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Mit dem Ziel einen Strategieplan für globale Zusammenarbeit zum Thema HIV unter Migrierenden und Flüchtlingen zu entwickeln, haben Einzelne ihren ganz persönlichen Weg als Migrantin oder Migrant auf einer Weltkarte abgesteckt. Foto: Albin Hillert/ÖRK

Mit dem Ziel einen Strategieplan für globale Zusammenarbeit zum Thema HIV unter Migrierenden und Flüchtlingen zu entwickeln, haben Einzelne ihren ganz persönlichen Weg als Migrantin oder Migrant auf einer Weltkarte abgesteckt. Foto: Albin Hillert/ÖRK

Von Albin Hillert*

Unsere Welt ist eine Welt der Migration. Und trotzdem gibt es nach wie vor viele Mythen und es herrscht viel Unwissen wenn es um die Geschichte und den Weg von Migrantinnen und Migranten geht – insbesondere beim Thema übertragbare Infektionskrankheiten wie HIV.

Millionen Menschen sind heute weltweit auf der Flucht – manche suchen aufgrund von inneren Konflikten im eigenen Land oder weil sie vertrieben werden Zuflucht in einem fremden Land, andere sind Opfer von Menschenhandel und wieder andere sind auf der Suche nach Arbeit oder besseren Lebensbedingungen.

Migrant oder Migrantin zu werden kann einen Menschen einem erhöhten Risiko aussetzen, sich mit HIV anzustecken, denn ein Leben als Migrantin oder Migrant bedeutet oftmals, schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen, gesellschaftlicher Ausgrenzung, Ausbeutung der Arbeitskraft, Missbrauch und Gewalt einschließlich sexueller Gewalt ausgesetzt zu sein.

Vielerorts umfassen die komplexen Hürden, vor denen Flüchtende und Migrierende stehen, jedoch zusätzlich noch unzureichender Zugang zu Gesundheitsversorgung und sozialer Sicherung. Überdies bekommen viele die Trennung von Gesundheitsdienstleistern und anderen Akteuren, die sich für die Unterstützung von Migrierenden und Flüchtenden einsetzen, direkt zu spüren.

Wie können diese Lücken geschlossen werden?

„Wenn mich jemand vor vielen Jahren, als ich selbst auf der Flucht war, gefragt hätte, ob ich jemals irgendwelche Unterstützung rund um das Thema HIV brauchen würde, hätte ich ganz klar mit nein geantwortet“, erzählt Wangari Tharao über ihre persönlichen Erfahrungen, die sie als Migrantin aus Kenia nach Kanada gemacht hat.

Heute ist Tharao Vertreterin der NGO-Delegation im Koordinierungsgremium des UNAIDS-Programms. „Weil ich für eine Organisation arbeite, die Gesundheitsdienstleistungen für Immigrierende und Flüchtlinge bereitstellt“, erklärt sie, „sehe ich, dass die Menschen heute noch genauso über das Thema HIV denken, wie ich damals vor so vielen Jahren. Die HIV-Epidemie hat sich ausgeweitet, aber die Art und Weise, wie wir Migrierenden mit HIV umgehen ist noch immer die gleiche.“

Um diese Herausforderungen zu überwinden arbeiten Organisationen, die aus dem Glauben heraus handeln, zivilgesellschaftliche Partner und UN-Organisationen nun zusammen, um die Anstrengungen für die Bereitstellung von Dienstleistungen und den Kampf gegen das HIV-Risiko unter Migrierenden und Flüchtlingen zu intensivieren und die Zusammenarbeit in diesen Bereichen zu verstärken.

Monsignore Robert J. Vitillo, Generalsekretär der Internationalen Katholischen Migrationskommission und Attaché für Gesundheit in der Ständigen Vertretung des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, ist einer der Moderatoren in diesem Prozess.

Entgegen der allgemeinen Meinung, so Vitillo, „zeigen die Statistiken, dass Migrierende sich viel häufiger in den jeweilige Aufnahmestaaten mit HIV anstecken als dass sie den Virus aus ihren Heimatländern mitbringen“.

Im Rahmen einer Podiumsdiskussion zum Thema HIV und Migration am 20. Februar sagte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Pastor Dr. Olav Fykse Tveit: „In den Aufnahmestaaten nutzen Migrierende die Gesundheitsdienste aus Angst vor Abschiebung zu wenig oder weil der Zugang zu den Dienstleistungen oder zu Krankenversicherungen nicht deutlich genug gemacht wird oder weil es Sprachschwierigkeiten oder kulturelle Hürden gibt.“

„Migrierende werden oftmals als Überträger von Krankheiten gesehen, obwohl sie während ihrer Reise und im letztlichen Aufnahmestaat eigentlich vielmehr Opfer von Vernachlässigung und Gleichgültigkeit sind“, so Tveit.

Warum sind Organisationen wichtig, die aus dem Glauben handeln?

„Glaubensgemeinschaften haben großes Potenzial und eine Verantwortung, dabei zu helfen, aufzuklären und mit Mythen rund um das Thema HIV aufzuräumen“, sagt Francesca Merico, Koordinatorin der HIV-Kampagne des Globalen Ökumenischen Aktionsbündnisses des ÖRK.

Aber es gibt auch ganz praktische Probleme. Wie soll man zum Beispiel die Behandlung der HIV-Infektion konkret realisieren, wenn die Lebensbedingungen keine Privatsphäre zulassen? Und wie soll man die Herausforderung überwinden, dass die HIV-Medikation eine kontinuierliche Versorgung mit nahrhafter Kost erfordert?

„Wir wissen, dass die meisten Flüchtlinge ganz unterschiedliche Formen der Hilfe erhalten, aber es gibt große Lücken zwischen den verschiedenen Formen der Unterstützung. Wenn wir ein besseres Bewusstsein für die Probleme von Migrierenden und Flüchtlingen in Bezug auf HIV schaffen können, können Glaubensgemeinschaften eine wichtige Rolle dabei spielen, diese Lücken zu schließen“, führt Merico aus.

Auch der Leiter des Gesundheitsprogramms im nationalen Büro der Caritas in Myanmar, Augustin Tual Sian Piang, betont das Potenzial von Glaubensgemeinschaften, Veränderungen zu bewirken, und den großen Einfluss den religiöse Führungspersonen in ihren Gemeinden haben. „Wenn irgendwo vor Ort etwas passiert, wenden die Menschen sich zuerst an ihre Glaubensgemeinschaft bevor sie größere NGOs ansprechen. Aber für Veränderungen im Verhalten ist erst eine Verwandlung im Herzen nötig. Und daher geht es ganz einfach um unsere Werte.“

„Es geht um Würde und um Identität“, fügt Dr. Carlos van der Laat, Koordinator des Programms zur Gesundheitsbetreuung von Migrierenden in der Abteilung Gesundheit von Migrierenden der Internationalen Organisation für Migration, hinzu. „Und das ist eine Stärke von Organisationen, die aus dem Glauben heraus handeln. Bei ihrer Antwort steht der Mensch im Mittelpunkt und das kann tatsächlich großen Einfluss darauf haben, wie die Menschen die Behandlung annehmen.“

*Albin Hillert arbeitet für den Kommunikationsdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen.

„Kräfte bündeln und zusammenarbeiten“ – ÖRK veranstaltet Workshop zu HIV unter Migrierenden und Flüchtlingen (ÖRK-Pressemitteilung vom 20. Februar 2019)