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Patriarch Abune Mathias, hier 2017 bei einem Besuch des ÖRK in Genf, wird die Kirche leiten und administrative Aufgaben übernehmen, während Patriarch Abunä Merkorios ebenfalls mit dem Rang und der Würde eines Patriarchen nach Äthiopien zurückkehren wird.

Patriarch Abune Mathias, hier 2017 bei einem Besuch des ÖRK in Genf, wird die Kirche leiten und administrative Aufgaben übernehmen, während Patriarch Abunä Merkorios ebenfalls mit dem Rang und der Würde eines Patriarchen nach Äthiopien zurückkehren wird.

Von Peter Kenny*

Die Äthiopische Orthodoxe Kirche Tewahedo ist die größte der orientalischen orthodoxen Kirchen, ist gleichzeitig eine der ältesten Kirchen weltweit und besteht seit dem Jahr 330 in Afrika. Deswegen war der Jubel und die Freude umso größer, als am 27. Juni verkündet wurde, dass eine seit 27 Jahren bestehende Spaltung nun überwunden wurde.

Die Annäherung geschah Tausende Kilometer von dem nordostafrikanischen Land entfernt in Washington DC (USA). In der dortigen Debre Mihret St. Michael-Kathedrale wurde eine überschwängliche und freudvolle Zeremonie abgehalten.

Auch der äthiopische Premierminister Dr. Abiy Ahmed, der im Versöhnungsprozess eine wichtige Rolle gespielt hatte, war anwesend.

Die Äthiopische Orthodoxe Kirche Tewahedo, eine Mitgliedskirche des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), erklärte das Schisma offiziell für beendet und erkannte eine Heilige Synode und zwei kanonische Patriarchen an. Damit endet eine Zeit, die für die Äthiopier im eigenen Land und im Ausland äußerst schmerzlich war.

ÖRK-Programmreferent und Afrikabeauftragter Dr. Nigussu Legesse war an dem Versöhnungsprozess zwischen den zwei Synoden der Kirche beteiligt. Die Kirche hatte sich 1991 als Folge des politischen Wandels, der den ehemaligen Patriarchen Abune Merkorios zum Exil in den USA zwang, entzweit.

Bei dem Gottesdienst in Washington versammelten sich Würdenträger der Äthiopischen Orthodoxen Kirche Tewahedo und erklärten das Schisma offiziell für beendet. Die darauf folgende Zeremonie fand im historischen Watergate Hotel statt.

„Nach Jahren der Trennung, in denen es eine ‚Addis-Abeba-Synode‘ und eine ‚Synode im Exil‘ gab, jede mit ihrem eigenen miteinander rivalisierenden Patriarchen, haben die zwei Gruppen jetzt wieder zusammengefunden und eine einzige Heilige Synode gebildet. Das Schisma ist jetzt offiziell überwunden“, sagte Abune Abraham, Erzbischof von Bar Dar und Ost-Gojjam, bei der Verlesung einer Erklärung am 27. Juli gegenüber dem OCP News Service.

Zwei Patriarchen

Nach den Gesetzen der Äthiopischen Orthodoxen Kirche Tewahedo wird Patriarch Abune Mathias die Kirche leiten, indem er administrative Aufgaben übernimmt.

Patriarch Abunä Merkorios wird mit dem Rang und der Würde eines Patriarchen nach Äthiopien zurückkehren und erneut den Thron des Patriarchen besteigen.

„Wenn seine Heiligkeit Patriarch Abunä Merkorios in sein Heimatland Äthiopien zurückkehrt, wird er dort eine angemessene Residenz mit allem vorfinden, das er für ein Leben in Würde benötigt“, heißt es in der Erklärung.

Ab dem Datum der Vereinbarung werden die alten Bezeichnungen der Exil-Synode und der einheimischen Synode nicht mehr verwendet. „Es gibt nur noch eine Kirche: Die Äthiopische Orthodoxe Kirche Tewahedo.“

Premierminister Ahmed erhielt viel Lob für sein Bemühen um einen Friedensprozess in seinem Land und für die Einheit der orthodoxen Kirche. Im Rahmen des Prozesses flog er von Addis Abeba nach Washington und kehrte dann zu nationalen Feierlichkeiten in die äthiopische Hauptstadt zurück.

„Solange beide Patriarchen am Leben sind, betrachtet unsere heilige Kirche ihre Ehre als Patriarch als gleichrangig“, heißt es in der Erklärung.

Exkommunikationen wurden zurückgenommen

Die Exkommunikationen der Erzbischöfe, die vor der Spaltung exkommuniziert wurden, wurden nun von der Heiligen Synode zurückgenommen, und ihre Namen und Würde wurden wiederhergestellt. „Sie bekommen je nach ihrem Rang Diözesen zugeteilt.“

Die äthiopische Politik hat sowohl beim früheren als auch beim aktuellen Schicksal der Kirche eine Rolle gespielt.

In Bezug auf den Hintergrund des Schismas weist die Erklärung darauf hin, dass aufgrund eines „Regierungswechsels in Äthiopien die eine heilige Kirche gespalten wurde und aus der einen Synode zwei Synoden mit zwei Patriarchen gebildet wurden.“

Die Spaltung erfolgte 1991, nachdem die Äthiopische Revolutionäre Volksfront die Derg-Militärjunta stürzte, die 1974 nach der Herrschaft von Kaiser Haile Selassie I. die Macht übernommen hatte.

Unter dem ehemaligen Patriarchen bildete sich daraufhin in den USA eine Exilkirche.

„Aufgrund dieser Entwicklung lebte der vierte Patriarch, Seine Heiligkeit Abunä Merkorios, über 20 Jahre im Exil. Deswegen beschlossen die Friedensstifter beider Synoden in Bezug auf den Status der zwei heiligen Patriarchen nach langen Diskussionen über die Einheit und den Frieden der heiligen Kirche Folgendes.“

Der öffentliche äthiopische Rundfunk berichtete, dass die äthiopische orthodoxe Kirche für den 4. August eine weitere Konferenz in der Millenniumshalle in Addis Abeba angesetzt habe, um die Versöhnung noch ausführlicher zu verkünden.

An dieser Zeremonie werden Mitglieder des diplomatischen Corps und Premierminister Ahmed teilnehmen.

Nach Angaben von Agence-France Presse hat Premierminister Ahmed die Versöhnung zwischen Dissidenten und der seit 27 Jahren herrschenden Äthiopischen Revolutionären Volksfront seit seiner Amtseinführung im April zu einer Priorität gemacht.

Des weiteren hat er die Tür für eine historische Versöhnung mit dem Nachbarland Eritrea bezüglich eines langjährigen Grenzstreits aufgetan.

Der Premierminister hat viele inhaftierte Dissidenten aus äthiopischen Gefängnissen entlassen und sich in manchen Fällen bei ihrer Freilassung persönlich mit ihnen getroffen.

Die Äthiopische Orthodoxe Kirche Tewahedo steht in Kirchengemeinschaft mit der Koptisch-orthodoxen Kirche von Alexandria, seitdem sie 1959 den Status als autokephale Kirche erhielt.

Äthiopische Orthodoxe Kirche erklärt 27 Jahre dauerndes Schisma für beendet (auf Englisch)

Gespaltene äthiopische orthodoxe Kirche findet nach 27 Jahren wieder zusammen (auf Englisch)

Eritreische Orthodoxe Kirche Tewahedo empfängt ÖRK-Delegation (ÖRK-Pressemitteilung vom 3. Oktober 2017)

Solidaritätsbesuch des ÖRK in Äthiopien (ÖRK-Pressemitteilung vom 24. Oktober 2016)

ÖRK-Mitgliedskirchen in Äthiopien

ÖRK-Mitgliedskirchen in Eritrea

* Peter Kenny ist Journalist in Genf. Er schreibt über Kirchen, Religion, die Vereinten Nationen und den Welthandel, beispielsweise für Ecumenicalnews.com, den Johannesburg Star, die Pretoria News, die Cape Times und IP Watch.