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© Peter Kenny/ÖRK

© Peter Kenny/ÖRK

Während fast seines gesamten Erwachsenenlebens war Pastor Dr. Konrad Raiser, inzwischen 80 Jahre alt, auf einem ökumenischen Weg unterwegs.

Der ehemalige Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) spricht in seiner neusten Veröffentlichung „The Challenge of Transformation: An Ecumenical Journey“ (englische Übersetzung des 2013 auf Deutsch erschienen Buches „Ökumene unterwegs zwischen Kirche und Welt“ mit zusätzlichem Material) über diesen Pilgerweg.

Am 5. Februar, kurz nach Konrad Raisers Geburtstag, trafen sich in Genf ökumenische Fachleute aus verschiedenen Generationen, Konfessionen und Kontinenten zur Diskussion über das eben erschienene Buch Raisers, der den ÖRK von 1993 bis 2003 geleitet hatte.

An einem ökumenischen Gebetsgottesdienst, der der Buchpräsentation vorausging, sagte Pastor Dr. Staccato Powell, Mitglied des ÖRK-Zentralausschusses für die Afrikanische Methodistisch-Bischöfliche Zions-Kirche: „Mit über 340 Mitgliedskirchen in Europa, Nordamerika, Afrika, Asien, der Karibik, Lateinamerika, im Nahen Osten und im Pazifik liegt es auf der Hand, dass gewisse Probleme auftauchen. [...] Als Gläubige in Christus müssen wir lernen, wahre Transparenz auszuüben. Wenn wir fähig sind, mit unseren Problemen transparent umzugehen, können wir eine verwandelnde Wirkung haben!“

ÖRK-Generalsekretär Pastor Dr. Olav Fykse Tveit stellte den deutschen Theologen Raiser vor, der 1938 geboren wurde und am 25. Januar seinen 80. Geburtstag feierte.

50 Jahre lang verbunden mit dem ÖRK

Tveit bemerkte, dass von diesen erfüllten Jahren „fast 50 auf irgend eine Art und Weise mit dem Leben des ÖRK in Verbindung standen.“

„In diesem 70. Jubiläumsjahr des ÖRK ist es für uns eine einmalige Gelegenheit, einer lebendigen Quelle zuzuhören. Doch wir wollen ihm nicht nur zuhören, sondern seine Geschichte auch lesen und anderen weitergeben“ lobte ihn Tveit.

Raiser sagte, er widme das Buch Philip Potter, der von 1972 bis 1984 als dritter Generalsekretär im Amt war, und mit dem er als stellvertretender Generalsekretär als einer seiner engsten Kollegen gearbeitet hatte.

Nach der Buchpräsentation durch Raiser führte der ehemalige Generalsekretär ein Gespräch mit Dr. Stephen Brown, dem Übersetzer und Redaktor der englischen Ausgabe dieses Buches, der auch für „The Ecumenical Review“ schreibt.

Danach griffen Podiumsgäste Themen aus dem für die englische Ausgabe geschriebenen letzten Kapitel auf. In diesem Kapitel beschäftigt sich Raiser mit dem „Pilgerweg der Verwandlung“, auf den sich der ÖRK begeben hat.

Brown fragte Raiser, warum er „Verwandlung“ für den Titel des Buches gewählt habe.

Weg der Verwandlung

„Wenn ich auf den in diesem Buch beschriebenen Weg zurückblicke, wird mir bewusst, dass ich praktisch seit meiner ersten Anstellung als junger Studienreferent für Glauben und Kirchenverfassung [...] ununterbrochen damit beschäftigt war, Antworten auf den Prozess des Wandels und der Verwandlung der Welt um uns herum zu suchen; im Leben der Kirchen, und dadurch auch im Leben des ÖRK“, sagte Raiser.

„Wenn wir die Erfahrungen des Wandels, die als erdrückend und erduldet empfunden werden können, in etwas verändern, das zu einem konstruktiven Moment für Verwandlung in etwas Neues wird [...], wird aus dem Wandel eine Gelegenheit“, sagte er.

Als Raiser 1969 als Studienreferent für die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung zum ÖRK stieß, stellte er fest, dass er einer der jüngeren Mitarbeitenden war.

Im Jahr 1973 wurde er zum stellvertretenden ÖRK-Generalsekretär ernannt und übernahm ab 1979 die Verantwortung für das Personal der Einheit Gerechtigkeit und Dienst.

„Ich glaube, dass die Perspektive des Pilgerwegs der Gerechtigkeit und des Friedens das Verständnis der Beziehungen innerhalb der Oikoumene stärken kann“, schreibt Raiser im letzten Kapitel seines Buches.

Er bemerkte, dass sich bereits Potter in seiner Abschlussrede auf der Vollversammlung von Nairobi im Jahr 1975 auf das Bild des Pilgerwegs bezog, und dieses auch die Diskussionen auf der Fünften Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung in Santiago de Compostela im Jahr 1993 prägte.

„Pilgerweg mit offenem Ende“

„Der Pilgerweg ist demnach ein dynamisches Konzept mit offenem Ende. Es geht im Wesentlichen um Beziehungen zwischen und unter denjenigen, die gemeinsam unterwegs sind. Sie kommen aus verschiedenen Richtungen und treffen sich an unerwarteten Orten, doch haben alle ihre sicheren Hafen hinter sich gelassen und sind bereit, sich durch die Begegnungen verwandeln und erneuern zu lassen“, schreibt Raiser.

Georges „Yorgo“ Lemopolous, der auf seinem eigenen ökumenischen Weg mit fünf ÖRK-Generalsekretären als Stellvertreter arbeitete, las einige Zeilen vor, „die uns helfen, den Inhalt von Konrads Memoiren besser zu verstehen“.

Das Zitat stammt von Dr. Willem A. Visser't Hooft, erster Generalsekretär des ÖRK im Jahr 1948, der über die Zukunft der ökumenischen Bewegung sprach und beobachtete:

„Der ökumenische Weg gleicht Abrams Reise, als Gott ihm gebot, sein Land zu verlassen, um in die Richtung zu gehen, in die Gott uns zeigt; die Richtung hin zur Einheit. Dies aber ohne viel zu wissen, außer dass Gott uns auffordert, heute gewisse Dinge zu tun, und uns morgen auffordern kann, gewisse andere Dinge zu tun.“

Die Richtung, die die ökumenische Bewegung – und in besonderer Weise der ÖRK – eingeschlagen hat, war immer „die Richtung der Einheit“, sagte Lemopolous. Doch aufgrund von Veränderungen der kirchlichen, ökumenischen und politischen Landschaft hat der Rat versucht, „Dinge anders zu machen“, um seine Aufgabe zu erfüllen.

Weiter sagte er, der ÖRK sei Konrad Raiser für sein Werk tief verpflichtet.

Dr. Agnes Abuom, Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, beschrieb den Anlass als einen wunderbaren Tag, an dem einige der Angehörigen der Ökumene gegenwärtig seien, und sagte, sie wolle einige Punkte des letzten Kapitels aus Raisers Buch in einen Kontext setzen und in die Zukunft blicken.

„Gerechtigkeit und Frieden waren schon immer zentrale Themen für den ÖRK und die ökumenische Bewegung“, bemerkte die kenianische Ökumenikerin.

Außerdem bereute sie, dass sich der ÖRK nach seinem Programm im städtischen und ländlichen Bereich vielleicht „nicht voll und ganz mit der Arbeiterklasse beschäftigte“.

„Dies geschah, weil die Arbeitssituation sich radikal veränderte. Wir haben uns von stabilen Verhältnissen zwischen Arbeitenden und Arbeitgebern abgekehrt, hin zu Gelegenheitsarbeit sowie der Aushöhlung von Rechten und Sicherheit der Arbeitenden“, erklärte sie.

Aboum lud den ÖRK ein, den veränderten Kontext der Arbeit und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu untersuchen und sagte, sie möchte dieses Thema bei den Gesprächen über „Wanderarbeit und Menschenhandel“ in den Mittelpunkt stellen.

Weitere Informationen über die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen des ÖRK: www.oikoumene.org/de/wcc70

Weitere Informationen über „The Challenge of Transformation: An Ecumenical Journey“ (in englischer Sprache)

Predigt von Pastor Dr. Staccato Powell (in englischer Sprache)

Videoaufnahme der Buchpräsentation und der Diskussion (in englischer Sprache)