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Archbishop Desmond Tutu
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Erzbischof Desmond Tutu, der heute im Alter von 90 Jahren verstarb, war der wichtigste Anführer im moralischen Kampf gegen das Apartheid-System in Südafrika, doch die Auswirkungen seines Lebens und seines Zeugnisses reichen weit über die Grenzen seines Landes und über diesen historischen Moment hinaus. Auch in der Zeit nach der Apartheid setzte er sich weiterhin prinzipientreu und unerschütterlich für eine Gerechtigkeit für alle ein. Tutu glaubte leidenschaftlich daran, dass der christliche Glaube alle Menschen einschließe und dass die christliche Verantwortung für das Wohl aller Menschen gelte. Seine Führung bestärkte uns alle in dieser Überzeugung und ruft uns weiterhin dazu auf, nach dieser Überzeugung zu handeln. 

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Desmond Tutu addresses WCC 6th Assembly 1983

Vancouver, Kanada, August 1983. Bischof Desmond Tutu vom südafrikanischen Kirchenrat spricht zur 6. ÖRK-Vollversammlung.

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Der amtierende Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Priester Prof. Dr. Ioan Sauca, sagte, Erzbischof Tutu habe die ökumenische Bewegung in glücklichen Zeiten und in Zeiten großer Herausforderungen tatkräftig unterstützt und uns alle den Wert der Beharrlichkeit gelehrt. „Wir danken Gott, dass er uns 90 Jahre lang Erzbischof Tutu gegeben hat“, sagte Sauca. „Durch sein Leben und Wirken wurde er zu einem Bild der Würde und Freiheit für alle Menschen und regte viele von uns dazu an, unsere Gaben und Talente in den Dienst der anderen und der Mission und des prophetischen Auftrags der Kirche zu stellen.“

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Desmond Tutu 1991

Kapstadt, Südafrika, Oktober 1991. Bischof Desmond Tutu begrüßt in der anglikanischen Kathedrale die erste ÖRK-Delegation nach Südafrika in 30 Jahren.

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Pastor Frank Chikane, Vorsitzender der ÖRK-Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten, zollte seinem Gegenstück im Kampf gegen die Apartheid Anerkennung: „Wir haben mit Erzbischof Desmond Tutu einen großartigen Propheten Gottes verloren, der unter uns gelebt hat und für Gerechtigkeit stand - der Gerechtigkeit Gottes für alle - , hier in Südafrika, auf dem afrikanischen Kontinent und in der ganzen Welt, und der sich auch gegen die Ungerechtigkeit gegenüber den Palästinensern in Israel-Palästina einsetzte, was andere nicht wagen würden. Wir danken Gott für sein prophetisches Zeugnis, das national und international gefeiert werden soll.“

Tutu war nicht nur eine kraftvolle und unverblümte Stimme gegen Ungerechtigkeit, sondern auch ein Prophet für Vergebung. In seiner Arbeit als Vorsitzender der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission wurde er, wie sich der Leiter des ÖRK-Programms zur Bekämpfung des Rassismus, Baldwin Sjollema, erinnert, „zum Pfarrer der Nation“. Tutu betonte immer wieder, dass es ohne Vergebung keine Zukunft geben könnte. „Nur in einer menschlichen Gesellschaft kann man menschlich sein. Wenn man mit Hass in seinem Herzen lebt, entmenschlicht man sich nicht nur selbst, sondern auch seine Gemeinschaft.“

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Desmond Tutu at Faith and Order 1993

Santiago de Compostela, Spanien, August 1993. Die fünfte Weltkonferenz zu Glauben und Kirchenverfassung traf sich zum Thema „Auf dem Weg zu Koinonia in Glaube, Leben und Zeugnis“. Von links nach rechts: Pfarrer Dr. Günther Gassman, Direktor der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung, S.E. Metropolit von Pergamon John (Zizioulas) vom ökumenischen Patriarchat und Erzbischof Desmond Tutu.

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Die Jahre 1972-1975, in denen Tutu als ÖRK-Programmdirektor tätig war, trugen zu einem Wendepunkt in seinem theologischen Denken bei. Als er dem Theologischen Bildungsfonds des ÖRK in London beitrat, konzentrierten sich seine dienstälteren Kollegen, Shoki Coe aus Taiwan und der brasilianisch-armenische Aharon Sapsezian, bei der Förderung der Theologie-Ausbildung auf die Bedürfnisse der Kirchen und Kirchgemeinden in der „Dritten Welt“. Dies war der Ursprung des nachkolonialen Begriffs der „Kontextualisierung“. Ich bin davon überzeugt, dass Sapsezian in seinen Memoiren schrieb „dass seine Jahre mit dem TEF und unsere ständigen offenen theologischen Gespräche zur Verbesserung seiner Analyse und seiner Wahrnehmung der sozialen Ungerechtigkeiten in der Welt und auf seinem Kontinent beigetragen haben“.

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Desmond Tutu speaks at the WCC 9th Assembly 2006

Porto Alegre, Brasilien, Februar 2006: „Eine vereinigte Kirche ist kein nettes Extra“, sagte Erzbischof Desmond Tutu in einer leidenschaftlichen Rede vor der 9. Vollversammlung des ÖRK in Porto Alegre. Sie sei „unverzichtbar für die Rettung der Welt Gottes“ sagte er. Tutus Publikum hatte gerade an einer Plenarsitzung zur Einheit der Kirchen teilgenommen. „Wir können nur gemeinsam erfolgreich sein. Wir können nur gemeinsam überleben. Wir können nur gemeinsam menschlich sein.“

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Sjollema erinnert sich an den Einfluss Tutus auf das ÖRK-Programm zur Bekämpfung des Rassismus. „In den 1970er-Jahren waren Desmond und ich Kollegen beim ÖRK“, schrieb Sjollema. „Er arbeitete für den Theologischen Bildungsfonds (TEF) in London, während ich für das umstrittene Programm zur Bekämpfung des Rassismus (PCR) in Genf arbeitete, das die Freiheitsbewegung unterstützte.“

Die beiden hätten nicht immer die gleiche Linie vertreten, sagte Sjollema. 

„Damals musste Desmond aufpassen, dass er sich nicht zu offen gegen die Regierung in Pretoria stellte, um nicht alle Brücken zu Hause abzubrechen“, sagte er. „Doch nach seiner Rückkehr nach Südafrika, als er 1975 zum Dekan von Johannesburg und ein Jahr später zum anglikanischen Bischof von Lesotho ernannt wurde, änderte er sein Verhalten radikal. Später wurde er Generalsekretär des südafrikanischen Kirchenrats (SACC) und schließlich der erste schwarze Erzbischof von Kapstadt (1987).“

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Desmond Tutu, Adolfo Perez-Esquivel 2006

 Porto Alegre, Brasilien, Februar 2006: Die Friedensnobelpreisträger Adolfo Perez-Esquivel und Erzbischof Desmond Tutu führen bei der 9. Vollversammlung des ÖRK einen Friedensmarsch durch das Stadtzentrum an. 

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Erzbischof Tutus Einfluss auf das Leben der ökumenischen Bewegung und auf die Arbeit des ÖRK war von entscheidender Bedeutung.

Sauca fügte hinzu: „Heute, mit dem Ableben von Desmond Mpilo Tutu, ist die Welt sehr viel ärmer geworden. Wir schließen uns den Menschen in Südafrika in der Trauer um diesen Verfechter des Widerstands gegen die Apartheid an. Wir schließen uns der anglikanischen Gemeinschaft und allen Mitgliedern der ökumenischen Gemeinschaft in der Trauer um den Erzbischof an, der so lange eine führende Stimme für den christlichen Glauben war, indem er für Gerechtigkeit statt Ungerechtigkeit und für Inklusion statt Ausgrenzung eintrat. Und wir schließen uns der Familie Tutu an und trauern um einen Vater, Großvater und Ehemann“.

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Archbishop Desmond Tutu speaks at the Ecumenical Center

Genf, Schweiz, Mai 2008. Erzbischof Desmond Tutu sprach vor ökumenischen Amtsträgern von Kirchen aus aller Welt sowie vor Mitarbeitenden ökumenischer Organisationen, die ihren Sitz im Genfer Ökumenischen Zentrum haben. Tutu erinnerte an den Kampf gegen die Apartheid in seinem Land und bekräftigte, dass die Anti-Apartheid-Aktivistinnen und Aktivisten sich gestärkt fühlten, wenn sie wussten, dass Menschen in aller Welt für sie beteten. „Wenn man weiß, dass jemand in Alaska namentlich für dich betet, was hat die Apartheid-Regierung dann noch für eine Chance?“ 

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Desmond Tutus Überzeugungen und sein Zeugnis, insbesondere gegen Rassismus, Rassendiskriminierung und Fremdenfeindlichkeit, unterstützen uns weiterhin in unseren Bemühungen um eine Welt, die frei von diesen Übeln ist.

Sauca schloß: „Wir laden alle Mitgliedskirchen, ökumenische Partner und alle gutmeinenden Menschen dazu ein, ein Leben zu feiern, das gut und treu im Dienst an Gott und der Menschheit gelebt wurde, und sein Vermächtnis der ständigen Solidarität mit den marginalisierten Gemeinschaften dieser Welt aufrechtzuerhalten“.

Bei einem Besuch des Ökumenischen Zentrums im Jahr 2008 dankte Tutu dem ÖRK für seine „Solidarität für einen hohen Preis“ zu Zeiten des Kampfes gegen die Apartheid. „Wir wären nicht frei ohne die standhafte Unterstützung des ÖRK, die dem ÖRK teuer zu stehen kam“, sagte er.

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Desmond Tutu 2009

Kopenhagen, Dänemark, Dezember 2009. Am Sonntagmorgen drängten sich etwa 5000 Menschen auf und um den Kopenhagener Marktplatz, um mitzuerleben, wie Erzbischof Desmond Tutu dem UN-Klimachef mehr als eine halbe Million Unterschriften überreichte

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