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Einige der Teilnehmer der Konsultation in Halle. ©R-E-T staff

Einige der Teilnehmer der Konsultation in Halle. ©R-E-T staff

Von Stephen Brown*

„Wir waren aus unterschiedlichen konfessionellen Traditionen gekommen und gemeinsam wollten wir die transformative Kraft der Reformation entdecken, nicht als Ereignis der Vergangenheit sondern auf die Zukunft ausgerichtet“, fassten Teilnehmende ihre Erfahrung in einer Erklärung am Ende der Konsultation zusammen.

Zu der Konferenz in Halle hatten sich mehr als 120 Menschen aus 40 Ländern versammelten. Sie war der zweite Teil der „Twin-Konsultation“ über „Reformation – Bildung – Transformation (R-E-T), die mit einer Konferenz in São Leopoldo in Brasilien im November 2015 begonnen hatte.

Die Stadt Halle, im Bundesland Sachsen-Anhalt, liegt im Kerngebiet der lutherischen Reformation des 16. Jahrhunderts.

Religion gegen Gewalt

„Unsere Welt braucht Transformation“, erklärten Teilnehmende. „Wir leben in fragmentierten Gesellschaften und sehen, dass Konflikte, die auch von religiösem Fundamentalismus und religiös begründeter Gewalt verursacht werden, sie zerreißen.“

Die Teilnehmenden unterstrichen die Notwendigkeit, negative Einstellungen reformatorischer Traditionen gegenüber anderen Religionsgemeinschaften offen zu legen. Die Heiligen Schriften und religiöse Traditionen sollen helfen, religiös legitimiertes Verhalten, das Gewalt und Spaltung fördert, zu überwinden.

Die „Twin-Konsultation“ zielte darauf ab, gemeinsame Erkenntnisse aus zwei kontrastierenden globalen Zusammenhängen zu entwickeln. Sie seien, so Teilnehmende, in Brasilien mit einer „Fülle religiöser Ausdrucksformen unterschiedlichster Art“ konfrontiert gewesen. In der Halle jedoch konferierten sie in einer Region, die heutzutage zu den säkularisiertesten Gebieten der Welt zähle.

„Ich bin immer mehr davon überzeugt, dass es weniger um Wachstum oder Niedergang der Kirchen in den verschiedenen Teilen der Welt geht, sondern darum, wie Kirchen in unterschiedlichen Situation zur Förderung der Transformation und einem ‚Leben in Fülle‘ beitragen", sagte Pfarrer Christoph Anders, Direktor des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland (EMW), einer der Organisatoren der „Zwillingskonsultation“.

Während der fünf-tägigen Veranstaltung fanden Vorträge, Workshops und Exkursionen in die Region statt.

Pfarrer Ioan Saucas, stellvertretender Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen und zuständig für Bildung und ökumenische Ausbildung, lobte die „gemeinsamen und kritischen Reflexionen“, bei denen Überlegungen zur Bedeutung reformatorischer Grundsätze für das Leben der Kirchen und zur Transformation von Gesellschaften im Mittelpunkt standen. Dadurch seien „Türen geöffnet worden, um die ‚Heilung von Erinnerungen‘, das gegenseitigen Verständnisses und die Zusammenarbeit für ein gemeinsames christliches Zeugnis in unserer Welt heute zu fördern“, sagte Saucas.

Teilnehmende betonten, dass sie sich durch den reformatorischen Protest gegen materielle Gier und Korruption herausgefordert fühlten. Man wolle deshalb Alternativen zu aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten entwickeln und die Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen fördern.

„Wir hoffen, dass diese Konsultation dazu beiträgt, Prozesse zu entwickeln, um den sozialen und ökologischen Wandel unserer Gesellschaften weltweit zu fördern, indem notwendige Aspekt der spirituellen Transformation eingetragen werden“, sagte Thorsten Göbel, Abteilungsleiter im „Deutschen Evangelischen Entwicklungsdienst Brot für die Welt. „Dies ist entscheidend für die Förderung der SDG notwendig und um Entscheidungsträger für deren Umsetzung zu verpflichten.“

Die Konferenz fand in den Franckeschen Stiftungen in Halle statt. Diese waren 1698 von dem Theologen August Hermann Francke als pädagogische und soziale Organisation für die Armen gegründet worden, und ist nahe der theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg beheimatet. Ein Schwerpunkt des Treffens waren Überlegungen zur der Rolle von Bildung in Transformation und Veränderung.

„Lernen ist ein kollektiver Prozess, nichts, das als abgeschlossen betrachtet werden kann, sondern anhaltend und führt laufend zu Veränderungen“, sagte Pastorin Kaisamari Hintikka, stellvertretende Generalsekretärin des Lutherischen Weltbundes. „Um lernen zu können, braucht es Orte und Räume für Interaktion und Dialog.“

Die „Twin-Consultation“ ist ein gemeinsames Projekt von EMW, Brot für die Welt, Faculdades EST São Leopoldo (Brasilien), den Franckeschen Stiftungen und der Martin-Luther Universität Halle-Wittenberg, in Kooperation mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen ÖRK, dem Lutherischen Weltbund, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WCRC) und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

* Der Autor Stephen Brown ist Journalist.