Im Februar, während der ersten drei Tage der Invasion, kamen in Chernivtsi 6000 Menschen aus dem Osten der Ukraine an, die vor Krieg und Zerstörung flohen. „Unsere Mönche verließen ihre Zimmer, damit dort Flüchtlinge untergebracht werden konnten“, sagte Bischof Kleopa von Novoselytsya, Vikar der Eparchie Chernivtsi und Bukowyna der Ukrainischen Orthodoxen Kirche. „Andere Klöster in der Region haben dasselbe getan.“
Seit Februar wurden in Banchen rund 13 000 Flüchtlinge beherbergt. Einige von ihnen sind in andere Länder Europas weitergereist, während andere in ihr Zuhause zurückkehren wollen, sobald die Sicherheitslage dies ermöglicht.
Doch verfügen zahlreiche Menschen auf der Flucht nicht über die Mittel, um das Land zu verlassen, und viele haben gar kein Zuhause mehr.
„Die Menschen können in Banchen bleiben solange der Krieg andauert“, sagte Kleopa und ergänzte, viele Flüchtlinge hätten ihr Zuhause zweimal verloren: zuerst in der Region Donezk oder Luhansk, wo die russische Aggression bereits 2014 anfing, und nun in Städten wie Kherson, wo sie untergekommen waren, bis die Stadt bei der Invasion im Februar dieses Jahres zerstört wurde. „Gewisse Flüchtlinge wohnen seit drei Jahren bei uns“, sagte Kleopa.
Das Mönchskloster der Heiligen Himmelfahrt in Banchen umfasst auch ein Hotel, welches nun 600 bis 800 Flüchtlinge beherbergt. Viele von ihnen sind Familien, die vor Zerstörung und Krieg aus Städten wie Kharkiw, Kramatorsk und Kherson geflohen sind.
Klavdia ist eine der Flüchtlinge aus Kramatorsk, in der Oblast Donezk. Sie ist seit drei Tagen in Banchen. Zuerst kam sie nach Chernivtsi. Die ukrainische Stadt nahe der rumänischen Grenze ist eine der Regionen, die am wenigsten vom Krieg betroffen sind. „Es war aber sehr schwierig, in der Stadt eine Mietwohnung zu finden, da die Nachfrage aufgrund des Flüchtlingsstroms so hoch ist. Deshalb sind wir sehr dankbar für die Möglichkeit, in Banchen zu wohnen“, sagte Klavdia.
Das Kloster von Banchen betreibt nebenan auch ein Krankenhaus, die St.-Lukas-Klinik mit 100 Betten und 169 Angestellten, die als private Gesundheitseinrichtung geführt wird. Dank der hohen Professionalität der Ärzteschaft und des Zugangs zu modernen medizinischen Geräten werden die Gesundheitsdienste, die dank Spenderinnen und Spendern des Klosters möglich sind, von der lokalen Gemeinschaft sehr geschätzt.
Seit 2002 leitet das Kloster in Banchen auch ein Waisenhaus, in dem gegenwärtig über 400 Kinder wohnen. Unter den Angestellten sind viele Nonnen aus dem nahegelegenen Frauenkloster. Drei Monate nach der russischen Invasion wurden hier 300 Waisenkinder aus den ukrainischen Regionen Donezk und Luhansk aufgenommen.
Darunter sind 70 Kinder aus Kramatorsk. „Nach Beginn der Bombenangriffe kam das gesamte Waisenhaus von Kramatorsk mit Kindern zwischen drei Monaten und sechs Jahren, viele von ihnen mit besonderen Bedürfnissen, sowie einige Mitarbeitende und andere Menschen, die auf dem Weg durch die Bombardierungen Hilfe leisteten, hierher“, sagte Kleopa. „Zum Glück konnten sie noch entkommen. Nur wenige Tage später wurde der Bahnhof bombardiert, von wo aus sie geflüchtet waren“, sagte Kleopa in Erwähnung des Bombenangriffs auf den Bahnhof von Kramatorsk, über den in den Medien ausführlich berichtet wurde, als bei einem russischen Vorstoß am 8. April 59 Zivilpersonen getötet und über 110 verwundet wurden.
Das Hauptanliegen des Waisenhauses ist die Betreuung von Kindern mit Behinderungen und besonderen Bedürfnissen, einschließlich Kindern mit AIDS.
Kleopa erzählte traurig, dass kürzlich einer Gruppe von Kindern mit besonderen Bedürfnissen aus der Stadt Kherson im besetzten Süden der Ukraine nicht erlaubt wurde, nach Banchen zu kommen. „Diese Kinder wurden in einem Keller untergebracht; aufgrund ihres Zustandes sind sie aber auf eine Betreuung rund um die Uhr, besondere Pflege und Einrichtungen angewiesen“, sagte Kleopa. „Hier war alles verfügbar – Zimmer, Personal, Einrichtungen – wir waren bereit, sie aufzunehmen“, sagte er. Doch dann wurde dem Kloster mitgeteilt, dass die von Russland kontrollierten Besatzungsbehörden von Kherson den Kindern die Erlaubnis nicht erteilten, auf die ukrainische Seite zu wechseln. „Wir wissen nicht, was mit ihnen seither passiert ist.“
Die Arbeit des Klosters von Banchen ist nur eines von zahlreichen Beispielen, wie ukrainische Kirchen den Kriegsopfern helfen. Der Ukrainische Rat von Kirchen und religiösen Organisationen hat wiederholt Staats- und Regierungschefs aus der ganzen Welt, internationale Organisationen und kirchliche Führungspersonen aufgerufen, dringende Maßnahmen zu ergreifen, um die Blockaden von ukrainischen Städten durch die Russische Föderation zu beenden und humanitäre Korridore einzurichten, damit die Bewohnerinnen und Bewohner aus den Städten und Dörfern der Ukraine in Gebieten, in denen Kampfhandlungen stattfinden, an von ihnen gewählte sichere Orte evakuiert werden können.
Fotogalerie vom Besuch des ÖRK im Kloster von Banchen
ÖRK-Delegation besucht mitten im Krieg die Ukraine (ÖRK-Pressemitteilung, 6. August 2022)