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Das Männerkloster Sretensky im Zentrum von Moskau (Russland). Alle Fotos: Ivars Kupcis/ÖRK

Das Männerkloster Sretensky im Zentrum von Moskau (Russland). Alle Fotos: Ivars Kupcis/ÖRK

Von Ivars Kupcis*

Während der sowjetischen Repressionspolitik war das vor über 600 Jahren gegründete Sretensky-Kloster im Zentrum von Moskau ein Ort, an dem Menschen für ihre politischen oder religiösen Überzeugungen eingesperrt und hingerichtet wurden.

Direkt neben dem Kloster, das in den 1990er Jahren wiedereröffnet wurde, wurde ein modernes Seminar für orthodoxe Theologie errichtet und jüngst eine imposante Klosterkirche gebaut, die den neuen Märtyrern und Bekennern der Russischen Orthodoxen Kirche gewidmet ist.

Der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen, der im Januar 2019 anlässlich des 10. Jubiläums der Inthronisation von Patriarch Kyrill der Russischen Orthodoxen Kirche in Moskau zu Besuch war, besuchte auch das Sretensky-Kloster.

Kloster am Ort der Begegnung

Der Name des Klosters leitet sich ab von dem russischen Wort „sretenie“ und verweist auf ein Treffen, das vor mehreren Jahrhunderten an diesem Ort stattgefunden hat. Laut historischen Quellen wurde eine der bekanntesten orthodoxen Ikonen – die Gottesmutter von Wladimir – im August 1395 von Wladimir nach Moskau gebracht und bewahrte die Hauptstadt wie durch ein Wunder vor dem unmittelbar bevorstehenden Einmarsch der Truppen von Kaiser Tamerlan.

An dem Ort, an dem die Ikone von Moskaus Bevölkerung begrüßt wurde, wurde eine Holzkirche gebaut und ein Männerkloster mit dem Namen „Sretensky“ gegründet.

Obwohl das Sretensky-Kloster bis zum frühen 20. Jahrhundert eines der wichtigsten orthodoxen Zentren in Moskau geworden war, wurde es 1925 geschlossen und die meisten Gebäude zerstört. Stattdessen wurde dort ein Gefangenenlager eingerichtet, in dem vom Sowjetregime verfolgte Menschen gefoltert, hingerichtet und begraben wurden.

Die Kirche der Begegnung mit der Ikone der Gottesmutter von Wladimir ist das einzige Gebäude, das nicht abgerissen wurde. Ihre einzigartigen Fresken von 1707 haben dank mehrerer Schichten Farbe und Tapeten, mit denen sie zu Sowjetzeiten – als das Gebäude als Schlafsaal genutzt wurde – überdeckt wurden, überlebt.

Seminar bildet Jünger Christi aus

Das Theologische Seminar Sretensky, eine der wichtigsten orthodoxen Hochschulen in Moskau, wurden 1999 auf dem Gelände des Klosters gegründet. Das ehemalige Schulgebäude wurde in ein hochmodernes Ausbildungszentrum für den zukünftigen Klerus der Russischen Orthodoxen Kirche umgewandelt.

In der Lobby des Seminars trifft Tradition auf Hightech – neben einem großen Fresko von „Christus und seinen Jüngern“ steht ein großer Touchscreen, auf dem Besucher Informationen über eine bestimmte Figur des Freskos abrufen können. Unter den Jüngern, Heiligen und Märtyrern sind auch verschiedene orthodoxe Obrigkeiten und bekannte russische Schriftsteller wie Dostojewski und Gogol zu finden. „Auch sie waren Jünger Christi“, erklärt unser Guide durch das Seminar.

Aktuell sind rund 200 Studierende am Seminar eingeschrieben, das anerkannte Bachelor- und Master-Programme in Theologie anbietet. Sie lernen nicht nur in bestens ausgerüsteten Seminarräumen und nehmen aktiv am klösterlichen Leben teil, sondern sind auch aufgerufen körperlich fit zu bleiben und die Sporträume des Seminars zu nutzen.

Dem Märtyrertum und der Auferstehung gewidmete Kirche

Die neue Klosterkirche mit ihrer beeindruckenden Silhouette, die in diesem Teil der Stadt – Lubjanka – heraussticht, wurde erst 2017 fertiggestellt. Sie ist den Märtyrern der russischen Kirche aus jüngerer Vergangenheit geweiht, die an genau diesem Ort verfolgt und getötet wurden.

Die in hellen Farben gehaltene Kathedrale symbolisiert den Sieg Christi über den Tod und das Böse durch seine Auferstehung und daher lautet ihr vollständiger Name: „Kirche der Auferstehung Christi und der Neuen Märtyrer und Bekenner der Russischen Orthodoxen Kirche“.

Die erste Heilige Liturgie und Weihe der Kirche im Mai 2017 fand unter Leitung von Patriarch Kyrill statt, an ihr nahm auch der Präsident der Russischen Föderation, Wladimir Putin, teil.

„Der Ort, an dem jetzt das Kloster steht, ist ein Ort, an dem Menschen früher gefangen gehalten wurden, ein Ort des Leids und des Märtyrertums vieler Bekennender – Hierarchen, Priester und Laien. Hier eine Kirche zu bauen, die ihrem Glauben, ihrem Mut und ihrem spirituellen Reichtum gewidmet ist, wo wir um ihre Gebete bitten können, war unsere wichtigste Berufung“, erinnert sich Metropolit Tichon (Schewkunow), Vorsteher des Sretensky-Klosters, der den Bau der neuen Kirche beaufsichtigt hat.

Nach einem Wettbewerb zwischen verschiedenen russischen Architekten sind die Architektur und die Gestaltung des Innenraums der neu gebauten Kirche der Beginn eines neuen Kapitels in der Geschichte der orthodoxen Architektur in Russland. Dank einer digital gesteuerten Klimaanlage ist es auch kein Problem, dass draußen gerade klirrende Kälte herrscht.

*Ivars Kupcis arbeitet für den Kommunikationsdienst des Ökumenischen Rates der Kirchen.

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