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Benjamin Simon ist als GETI-Dozent in Busan dabei

von Friedrich Degenhardt (*)

160 Theologie-Studierende aus aller Welt tagen parallel zu den Delegierten der 10. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Busan. Global Ecumenical Theological Institute (GETI) heißt ihre Tagung. Benjamin Simon, Beauftragter für Mission und Ökumene in der Evangelischen Landeskirche Baden, nimmt als einer der Dozent daran teil.


Was genau ist das Global Ecumenical Theological Institute?

Man könnte es vielleicht eine Sommer-Universität nennen. GETI ist eine Tagung, die zuerst eine Woche lang in Seoul stattgefunden hat und nun parallel zur ÖRK-Vollversammlung in Busan vorgesetzt wird. GETI bringt erstmals 160 Theologie-Studierende aus den ÖRK-Mitgliedskirchen zusammen, die schon einen ersten Studienabschluss haben. Viele promovieren gerade. Manche sind im kirchlichen Dienst aktiv. Initiiert wurde GETI vom ÖRK-Programm für Ökumenische theologische Ausbildung (ETE). Dietrich Werner, der internationale Projektkoordinator für ETE, hat mit viel Kraft und Einsatz etwas ganz Besonderes auf die Beine gestellt. Die Teilnahme der Studierenden wurde finanziell durch eine Reihe von Missionswerken, Stiftungen und Mitgliedskirchen ermöglicht.

 

Was ist das Ziel von GETI?

Es geht darum, jungen ökumenischen Nachwuchs für die weltweite ökumenische Zusammenarbeit und die Einheit der Kirchen zu sensibilisieren und zu gewinnen. Ganz wichtig ist uns, dass sich die Studierenden mit ihrer sehr unterschiedlichen Herkunft untereinander kennenlernen. Anhand der Themen der Vollversammlung sollen sie mit Geschwistern aus anderen Konfessionen ins Gespräch kommen.

Gestern haben wir zum Beispiel in meiner Kleingruppe gesehen, was für ein Gewinn es ist, einen orthodoxen Theologen dabei zu haben. Mir wurde klar, wie wenig andere über die Orthodoxie wissen. Eine riesige Unwissenheit herrscht bei den Studierenden aus Vietnam, China oder den USA. Das war erschreckend. Doch wenn die Studierenden nach zwei Wochen in Busan in ihr Heimatland zurückkehren, ist etwas mit ihnen geschehen. Die Vernetzung, die Kontakte und die vielen neuen Fragen - das verändert junge Menschen, und diese Veränderungen sind sehr konstruktiv.

 

Wie sieht das Programm von GETI aus?

Die Studierenden werden zwei Wochen lang von 20 Dozenten durch ein straffes Curriculum begleitet. Jeder Dozent leitet eine Kleingruppe mit 10 Studierenden, die sich ein- bis zweimal täglich mit Texten zu den unterschiedlichsten Themenfeldern der Ökumene beschäftigt. Darüber hinaus sprechen jeden Tag zwei bis vier Hauptredner zum Schwerpunktthema des Tages von der Vollversammlung. Das ist viel Stoff! In den ersten vier Tagen in Seoul haben wir uns mit den verschiedenen Theologien Koreas befasst. Neben den klassischen Missionskirchen der Presbyterianer oder Methodisten gibt es die pfingstkirchlichen Mega Churches und die Minjung-Bewegung von unten. Letztere hat sich in den 1970er und 80er Jahren stark für Demokratisierung und Wiedervereinigung in Korea engagiert, aber ist heute eher eine kleiner Bewegung.

 

Was ist Deine Rolle bei GETI?

Ich wurde angefragt, weil ich seit zehn Jahren im Lehrbetrieb bin. Zuerst habe ich als Assistent an der Universität in Heidelberg gearbeitet, dann als Dozent in Tansania, und nun bin ich seit vier Jahren unter anderem mit einem Lehrauftrag für Interkulturelle Theologie und Ökumene an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe tätig.

Bei GETI bin ich als einer der 20 Dozenten dabei. Ich habe 10 Studierende aus 10 Ländern und 10 Konfessionen, Männer und Frauen, in meiner Kleingruppe. Kein Land und keine Konfession ist doppelt vertreten. Eine unglaubliche Vielfalt! Zwischendurch gibt es unglaublich viele Gespräche mit Studierenden, die den Austausch mit den Dozenten suchen, die Vernetzung und Kontakte aufbauen wollen oder sich über Studienmöglichkeiten informieren. Ich fühle mich privilegiert, in solch einer Lehr- und Lerngemeinschaft dabei sein zu dürfen.

 

Wie geht es nach Busan weiter?

Diese Konferenz darf keine Blase gewesen sein. Es muss ein Weg gefunden werden, wie dieser Reichtum an Akademikern weitergeführt werden kann. Über Facebook und andere Medien wollen wir in Verbindung bleiben. Aber auch der ÖRK kann aus diesem Pool an engagierten Menschen schöpfen. Außerdem werden die Teilnehmenden Multiplikatoren vor Ort. Sie haben den Auftrag, ihre Erfahrungen in ihren Kirchen zurück zu tragen und sich für die Nachhaltigkeit von Ökumene einzusetzen.

In Deutschland sind mit den Studierenden schon etliche schöne Programme geplant. Die Vorträge von GETI stehen im Internet auf YouTube, und wir haben eine Auswahl getroffen, die für die Studierenden im Ökumenischen Institut an der Universität Heidelberg gezeigt werden. Außerdem hat jeder Studierende den Auftrag, in den kommenden drei Monaten eine Arbeit zu schreiben. Diese wird dann als Leistung auf ihre Studiengänge angerechnet.

 

Wird es eine zweite GETI-Konferenz geben?

Für GETI wünschen wir uns Nachhaltigkeit und eine Vernetzung der jungen Ökumeniker. Eine entsprechende Eingabe wird es an den ÖRK-Programmausschuss auf dieser Vollversammlung geben - sowohl von den Dozenten als auch von den Studierenden. Wir werben sehr stark für die Weiterführung von GETI als ÖRK-Programm. Nach meiner Beobachtung spielt ökumenische Theologie in unseren Ausbildungsstätten kaum eine Rolle. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern durch die Bank für alle Länder.

Dies ist aber ein globales Zeitalter. Durch die Migrationsbewegungen gibt es Menschen aller Herkünfte überall. Wir haben vor Ort immer stärker damit zu tun - in Deutschland genauso wie im Globalen Süden. Da müssen wir ansetzen und uns für ein geschwisterliches Miteinander, statt Nebeneinanderher einsetze. Als erster Schritt dafür ist ein ökumenischer Schwerpunkt frühzeitig in der theologischen Ausbildung nötig.

 

(*) Friedrich Degenhardt ist Journalist und Pastor der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland. Er arbeitet als Ökumene-Beauftragter in Hamburg vor allem mit Migrations-Gemeinden zusammen.

 

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Website der ÖRK-Vollversammlung