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Podiumsdiskussion zu Christentum und Menschenrechten im multireligiösen Nigeria, Genf, 29. Januar 2018. Foto: Albin Hillert/ÖRK

Podiumsdiskussion zu Christentum und Menschenrechten im multireligiösen Nigeria, Genf, 29. Januar 2018. Foto: Albin Hillert/ÖRK

Das Streben nach Dialog in Nigeria und in der Welt dürfe niemals enden, sagte der Primas der Kirche des Herrn (Gebetsgemeinschaft), Pastor Dr. Rufus Ositelu, bei einem Besuch des Ökumenischen Rates der Kirchen am 29. Januar.

Ositelu äußerte sich im Rahmen einer Veranstaltung zum Thema „Christentum und Menschenrechte im multireligiösen Nigeria“ und sagte: „Dialog ist weiterhin der Weg nach vorn; ein multireligiöser Dialog, der auch die traditionellen afrikanischen Religionen einschließt.“

Die Kirche des Herrn ist eine in Afrika entstandene Kirche, die 1925 von Josiah Olunowo Ositelu gegründet wurde. Der Besuch des Primas dieser ÖRK-Mitgliedskirche fand am 29. und 30. Januar in Genf statt.

Der Primas kommt aus einem Land, in dem Christentum und Islam die beiden wichtigsten Religionen sind; allerdings sind in seiner Heimat auch traditionelle afrikanische Religionen stark vertreten.

Die Kirche des Herrn ist seit 1975 Mitglied im ÖRK; der Besuch dieser Delegation ist Teil der Feiern zum 70-jährigen Bestehen des ÖRK als lebendige Gemeinschaft.

Am 29. Januar moderierte Ositelu, der Sohn des Kirchengründers, im Ökumenischen Zentrum eine Podiumsdiskussion zum Thema Christentum im multireligiösen Nigeria, an der auch die stellvertretende ÖRK-Generalsekretärin Prof. Dr. Isabel Apawo Phiri teilnahm.

Über Afrika hinaus

„Ihre Kirche hat die Grenzen Afrikas überschritten; sie ist in Nigeria, sie ist in der Gesamtafrikanischen Kirchenkonferenz vertreten und sie ist Mitglied des ÖRK... Da ist es kein Wunder, dass Ihre Spielart des Christentums Zulauf findet“, sagte Phiri.

Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, in dem die Anzahl der Muslime vermutlich etwa der der Christen entspricht. Das westafrikanische Land ist aufgrund der extremistischen Gruppe Boko Haram, die Gewalttaten im Namen des Islam verübt, in den internationalen Medien präsent.

Ositelu wies darauf hin, dass Anfang der 1990er Jahre, bevor es Boko Haram gab, noch wesentlich mehr Christen bei Anschlägen getötet wurden.

Der Primas erzählte, dass in Nigeria niemand die tatsächliche Anzahl von Christen und Muslimen kenne, da islamische Vertreter der Regierung nicht erlauben, im nationalen Zensus die Frage nach der Religionszugehörigkeit zu stellen. Die letzten Zahlen stammen aus dem Jahr 1963, als es etwas mehr Muslime als Christen gab.

„Seit 1963 sind viele Muslime und Anhänger traditioneller afrikanischer Religionen zum Christentum konvertiert“, sagte der Primas.

„In Nigeria ist das Problem nicht die Religionsvertreter im Norden des Landes. Es sind die einfachen Leute“, meinte er und erklärte, vielen jungen Menschen im Norden fehle es an grundlegender Bildung.

„Dieses Problem ist nicht nur typisch nigerianisch; das ist auch in anderen afrikanischen Ländern so, vor allem in Ägypten.“

Der Primas erklärte, Menschenrechte seien die grundlegenden Rechte eines jeden Menschen auf der Welt, die auf Würde, Gerechtigkeit und Unabhängigkeit basierten und die einem „niemand nehmen“ könne.

Einer multireligiösen Umgebung gehörten Menschen verschiedener Gruppen an.

Zum Thema christliche Einheit sagte er: „Einheit bedeutet nicht Einförmigkeit, es ist die Vielfalt der Familie, die in Christus ihre Reife erlangt“ (Eph 4,1-16; 1 Kor 12,12-27).

„Unsere Einheit gründet sich auf die Dreieinigkeit Gottes – Vater, Sohn und Heiliger Geist“ (Eph 4,1-6).

Weibliche Geistliche in der nigerianischen Kirche

Seit ihrer Gründung gibt es in der Kirche des Herrn in Nigeria auch weibliche Geistliche, „einschließlich auf Bischofs- und Kardinalsebene“, so Ositelu.

ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit sagte in seiner Begrüßung der nigerianischen Delegation: „Das Ziel besteht darin, die Beziehungen zwischen dem Ökumenischen Rat der Kirchen und der Kirche des Herrn (Gebetsgemeinschaft), die seit 1975 Mitglied ist, zu stärken.“

Tveit sprach über das Internationale Zentrum für interreligiösen Frieden und interreligiöse Harmonie, das im August 2016 in Kaduna (Nigeria) eröffnet wurde und dem Frieden zwischen Christen und Muslimen dient.

Ositelu betonte, das Streben nach Dialog dürfe niemals enden, und er freue sich darauf, dass eines Tages Muslime alle ihnen offenstehenden Positionen in dem Zentrum bekleiden werden.

Prof. Dr. Dietrich Werner, Referent für theologische Grundsatzfragen bei Brot für die Welt, sagte, er habe stets die umfassende und ganzheitliche Art der Kirche des Herrn und ihr kirchliches Selbstverständnis bewundert.

„Ihr Kirchenverständnis umfasst ein biblisches Muster, einen ökumenischen Ausblick, eine evangelische Mission, eine Pfingstkraft, einen prophetischen Dienst und soziale Verantwortung“, meinte er.

Die Kirche vereine die drei ökumenischen Stränge: die Leidenschaft für Einheit, die Leidenschaft für soziale Gerechtigkeit und die Leidenschaft für Mission.

„Sie lassen nicht zu, dass man Ihrer Kirche ein Etikett verpasst“, sagte Werner. „Mit der afrikanischen Kultur und Tradition hält sie die Dinge zusammen “.

Diese Stoßrichtung wurde auch von Pastor Dr. Benjamin Simon, Professor für ökumenische Missiologie am Ökumenischen Institut Bossey, aufgenommen.

Er sagte, die Kirche des Herrn (Gebetsgemeinschaft) spiele auch außerhalb ihres Heimatlandes eine wichtige Rolle für ihre Mitglieder.

„In der afrikanischen Diaspora bieten diese Gemeinden den Menschen eine Heimat in der Fremde, eine neue Zuflucht. In diesem Kontext werden diese Kirchen zu Missionaren.

Häufig befassen sie sich mit einer Theologie des Exodus und geben diesen Menschen Hoffnung. Sie leisten auch juristische Unterstützung. Sie bauen neue ökumenische Beziehungen auf; hier findet eine neue Art von Ökumene statt“, sagte Simon.

Weitere Teilnehmer der Podiumsdiskussion waren Prof. Dr. Christoph Stückelberger, der Gründer von Globethics.net und Geschäftsführer der Geneva Agape Foundation, Jennifer Philpot-Nissen, ÖRK-Programmreferentin für Menschenrechte, und Dr. Ani Ghazaryan Drissi, ÖRK-Programmreferentin für die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung.

Ositelu beschloss seinen Besuch in Genf mit einem orthodoxen Gottesdienst im Orthodoxen Zentrum des Ökumenischen Patriarchats in Chambésy, wo er von Metropolit Jérémie empfangen wurde.

Video von der Podiumsdiskussion zu Christentum und Menschenrechten im multireligiösen Nigeria

Fotos in hoher Auflösung von Primas Ositelus Besuch

Nigerianischer Primas besucht ÖRK (auf Englisch)