„Das Tempo, in dem du läufst, hängt davon ab, was dich verfolgt.“ Eines von Ezra Chitandos liebsten afrikanischen Sprichwörtern umschreibt zugleich seine Überzeugungen im Blick auf das langfristige Engagement der Kirche bei der Bewältigung HIV-bezogener Herausforderungen.

 

Indem die verheerenden Auswirkungen von HIV und Aids die Menschen verfolgen, mussten die Kirchen das Tempo ihrer Reaktion erhöhen, sagt er. Die ökumenische HIV- und Aids-Initiative in Afrika (EHAIA) hat bei der Ermutigung und Begleitung der Kirchen eine wichtige Rolle gespielt, indem diese bei der Reaktion auf HIV insgesamt immer mehr ins Blickfeld treten.

 

„Nach anfänglicher Ablehnung und Schweigen“, sagt er, „erleben wir jetzt einen bemerkenswerten Fortschritt.“ Er glaubt, dass das EHAIA-Projekt zu einem „gewaltigen Erwachen“ beigetragen hat, indem es, neben anderen Strategien, qualitativ hochstehende theologische Literatur verfügbar gemacht, Männer und Jungen mobilisiert und kontextbezogene Bibelarbeit (Contextual Bible Study - CBS) angewandt hat.

 

Chitando kam 2005 zu EHAIA als theologischer Berater mit Schwerpunkt auf der englischsprachigen Region. Doch hatte er sich davor schon viele Jahre lang für einen Wandel in der Haltung der Kirchen gegenüber HIV und Aids eingesetzt. „In gewisser Weise war ich bei EHAIA, ehe ich bei EHAIA war“, sagt er.

 

Ehe er zu EHAIA kam, veröffentlichte er akademische Artikel über das Mainstreaming von HIV in der theologischen Ausbildung. Gleichzeitig verfasste er zahlreiche Beiträge für Africa Praying (2003), einer Publikation, die von seinem Vorgänger bei EHAIA, Musa W. Dube, herausgegeben wurde.

 

Africa Praying gilt weit herum als Meilenstein im Wandel der theologischen Reaktionen auf HIV, weil darin gezeigt wird, dass die Kirchen bereit sind, ihre Haltung gegenüber HIV zu ändern, wenn sie über relevante theologische Ressourcen verfügen. Das Buch veranschaulicht, dass die Kirchen in einer verhältnismäßig kurzen Zeit HIV in ihre Liturgie einbinden können und damit den Mythos widerlegen, dass „Kirchen langsam lernen“. 

 

Nachdem er an Workshops unter der Leitung von Dube teilgenommen hatte, suchte Chitando die so erworbenen Fähigkeiten zur Förderung der Ziele von EHAIA einzusetzen. Er mobilisierte Theologen, Kapitel zu dem Band Mainstreaming HIV and AIDS in Theological Education (2008) beizusteuern. Ebenso gab er Living with Hope und Acting in Hope (2007) heraus.

Partnerschaft mit Frauen- und Männergruppen

 

Da er die Bedeutung theologischer Literatur für die Änderung der Haltung gegenüber HIV erkannt hatte, veröffentlichte er ebenfalls Troubled but not Destroyed (2009) und Compassionate Circles (2009), eine Publikation, die EHAIAs Zusammenarbeit mit dem Circle of Concerned African Women Theologians bekräftigt. Diese Arbeiten nehmen in den Lehrplänen theologischer Ausbildungsstätten einen prominenten Platz ein und haben zu einem Meinungsumschwung in den Kirchen gegenüber HIV beigetragen.

 

Chitando führt aus, dass die Reaktion auf HIV insgesamt intensiviert wurde, indem man sicherstellte, dass die Männer mit an Bord geholt werden. Zusammen mit den Kollegen in EHAIA und anderen Partnern macht er sich für das Konzept einer sich wandelnden/erlösenden Männlichkeit stark. „Männer können einen Unterschied bewirken“, sagt er.

 

EHAIA hält in der ganzen Region Workshops über die sich wandelnde Männlichkeit ab und ermutigt so die Männer, zu Protagonisten des Wandels zu werden. Ohne den Männern Schuldgefühle einzuimpfen, wird ihnen beigebracht, dass sie Männlichkeit in einer dem Leben förderlichen Art und Weise zum Ausdruck bringen müssen. In diesem Bestreben arbeitet EHAIA mit Männerorganisationen zusammen, um auf die Männer in den Kirchen einzuwirken, dass sie sexuelle und geschlechterbezogene Gewalt hinterfragen und ein positives Elternbild fördern.

 

Die Arbeit mit den Männern hat positive Ergebnisse gezeitigt. Kirchliche Männerorganisationen haben begonnen, eine aktive Rolle im Umgang mit HIV und geschlechterbezogener Gewalt zu spielen. Männerorganisationen, die früher die Männer in den Glaubensgemeinschaften nicht beachtet hatten, haben jetzt Programme mit Männern in Glaubensgemeinschaften ins Leben gerufen.

 

„Das Interesse an einer sich wandelnden Männlichkeit ist riesengroß“, sagt Chitando und fügt hinzu, dass die Erkenntnis wächst, dass Männer strategisch platziert sind, um das Patriarchat in Frage zu stellen und sich für Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern einzusetzen.

 

Zusammen mit anderen Anstrengungen ist bei EHAIA die kontextbezogene Bibelarbeit (CBS) eingeführt worden, um eine befreiende Lesart der Bibel zu fördern. Sie spielt eine sehr wichtige Rolle in den Workshops über die sich wandelnde  Männlichkeit sowie in anderen Trainingsprogrammen. CBS befähigt die Teilnehmer, sich vom Text hin zu ihren gelebten Erfahrungen zu bewegen und Programme zur Verwandlung ihrer Gemeinschaften zu konzipieren.

 

Chitando hält fest, dass EHAIA auch als junge Organisation schon einige große Erfolge erzielt hat. Er ist der Meinung, dass EHAIA auch in Zukunft die Kirchen in der Begegnung mit vielen Herausforderungen begleiten sollte. Zusammenarbeit, Engagement und Kreativität müssen gestärkt werden“, sagt er, „damit alle das Leben und volle Genüge haben.“

 

Dieser Artikel ist der fünfte in einer Reihe von Porträts, die die Arbeit von EHAIA durch die Regionalkoordinatoren/innen und theologischen Berater vorstellen. Die Reihe wird im Vorfeld des 10. Jahrestages der Gründung von EHAIA im April 2012 veröffentlicht.

 

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Regionale Koordinatoren/innen und theologische Berater von EHAIA

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EHAIA-Wirkungsstudie, 2002–2009 (auf Englisch)