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Die Einheit der Kirchen wird zunehmend durch unterschiedliche Standpunkte zu moralischen Fragen gefährdet. Als Reaktion darauf hat die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) ihre Studien über die Frage fortgeführt, wie Kirchen zu den ethischen Entscheidungen kommen, die sie treffen.

Zwischen 2007 und 2013 hat die Kommission eine erste Studie unternommen, veröffentlicht unter dem Titel „Moralische Urteilsbildung in Kirchen: ein Studiendokument."

2015 hat die Kommission als Folgemaßnahme zu dem Dokument eine Studiengruppe eingesetzt, die sich mit dem Thema moralische Urteilsbildung in Kirchen und Autorität befasst. Vom 24. bis zum 28. Juli hat sich diese Studiengruppe in Erfurt in Deutschland getroffen. Die Diskussionsleitung hatten Prof. Wladimir Schmaliy von der Russischen Orthodoxen Kirche und Professorin Myriam Wijlens von der römisch-katholischen Kirche. Pastorin Dr. Dagmar Heller, ordinierte Pfarrerin einer Vereinigten Kirche in Deutschland und Mitglied des ÖRK-Mitarbeiterteams, ist im Sekretariat der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung in Genf für die Studie verantwortlich.

Die Kirche haben ein Problem damit, sich mit einer Stimme zu moralischen oder ethischen Fragen zu äußern, so Wijlens. „Darüber hinaus werden einige Kirchen mit so widersprüchlichen Aussagen zu ethischen Themen konfrontiert, dass die Einheit innerhalb dieser Kirche ernsthaft gefährdet ist. Bevor die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung auch nur damit beginnen kann, den Kirchen bei der Bewältigung der aktuellen Herausforderungen zur Seite zu stehen, muss unserer Meinung nach zunächst analysiert werden, wie die einzelnen Kirchen zu ethischen Entscheidungen kommen und was aus ähnlichen Problemstellungen der Vergangenheit gelernt werden kann.

Um diesen Lernprozess zu unterstützen, wurden Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen konfessionellen Traditionen eingeladen, eine Analyse des Entscheidungsfindungsprozesses und der daran beteiligten Personen vorzulegen. Die Studiengruppe hat sich mit neun Arbeiten befasst. Die Teilnehmenden zeigten sich überrascht darüber, dass Kirchen mit ganz unterschiedlichen Strukturen in moralischen Fragen zu ganz ähnlichen offiziellen Entscheidungen kamen.

Darüber hinaus hat die Studiengruppe mehrere frühere Fälle analysiert, in denen die Kirche ihren Standpunkt zu einer speziellen moralischen Fragestellung geändert hat. Die Studiengruppe stellte die Frage: Was hat diesen Meinungswechsel verursacht, und wie ist die Kirche zu einer anderen Einschätzung des Themas gelangt? Was geschah, als dieser Veränderungsprozess ablief? Zu den erörterten Beispielen gehörten die Apartheid in Südafrika, Sklaverei in den USA, Religionsfreiheit und Menschenrechte.

Die Studiengruppe wird ihre Ergebnisse und Empfehlungen auf der nächsten Sitzung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung im Juni 2017 in Südafrika zur weiteren Betrachtung vorlegen.

Der ÖRK oder seine Kommission für Glauben und Kirchenverfassung kann keiner Kirche den „richtigen" Standpunkt zu einer moralischen oder theologischen Frage vorgeben, erklärte Heller. „Was wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt wollen - und das ist ein sehr bescheidenes Ziel - ist eine Hilfestellung für die Kirchen, damit sie einander besser verstehen und damit auch den jeweils anderen Standpunkt respektieren können. Nur eine solche Sichtweise kann die Kirchen letztlich zu dem nächsten Schritt veranlassen, sich zusammenzusetzen und gemeinsam zu versuchen, Lösungen für die Probleme unserer modernen Welt zu finden, die nicht nicht direkt in der Bibel oder in den Texten der Kirchenväter und Kirchenmütter beantwortet werden.

Kommission des ÖRK für Glauben und Kirchenverfassung

Einheit: Die Kirche und ihr Auftrag