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Model of WCC new chapel in Grand-Saconnex.

Modell der neuen ÖRK-Kapelle in Grand-Saconnex, 1960er Jahre.

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Das Innere der Kapelle symbolisiert ein Zelt; die Wellen an der Decke stehen für den Wind, der über das Dach hinwegweht. Die Kapelle ruft uns in Erinnerung, dass die Kirchen auf einem Pilgerweg zur Einheit sind, auch wenn die volle Gemeinschaft noch nicht erreicht wurde. 

Der Architekt Eric Möller und der Innenarchitekt Knud Lollesgaard stammen beide aus Dänemark. Nordische Ausstattungen und natürliche Materialien prägen die Gestaltung der Kapelle. 

Gelegentlich kann man das Holz knacken hören, wenn es schwindet oder anschwillt. In der Kapelle ist man nicht von der Außenwelt abgeschnitten.

Die hölzernen Eichenpaneele an den Glasfenstern filtern das Licht, geben aber gleichzeitig den Blick nach draußen auf Gottes Schöpfung frei: auf Natur, Bäume, Menschen und Bewegung.

Bewegung sei eine Dimension des Glaubens, sagte der frühere ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit, leitender Bischof der Kirche von Norwegen.

„Der ökumenische Pilgerweg umfasst viele Schritte“, so Tveit. „Diese ökumenische Kapelle und der große Saal daneben gehören zu meinen besten Erinnerungen an die ökumenische Gemeinschaft und stehen für einige der gesegnetsten Momente meines Lebens.“

Tveit fügte hinzu: „Jetzt geht es in die nächste und notwendige Phase der Renovierung, des Wiederaufbaus und der Wiederherstellung der Geschäftsräume und der Wirtschaftlichkeit des ÖRK. Mehr noch: Ziel ist, für die eine ökumenische Bewegung ein verstärktes und erneuertes ökumenisches Zentrum zu schaffen. Möge Gott unseren Ausgang und Eingang segnen, jetzt und für immer!“

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Prayer 1965

Am 11. Juli 1965 wurde das Ökumenische Zentrum, Hauptsitz des Ökumenischen Rates der Kirchen und Sitz von zehn weiteren internationalen kirchlichen Organisationen, eingeweiht. Die Feier wurde auf dem ganzen Kontinent über Eurovision verbreitet. Nach der Fertigstellung der Bürobereiche wurde das Zentrum ab Ostern 1964 von den Mitarbeitenden benutzt. Der Bau des Gebäudes kostete damals 3 000 000 US-Dollar (1 071 500 Britische Pfund), die von den ÖRK-Mitgliedskirchen weltweit beigesteuert wurden. Die formelle Einweihung wurde jedoch verschoben, damit sie mit einer Tagung des ÖRK-Exekutivausschusses zusammenfiel, die am nächsten Tag begann und die Fertigstellung der Kapelle feiern sollte. Hier predigt Visser't Hooft in der Kapelle.

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Veränderungen in der Kapelle

Im Laufe der Jahre veränderte sich die Kapelle. Pastorin Jane Stranz, die vor Kurzem im Pressebüro der 11. Vollversammlung des ÖRK gearbeitet hatte, beschrieb besonders anschaulich: „Unsere Vorstellung davon, was ökumenisch ist und wie ein Gebetsraum für alle aussehen soll, wandelte sich mit der Zeit“, sagte sie. Beispielsweise stellte sie fest, dass es in der Kapelle heute viel mehr Geschenke und Bilder gibt.

Stranz stellte eine wichtige Frage in Bezug auf die Kapelle: „Wie können wir mit der Idee leben, dass ein ökumenischer Gebetsraum ein Ort ist, an dem wir uns zwar alle zu Hause fühlen, aber auch die Herausforderungen erfassen können?“ 

Einerseits fühlen sich die Menschen in der Kapelle wohl, weil sie über „Wellen“ in einem Marmorboden in den Raum geführt werden, die das Wasser der Taufe symbolisieren.

Aber auch die Gegenwart von Elementen aus der Natur verbindet die Menschen: Die abstrakten farbigen Glasfenster zeigen den Auf- und Untergang der Sonne rund um die Welt – die gesamte bewohnte Erde, die oikoumene. Durch die Holzvertäfelung „atmet“ die Kapelle, was viele Menschen dazu veranlasst, zum Ausdruck zu bringen, was der Klang für sie bedeutet. 

Die Direktorin für Kommunikation des ÖRK, Marianne Ejdersten, beschrieb: „Die Wände flüstern“. Und fügte hinzu: „Ich nehme mir immer einen Moment Zeit, um in der Kapelle zu beten und an alle Kirchen weltweit zu denken, die gemeinsam für Einheit, Gerechtigkeit und Frieden beten und arbeiten.“

Das Erste, was Beth Ferris auffiel, als sie 1985 im Ökumenischen Zentrum ankam, um ihre neue Stelle als Sekretärin für Studien und Dolmetschen für den Flüchtlingsdienst anzutreten, war die Musik aus der Kapelle. 

„Sie war anders als die amerikanischen Loblieder, die ich gewohnt war“, sagte sie. „Ich steckte meinen Kopf hinein und stellte fest, dass die Leute in einer mir fremden Sprache sangen. ,Wow‘, dachte ich, ,das wird ein ganz anderes Arbeitsumfeld, als ich es bisher gewohnt war.‘ Und natürlich erwies sich dieser erste Eindruck als richtig.“

Für Simon Oxley, der von 1996-2008 als ÖRK-Exekutivsekretär für Bildung beim ÖRK arbeitete, war die Kapelle ein physisches Symbol dafür, dass der ÖRK mehr ist als nur eine weitere internationale Organisation, die globalen Netzwerken dient. „Was auch immer ich als Mitarbeiter daneben tat, die Teilnahme am Gottesdienst in der Kapelle war mir immer wichtig“ sagte er. 

Gebete und Teilhabe

Dr. Marcelo Schneider, ÖRK-Programmreferent für Kommunikation und kirchliche Beziehungen arbeitet in Brasilien und hat im Laufe der Jahre eine Tradition entwickelt, die Kapelle zu besuchen. „Jedes Mal, wenn ich nach Genf komme, gehe ich als erstes in die Kapelle und spreche ein kleines Gebet, und mache dasselbe vor meiner Abreise“, sagte er.

Die Kapelle sei ein symbolischer Ort für eine fürsorgliche, integrative Gemeinschaft, sagte Evelyn V. Appiah. Sie arbeitete in der Untereinheit für Erneuerung und Gemeindeleben, Laienbeteiligung für eine integrative Gemeinschaft und Laienzentren, Akademien und Bewegungen für soziale Anliegen.

„Die gemeinsamen Gottesdienste und Gebete in der wunderschönen Kapelle mit Materialien von Kirchen und klösterlichen Gemeinschaften aus aller Welt waren beeindruckend“, erinnerte sie sich. „Die Montagsandacht zum Wochenanfang war gut besucht.“

Ivars Kupcis, ein Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung, wird sich immer an die heißen Augusttage erinnern, an denen das sich ausdehnende und zusammenziehende Holz in der Kapelle leise knackende Geräusche von sich gab. „Wegen der Temperaturunterschiede wehte immer eine leichte Brise – ein Lufthauch, den man spüren konnte“, sagte er, „wie ein Hauch des Heiligen Geistes, der von der Kapelle ausging.“

Auch Anam Gill, die während der 11. ÖRK-Vollversammlung als leitende Kommunikatorin tätig war, erinnerte sich lebhaft an Momente in der Kapelle. „Für mich fühlte sie sich wie das Herz des Ökumenischen Zentrums an, in dem das Leben leise pulsierte“, sagte sie. „Das Mosaik des Taufwassers am Eingang der Kapelle berührte mich zutiefst. Der Blick auf das Kreuz der Versöhnung aus Europa, das nach dem Zweiten Weltkrieg aus Bomben hergestellt wurde, trieb mir Tränen in die Augen, erfüllte mich aber auch mit der Hoffnung, dass wir schwierige Zeiten überwinden können.“

Im Jahr 2010 riefen der ÖRK und Implenia das Immobilienprojekt Green Village ins Leben, um zur Erneuerung des internationalen Genfs beizutragen. Das Projekt umfasst sechs neue Gebäude, die jeweils nach einer Stadt benannt sind, in der ein Weltklimagipfel stattfand: Montreal, Kyoto, Stockholm, Durban, Rio und Lima.

Das Projekt sieht die Renovierung und den Bau eines neuen Ökumenischen Zentrums namens Lima vor, in dem die historische Kapelle, der Visser‘t Hooft-Saal, die große Eingangshalle und der Brugger-Garten erhalten bleiben sollen. In den nächsten drei Jahren werden der ÖRK, seine Schwesterorganisationen und Mieter vom Kyoto-Gebäude aus arbeiten.

Lesen Sie den Featureartikel: Der Ökumenische Rat der Kirchen in Genf: Eine Pilgerreise zu Orten der ökumenischen Erinnerung

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21. Juni 2023, Genf, Schweiz: Seine Allheiligkeit Patriarch Bartholomäus vom Ökumenischen Patriarchat predigt bei der Eröffnungsandacht in der Kapelle des Ökumenischen Zentrums, als der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen vom 21. bis 27. Juni 2023 in Genf zu seiner ersten Volltagung nach der 11. Vollversammlung des ÖRK in Karlsruhe im Jahr 2022 zusammenkommt.

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