Nicola Harrison, Beraterin der UN-Menschenrechtskommission, betonte zu Beginn des Webinars, wie wichtig eine schützende Präsenz sei – genau die Präsenz, die durch die ökumenischen Begleitpersonen geleistet wird.
„Die Menschen vor Ort bitten uns täglich um mehr schützende Begleitpersonen, doch momentan haben wir keine Kapazitäten, um den Bedarf vor Ort zu decken. Wir brauchen Flexibilität, um diese Menschen zu unterstützen“, sagte sie und beschrieb den Einfluss der Begleitpersonen auf die globale Wahrnehmung des täglichen Lebens in Palästina und Israel.
„Die Mission der Begleitpersonen ist, zu sagen: Ich sehe deine Geschichte. Ich sehe deine Angst. Ich spüre deinen Schmerz. Ich werde deine Geschichte erzählen“, sagte Harrison.
Anton Goodman, zuständig für Partnerschaften bei der Organisation „Rabbis for Human Rights“, beschrieb die enge Zusammenarbeit des EAPPI mit Rabbis for Human Rights.
„Wir beide sehen dies als heilige Arbeit, die in der heutigen Zeit getan werden muss – das ist im Einklang mit unseren beiden Traditionen“, sagte er und fügte hinzu, dass diese Arbeit und der Ruf nach Gerechtigkeit schon seit langer Zeit getätigt werden. „Es handelt sich in beiden Fällen nicht um neue Aufrufe.“
Doch wir würden in einer Zeit leben, in der diese Aufrufe umso dringender seien, fügte Goodman hinzu. „Wir erleben von noch nie da gewesenen Menschenrechtsverletzungen“, sagte er. „Das ist höchst beunruhigend, denn wir können miterleben, wie Menschen vertrieben werden.“
Nicht vergeblich leiden
Der palästinensische Aktivist Abu Hisham sagte, dass die Präsenz ökumenischer Begleitpersonen zwar keine Einzellösung für die Situation in Palästina und Israel sei, doch die Begleitpersonen würden den Menschen das Gefühl geben, dass ihr Leid nicht vergeblich sei.
Die Rolle der ökumenischen Begleitpersonen sei bei deren Rückkehr in ihre Heimatländer zentral für die palästinensische Sache, da sie den Stimmen unterdrückter Menschen im Rest der Welt Gehör verschafften.
„Das ist bewunderns- und anerkennenswert“, sagte Hisham. „Doch es braucht mehr schützende Präsenz.“
Hisham berichtete über einen Mann, den ein Siedler ins Bein schoss und darauf in ein israelisches Krankenhaus gebracht wurde. „Dort wurde er nicht als Verletzter behandelt, sondern als Verdächtiger, einen Siedler angegriffen zu haben. Daher wurde er während der Operation und Amputation seines Beines an das Bett gefesselt“, sagte Hisham.
Zwei kürzlich zurückgekehrte ökumenische Begleitpersonen – Ida Ween und Knut Ostby – berichteten über ihre Erlebnisse vor Ort.
„Ich fühle mich sehr geehrt, wie freundlich ich von den Menschen dort aufgenommen wurde“, sagte Ween. „Wir müssen als Menschen gesehen und gehört werden, um uns zu entfalten.“
Sie fügte hinzu, wie sehr sie das Ausmaß an Grausamkeit und Gewalt schockierte, das die Begleitpersonen täglich sahen – sei es durch größere Übertretungen wie etwa Angriffe auf Flüchtlingslager oder sogenannte kleinere Zwischenfälle, wie etwa, wenn Kinder auf ihrem täglichen Schulweg Soldaten begegnen müssen.
„Es ist eine schreckliche Lage und wir brauchen mehr Mittel, um den Menschen vor Ort zu helfen, denn sie sind darauf wirklich angewiesen“, sagte Ween.
Ostby beschrieb, wie es für die Begleitpersonen eindeutig erkennbar war, dass die Annexion im Gange war. „Am erstaunlichsten war, wie gut die Koordination und Planung war“, sagte er, als er einen nächtlichen Angriff auf einen Bauern der Beduinen beschrieb.
Schmerzliche Nachrichten
Das Webinar fand an dem Tag statt, als Nachrichten über schwere Angriffe in Gaza bekannt wurden, darunter der Angriff auf das Al-Ahli-Krankenhaus, bei dem fünf Menschen starben.
Iskandar Majlaton, örtlicher Programmkoordinator für das EAPPI, sagte, dass die neuesten Nachrichten den Schmerz über die Annexion und Okkupation nur verstärkten. Er teilte eine kürzlich erhaltene Botschaft einer Person in Gaza: „Wir verhungern. Wir brauchen Nahrung. Die Menschen sterben, weil es keine Nahrung und kein Wasser gibt.“
Das Webinar ist Teil der ÖRK-Sensibilisierungskampagne „Stoppt die Annexion – beendet die Okkupation“, die ein Licht auf die Realitäten des Alltagslebens unter der Besatzung und die damit verbundenen Völkerrechtsverletzungen wirft, darunter Vertreibung, De-facto-Annexion und Diskriminierung.
Kampagne: Stoppt die Annexion – beendet die Okkupation (in englischer Sprache)
Lesen, herunterladen, weiterleiten: Zeugnis aus erster Hand – erlebte Wirklichkeit vor Ort (in englischer Sprache)
Factsheet: Von Okkupation zu Annexion – die Westbank inklusive Ostjerusalem (in englischer Sprache)
Factsheet: Rechtsgutachten des Internationalen Gerichtshofs (in englischer Sprache)