauben an Christus gelangen könnte und wie ein solcher Glaube in Liturgie und Gottesdienst Ausdruck finden könnte“.

ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit erklärte, das Mbitis Vermächtnis seines wissenschaftlichen Wirkens und seines Leitungswirkens auch weiterhin Einfluss auf die ökumenische Bewegung haben werde.

„Es gibt viele Gründe ihn und sein Leben zu feiern: sein wissenschaftliches Wirken, sein Verständnis von Gerechtigkeit für indigene Völker, seine Weitsicht und seine Analysen der Veränderungen in der weltweiten Gemeinschaft, die wir heute tatsächlich erleben“, sagte Tveit. „Er hat die afrikanische Theologie in die weltweite ökumenische Theologie eingebracht. Die Tatsache, dass er trotz seines hohen Alters an der Missionskonferenz in Arusha teilgenommen hat, zeugt davon, wie sehr ihm die Ökumene am Herzen lag.“

Der ÖRK werde Mbiti immer als einen Pionier würdigen, so Tveit weiter. „Auch seine Botschaft in der 2017 veröffentlichten [englischsprachigen] Publikation ‚Anthology of Theology in Africa‘ zeugt von seinem Enthusiasmus für die afrikanische Theologie und seiner visionären Führungskompetenz“, erklärte Tveit. „In seinen Publikationen hat er uns ein reiches Erbe hinterlassen. Möge sein Wirken uns auch weiterhin anregen und inspirieren, eine Wissenschaft und Theologie zu betreiben, die sachdienlich und relevant ist für unsere gelebte Realität.“