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Foto: Albin Hillert/ÖRK, 2018

Foto: Albin Hillert/ÖRK, 2018

Der folgende Bericht ist der vierte in einer Reihe von Beiträgen über die Antwort der ÖRK-Mitgliedskirchen und aller Menschen guten Willens auf COVID-19. Mit diesen Geschichten wollen wir innerhalb unserer einen Menschheitsfamilie Hoffnung geben, Sorgen teilen und beste Praktiken weitergeben. - ÖRK-Kommunikationsdirektorin Marianne Ejdersten;

Während die Welt versucht, das Problem der weiteren Ausbreitung des neuen Coronavirus in den Griff zu bekommen, findet die Kirche Mittel und Wege, an ihren Traditionen festzuhalten und zu diesem Zweck auch virtuelle Möglichkeiten zu nutzen. Am kommenden Sonntag rufen die Kirchen überall auf der Welt zum Gebet – nicht in der Öffentlichkeit, da sich die Kirche aus großen öffentlichen Gotteshäusern zurückzieht, sondern zu Hause im eigenen privaten Umfeld.

Die Menschen christlichen Glaubens, die das Gemeinschaftsgefühl öffentlicher Gebete wertschätzen, haben vielleicht Vorbehalte gegen diese neue virtuelle Art der Glaubenspraxis. Daneben gibt es auch noch das Radio als Übertragungsmedium für Gottesdienste, bereits genutzt, lange bevor die Teleevangelisten ihre religiösen Botschaften im Fernsehen verkündet haben.

Dies neue Wirklichkeit ist jedoch erforderlich, wenn wir den gemeinsamen Menschheitsfeind, das neue Coronavirus und die Erkrankung COVID-19, wirksam bekämpfen wollen. Am 19. März waren weltweit mehr als 220.000 Fälle gemeldet, und mehr als 9.100 Menschen hatten bis zu diesem Tag ihr Leben verloren. Menschenansammlungen können schnell zur Verbreitung des Virus beitragen.

Es ist zudem nicht möglich, eine weltweit anwendbare Standardlösung für die Durchführung von Gottesdiensten zu finden.

Deshalb sind Dienste wie Zoom, Skype, WhatsApp und YouTube, die über das Internet laufen, und E-Mails inzwischen ein noch wichtigerer Teil des Lebens der Menschen, der christlichen Welt und der Familie des Ökumenischen Rates der Kirchen geworden, zumindestens für diejenigen, die Zugang zu diesen Diensten haben.

Rat der Kirchen im Mittleren Osten

Bereits Anfang März hat die Generalsekretärin des Rates der Kirchen im Mittleren Osten, Dr. Souraya Bechealany, den Beschluss des Rates bekanntgegeben, seine Büros in Beirut und in der Region aufgrund der zunehmenden Zahl der COVID-19-Fälle im Libanon zu schließen.

Die Entscheidung lautete, alle Aktivitäten zu unterlassen, bei denen es zu Kontakten mit Gruppen und Menschen kommen würde.

Auch das Chefsekretariat der Heiligen Synode des ökumenischen Patriarchats erklärte am 18. März den Christinnen und Christen, welche Maßnahmen im Hinblick auf diese neuen Realitäten ergriffen werden.

„Heute verkünden wir unseren kirchlichen Beschluss und unser Mandat, alle Gottesdienste, Veranstaltungen und religiösen Riten auszusetzen mit Ausnahme des privaten Gebetes in den Kirchen, die bis Ende März geöffnet bleiben werden.“

„Diese Einschränkungen werden je nach weiterer Entwicklung der durch den Virus verursachten Pandemie zu einem späteren Zeitpunkt erneut geprüft.“

Evangelische Kirche in Deutschland wird virtuell

Bischof Dr. Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, die der Dachverband der protestantischen und lutherischen Kirchen in Deutschland ist, hat eine tägliche Videokonferenz ins Leben gerufen.

Die Evangelische Kirche in Deutschland hat erklärt, dass in Zeiten des grassierenden Virus „der Fernsehgottesdienst wieder eine besondere Bedeutung erhält.“ Das ZDF sendet seit 1986 jeden Sonntag abwechselnd einen evangelischen und einen katholischen Gottesdienst.

„Diese Gottesdienste können Sie im Fernsehen jeden Sonntag um 09:30 Uhr verfolgen, weitere Informationen finden Sie im Medienportal. Es gibt weiterhin in unregelmäßigen Abständen Livestreams von örtlichen Gottesdiensten in bestimmten Gemeinden. Wir informierten Sie hier, wann diese Gottesdienste stattfinden," gab die Evangelische Kirche in Deutschland bekannt.

Mit Verweis auf die Bibel erklärte der Newsline-Dienst der Kirche der Brüder am 17. März, dass sich Jesus in dieser Lage in die Wüste zurückziehen und beten würde.

Jesus in der Wüste

„Er [Jesus] aber entwich in die Einöde und betete... [Und] die Kraft des Herrn war mit ihm, dass er heilen konnte", (Lukas 5,16-17) erklärte die Kirche der Brüder in ihrem Bibelverweis für ihre Meditation am 16. März in „Holy Manna." (The Brethren Press 2020 Fastenandacht)

Viele unserer Gebete finden deshalb für uns allein oder aus der Ferne statt, bis die Welt eine wirksame Antwort auf COVID-19 gefunden hat.

Auch die Wissenschaft ist nicht untätig. Die ersten klinischen Versuche mit einem Impfstoff gegen das Virus haben begonnen. Dies berichtete der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Dr. Tedros Adhanom Ghebreyesus, auf einer virtuellen Pressekonferenz am 18. März. Er wies darauf hin, dass diese Erprobung „bereits 60 Tage nach Bekanntgabe der genetischen Sequenz des Virus durch China begonnen hat.“

„Wir wissen, mit welchen Schwierigkeiten Sie konfrontiert werden und unter welch enormem Druck Sie stehen. Und wir wissen um die herzzerreißenden Entscheidungen, die Sie treffen müssen“, sagte Tedros.

Online-Begegnungen sind ein wunderbares Mittel, wo die Welt gut vernetzt ist. Wer dieses Privileg genießt, wird wissen, dass nicht die gesamte Welt Zugriff auf schnelles Breitband-Streaming hat, nicht einmal in den entwickelten Ländern, wo die Internetverbindungen außerhalb der großen Städte ebenfalls langsam sein können.

Die Kirchen können aber nach wie vor in anderer, nicht-virtueller Weise im Namen des Herrn handeln. Ein Beispiel hierfür sind die Evangelisch-reformierte und die römisch-katholische Kirche in der Schweiz, die gemeinsam dazu aufrufen, jeden Donnerstag bis Ostern Kerzen anzuzünden und in die Fenster zu stellen. Dies wird über das Internet verbreitet.

Seine Exzellenz Michael Bruce Curry, Leitender Bischof der Episkopalkirche (USA), sagte: „Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass der Verzicht auf die Zusammenkunft von Menschen nicht den Verzicht auf Andacht und Gebet bedeutet. Ich ermutige alle Menschen zur Teilnahme an Online-Gottesdiensten und unterstütze diese Idee.“

Er erwähnte in diesem Kontext die Evangelien und die Lehren Jesu zum Weg der Liebe während der Heiligen Woche und an Ostern (siehe Johannes 13-17 und Matthäus 22, 34-40).

„Selbstlose, aufopfernde Liebe“

„Der Primat der Liebe Gottes in den Evangelien kommt im Schatten des Kreuzes umfassend zum Ausdruck. Diese selbstlose, aufopfernde Liebe und der Kreuzweg sind der Weg Gottes und der Weg des Lebens“, sagte Curry.

In Südkorea, das am Anfang hart von dem Virus getroffen wurde, wandte sich Pastor Dr. Hong-Jung Lee, Generalsekretär des Nationalen Kirchenrates von Korea, mit einer Rede an den ÖRK. „Einige Kirchen veranstalten Online-Gottesdienste und verbreiten sie über YouTube, Videochats usw. für die Kirchenmitglieder, damit sie zu Hause zu einer bestimmten Zeit am Sonntag daran teilnehmen können. Andere geben Leitlinien für Andachten weiter, damit die Menschen allein zu Hause oder auch in kleinen Gruppen zum Gebet zusammenfinden können“, sagte er.

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, Primas der Kirche von England, erklärte, dass die Kirche am 19. März landesweit mit einem Gottesdienst auf Sendung gehe und die Kirche von England sich damit der Aufgabe stelle, angesichts der Coronoaviruskrise eine „andere Art von Kirche“ zu werden.

„Der Gottesdienst beinhaltet Gebete, Gesänge und eine kurze Predigt und wird am Sonntag online von der Kirche von England über 39 örtliche BBC-Radiosender  übertragen. Auf diese Weise finden die Gemeinden im Land neue Möglichkeiten für einen gemeinsamen Gottesdienst, nachdem öffentliche Kirchenbesuche zunächst ausgesetzt worden sind," gab die Kirche von England bekannt.

ÖRK-Infos zum Thema Coronavirus: www.oikoumene.org/corona

Hirtenbrief vom 18. März 2020

ÖRK fordert nachdrücklich: „Menschenleben müssen Priorität haben” (ÖRK-Pressemitteilung vom 18. März 2020)

Die wichtige Rolle der Kommunikation in Krisenzeiten (ÖRK-Pressemitteilung vom 19. März 2020)

In Südkorea verlagert sich das kirchliche Leben ins Internet, „denn eine Kirche ist eine Kirche für die Welt“ (ÖRK-Pressemitteilung vom 18. März 2020)

Im Zeichen der COVID-19-Krise und in einer Welt, die virtuell wird, ist es leicht, zu beten (ÖRK-Pressemitteilung vom 17. März 2020)