Am Morgen des 22. Juni eröffnete Dr. Agnes Abuom von der Anglikanischen Kirche von Kenia als Vorsitzende die diesjährige Tagung des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Trondheim (Norwegen).
Der Zentralausschuss ist ein Leitungsgremium, das alle zwei Jahre zusammenkommt, und besteht aus 150 gewählten Vertreterinnen und Vertretern aus den 345 ÖRK-Mitgliedskirchen. Die Mitglieder des aktuellen Zentralausschusses wurden 2013 auf der 10. ÖRK-Vollversammlung in Busan (Republik Korea) gewählt.
Die Plenarsitzungen des ersten Tages beinhalteten die Ansprache der Vorsitzenden Abuom und den Bericht des ÖRK-Generalsekretärs Pastor Dr. Olav Fykse Tveit. Außerdem hörten die Teilnehmenden einen Bericht des ÖRK-Exekutivausschusses zu Entwicklungen bei Programmen und Haushalt seit der letzten Tagung des Zentralausschusses 2014.
Pilgerweg in Partnerschaft
Abuom erinnerte an die historische Rolle Trondheims als Pilgerort und sprach über die vielen unterschiedlichen Landschaften, durch die Pilgerinnen und Pilger wandern. In der norwegischen Stadt steht die Nidaros-Kathedrale, die nördlichste mittelalterliche Kathedrale der Welt. Abuom verband die spirituelle Tradition des Pilgerns zu einem solchen Ziel mit dem aktuellen Schwerpunkt des ÖRK auf dem „Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“.
Sie rief die Mitgliedskirchen auf, „in einer stark veränderten, sich schnell wandelnden und immer pluralistischeren Welt“ eine Antriebskraft des Wandels zu werden, und stellte fest, „dass der Pilgerweg uns unermessliche Möglichkeiten bietet, uns als Bewegung des Volkes Gottes in der Mission neu zu erfinden – offen und inklusiv, beweglich und empfänglich für die Leitung des Heiligen Geistes.“
Die Vorsitzende beschrieb die christliche Vorstellung von Gerechtigkeit als „eine, die voreingenommen ist gegenüber ihren Opfern und gegenüber allen, gegen die gesündigt wurde – den Entmachteten und Ausgegrenzten, den Diskriminierten und Verachteten, den Missbrauchten und Vergewaltigten, den Gefangenen und Gefolterten, den Vertriebenen und Verarmten. Es stimmt, dass Gerechtigkeit nicht real und umfassend ist, solange Menschen ungerecht behandelt werden und ihnen das Leben verweigert wird.“
Abuom erinnerte den Zentralausschuss: „Wir haben immer wieder bestätigt, dass die Kirche eine Bewegung von Menschen ist, und dass der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens auch für Menschen anderer Glaubensrichtungen und Männer und Frauen guten Willens offen ist. Wir wollen unsere Fähigkeit, ein Sprachrohr zu sein, zurückgewinnen und wiederaufbauen.“
Eine Gemeinschaft der Hoffnung
Im Bericht des Generalsekretärs beschrieb Tveit die Kirche auf dem Pilgerweg als „eine Gemeinschaft, die durch Hoffnung definiert ist“. Er erklärte: „Hierbei geht es nicht um allgemeinen Optimismus, sondern darum, einen Grund und eine Motivation für Hoffnung zu vermitteln. Häufig bedeutet es, mehr zu erkennen, als wir sehen, und mehr bzw. etwas anderes zu erwarten: nichts weniger als Gerechtigkeit und Frieden zu suchen. Hoffnung ist ein Kriterium unseres christlichen Glaubens.“
Der Generalsekretär bezog sich auf Beispiele, die im Bericht des Exekutivausschusses über ÖRK-Aktivitäten seit 2014 genannt wurden, und nannte Stationen des Pilgerwegs wie die koreanische Halbinsel, die Ukraine, den Libanon, Israel und Palästina, den Südsudan, Burundi, Kolumbien, Nigeria und Städte in den USA, in denen es zu Auseinandersetzungen zwischen ethnischen Gruppen kam.
„Wir haben ein Netzwerk von Friedensinitiativen aufgebaut“, berichtete Tveit. „Letzte Woche versammelten sich kirchliche Teilnehmende aus mehreren dieser Länder zu einem Workshop in Johannesburg (Südafrika), um des Massakers in Soweto vor 40 Jahren zu gedenken. Die Kirchen tauschen sich untereinander aus, wie wir in unterschiedlichen Teilen der Welt unsere Rolle als Friedensstifter und Verfechter der Gerechtigkeit ausfüllen.“
Tveit nannte einige wichtige Themen, die vom Zentralausschuss behandelt werden müssten, darunter die Verbindung zwischen Religion und Gewalt, und die weitverbreiteten Probleme Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.
Als ordinierter Pastor der Kirche von Norwegen rief Tveit Besucherinnen und Besucher seines Heimatlandes auf, sich von der umgebenden Natur inspirieren zu lassen, „genauso wie von den lebhaften Ausdrucksformen der Pilgerschaft von Frauen und Männern, die heute nach Trondheim kommen und im wörtlichen Sinne durch diese Landschaft wandeln.“
Die nächste Woche
Am Nachmittag waren die Teilnehmenden eingeladen, sich einer Prozession zur Nidaros-Kathedrale anzuschließen, wo Kronprinz Haakon Magnus von Norwegen am Eröffnungsgottesdienst der Tagung teilnahm. Am Vorabend des 25. Jahrestages der Einsegnung von König Harald V. und Königin Sonja in der Nidaros-Kathedrale kamen Mitglieder der norwegischen Kirchen, der Königshäuser aus der ganzen Welt und Regierungschefs in Trondheim zu diesem Anlass zusammen.
Das Thema für die ÖRK-Zentralausschusstagung in Trondheim lautet „Pilgerweg: Gemeinsam die Landschaften erkennen.“ Es sind Plenarsitzungen mit Präsentationen und Diskussionen zu den Themen Einheit der Christen durch Solidarität mit den Kirchen der Welt, Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens, Religion und Gewalt, Naher Osten sowie Kirchen und Kinderrechte geplant.
Die Tagung des ÖRK-Zentralausschusses dauert bis Dienstag, den 28. Juni.
Weitere Informationen:
Sonstige Dokumente des Zentralausschusses