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Pastor Dr. Solomon Rongpi. Photo: Siamliana Khiangte

Pastor Dr. Solomon Rongpi. Photo: Siamliana Khiangte

Von Robert Bartram*

Der Rat der Baptistenkirchen in Nordost-Indien (CBCNEI) ist eine der größten Baptistengruppen in Indien und hat 1,2 Millionen Mitglieder in 7 263 Gemeinden. Der CBCNEI wurde im Juli offiziell neues Mitglied des ÖRK. Pastor Dr. Solomon Rongpi, Generalsekretär des CBCNEI, sprach mit den ÖRK-Nachrichten über die Entscheidung des CBCNEI, sich dem ÖRK anzuschließen.

Warum hat sich der Rat der Baptistenkirchen in Nordost-Indien entschlossen, Mitglied des ÖRK zu werden?

Rongpi: Wir wollen Teil der globalen Kirche als ökumenische Gemeinschaft sein. Wir sind schon lange der Ansicht, dass wir beim ÖRK gut aufgehoben sein würden. Aufgrund unterschiedlicher doktrinärer Auffassungen war dies aber ein langsamer Prozess.

Warum kam die Entscheidung zur Mitgliedschaft zum jetzigen Zeitpunkt?

Rongpi: Wir hielten es aufgrund unserer aktuellen Herausforderungen für dringend geboten, uns einer globalen Kirche anzuschließen. Alle Probleme, mit denen die Menschen heute konfrontiert werden, sind im Grunde genommen identisch. Deshalb brauchen wir eine gemeinsame Stimme, wenn wir die Probleme in der Welt lösen wollen.

Können Sie kurz den Hintergrund und die Geschichte Ihrer Kirche beschreiben?

Rongpi: Die Geschichte des CBCNEI begann mit dem ersten amerikanischen baptistischen Missionarspaaren Nathan und und Eliza Brown sowie Oliver und Harriet Cutter, die am 23. März 1836 in Sadiya am Brahmaputra an Land gingen. Sie hatten die Hoffnung, durch das Shan-Territorium einen Weg nach China zu finden, wurden aber durch dichten Dschungel,  äußerst rege und konfliktfreudige Volksstämme und unüberwindbare Berge und Ebenen daran gehindert. Da sie davon überzeugt waren, dass das Schicksal sie an einen fruchtbaren Ort geführt hatte, begannen sie, die assamesische Sprache zu lernen, nahmen ihre Druckerpresse in Betrieb und machten sich daran, zu übersetzen, zu lehren und zu veröffentlichen.  So begann die Arbeit der Baptisten in den östlichen Teilen Indiens, und damit war auch der Grundstein für den späteren CBCNEI gelegt.

Welche Prioritäten haben Sie jetzt?

Rongpi: Wir fühlen uns den Heilungsdiensten verpflichtet. Es gibt sechs Krankenhäuser, die Kranke pflegen und sich um Sterbende kümmern. Sie befinden sich in vier Bundesstaaten in dieser Region. Im Einzelnen sind das das 1908 gegründete Tura Christian Hospital im Distrikt Garo Hills, das 1912 eröffnete Impur Christian Hospital in Nagaland,  das Kangpokpi Christian Hospital, Manipur, gegründet 1920, das seit 1924 bestehende  Jorhat Christian Medical Centre in  Assam, das 1926 gegründete Satribari Christian Hospital in Assam und das Babupara Christian Hospital im Distrikt Garo Hills, gegründet 1949.

Darüber hinaus haben wir einen Dienst für Gerechtigkeit und Frieden. Dieser Dienst arbeitet mit den Ratsmitgliedern zusammen und informiert über gesetzlich verbriefte Rechte. Zu den Bereichen Gerechtigkeit und Frieden gehören auch Religionsfreiheit, Menschenhandel, Frauenrechte und das Strafjustizsystem, aber auch Ernährungssicherheit, häusliche Gewalt und Rechte von Minderheiten sowie Engagement für Friedensarbeit und Konfliktlösungen dort, wo es in der Region Konflikte zwischen den Ethnien gibt. Der Dialog zwischen unterschiedlichen Ethnien und Versöhnungsprogramme dienen ebenfalls dem Ziel, das harmonische Miteinander der Religionen zu fördern und einen Beitrag zu positiven gesellschaftlichen Veränderungen zu leisten.

Wer führt diese Versöhnungsarbeit durch?

Rongpi: Für diese Versöhnungsaktionen ist der Dienst Gerechtigkeit und Frieden zuständig.

Wir haben ebenfalls einen Dienst für Mission und Evangelisation. Er koordiniert die Missionsarbeit und ist die vermittelnde Instanz zwischen Kirche, örtlichen Verbänden und Konventen.  Dieser Dienst organisiert auch die Entwicklungsarbeit in den Gemeinschaften für die Armen und Bedürftigen in der nordöstlichen Region.

Wie groß ist die Kirche?

Rongpi: Der CBCNEI hat 7 516 Ortsgemeinden, 200 Verbände, 6 Regionalkonvente und 4 assoziierte Mitglieder. Insgesamt hat der CBCNEI etwa 1,2 Millionen Mitglieder und ist in sechs Bundesstaaten im Nordosten Indiens vertreten.

Welches sind für Sie die größten Herausforderungen?

Rongpi:

—Diskriminierung aufgrund von Religion und Rasse
—Nominalismus – wir haben so viele nominelle Christinnen und Christen
—Finanzielle Zwänge, Nachhaltigkeit
—Fehlen funktionierender Infrastrukturen
—Säkularisierung, marktbestimmtes Denken
—Wachsender Abstand zwischen Arm und Reich
—Verantwortungslose Ausbeutung von Bodenschätzen
—Zunehmender Tribalismus – wir haben über 200 Volksstämme, die zahllose Konflikte untereinander austragen
—Korruption im öffentlichen Leben
—Zunehmende Religionskonflikte

Was halten Sie vom Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens?

Rongpi: Jeder Mensch hier auf Erden ist auf einem Pilgerweg, und wir reisen als Pilgernde. Wir mögen unterschiedliche Vorstellungen von Gott und unserer endgültigen Bestimmung haben, aber jeder von uns hier auf Erden muss mit gleicher Verantwortung Sorge für die Erde tragen. Wir haben einander viele Ungerechtigkeiten zugefügt, unter denen besonders Kinder und Frauen sowie die Armen und Hilflosen auf der Welt leiden mussten. Wir haben die Natur, die Tiere und die Wälder ungerecht behandelt und Raubbau an den Bodenschätzen der Erde betrieben. Wir Menschen müssen uns deshalb die Hand über dieser Erde reichen, die Gott so wundervoll erschaffen hat.

Auf dem Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens geht es darum, dass sich die Kirche mit ihrer Advocacy-Arbeit für Gerechtigkeit und Frieden engagiert.  Das bedeutet, dass die Kirche nicht nur über Ungerechtigkeiten spricht, sondern selbst aktiv wird und Regierungen auffordert, falsche Entscheidungen zu überdenken, und auch die Gesellschaft ermutigt,  auf allen Ebenen bewusster mit der Schöpfung umzugehen.

Rat der Baptistenkirchen in Nordost-Indien

ÖRK-Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens

*Robert Bartram ist Kommunikationsfachmann mit 20 Jahren Erfahrung bei unterschiedlichen zwischenstaatlichen Organisationen und Medienunternehmen. Er arbeitet in Genf.