Angesichts der bereits in weniger als vier Monaten beginnenden 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) hat die Kirche von Zypern die Gastgeberrolle für die Interorthodoxe Vorbereitungskonsultation übernommen, die der ÖRK für die orthodoxen Kirchen vom 9. bis zum 16. Mai einberufen hat.
In einer Welt voller dramatischer Herausforderungen, gekennzeichnet von Kriegen, Ungerechtigkeit und Spaltung, ist eine solche Zusammenkunft zum Gebet, zur Reflexion und zur gemeinsamen Arbeit keine Nebensächlichkeit.
Für Seine Eminenz Metropolit Dr. Vasilios von Konstantia und Ammochostos auf Zypern haben die angebotene Gastfreundschaft und die Durchführung dieser Veranstaltung eine besondere Bedeutung.
Metropolit Vasilios repräsentiert eine Kirche, die seit der Gründung des Rates im Jahre 1948 Mitglied im ÖRK ist und „sich immer für die ökumenische Bewegung engagiert hat und die Gründung des ÖRK von Anfang an begleitet hat“
„Der ÖRK hat den orthodoxen Kirchen auch in Zeiten, als wir voneinander isoliert waren, oftmals die Gelegenheit geboten, sich zu versammeln und als Orthodoxe miteinander zu reden, und das ist sehr wichtig, um die koinonia innerhalb der orthodoxen Glaubensgemeinschaft und besonders in diesen Zeiten zu bewahren“, erklärt Metropolit Vasilios und schaut auf die letzten Jahre zurück, in denen die orthodoxe Kirche nicht in der Lage war, sich in einer ähnlichen Konstellation zu treffen und miteinander zu reden.
Als Kirchengemeinschaft kommt dem ÖRK eine einzigartige Rolle zu, wenn es um die Eröffnung von Räumen für den Dialog zwischen östlich-orthodoxen Kirchen und orientalisch-orthodoxen Kirchen geht, die trotz aller Probleme im Kontext des ÖRK als eine Familie behandelt werden.
Insgesamt 52 Delegierte, die 20 östlich-orthodoxe und orientalisch-orthodoxe ÖRK-Mitgliedskirchen vertreten, nahmen an der Versammlung teil.
Angesichts des Leids der Menschen in der heutigen Welt und der historischen Rolle der Kirchen bei der Aufrechterhaltung des Dialogs und der Zusammenarbeit für Gerechtigkeit und Frieden hat der geschäftsführende ÖRK-Generalsekretär Priester Prof. Dr. Ioan Sauca bei der Eröffnung der Versammlung am 10. Mai darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, gemeinsam zu beten, zu lernen und zu diskutieren und in diesem Kontext auch „aktuelle globale Probleme anzusprechen und sich zu fragen, wie die orthodoxe Agenda auf der 11. ÖRK-Vollversammlung einen Beitrag leisten kann, den Dialog offenzuhalten.“
Zur Vorbereitung auf die Vollversammlung haben die Teilnehmenden der Konsultation die Gelegenheit, sich über spezifische Themen auszutauschen, die die Kirchen und ihre Gemeinschaften betreffen und die sich nicht zuletzt auch auf die Bedeutung des Themas der Vollversammlung „Die Liebe Christi bewegt, versöhnt und eint die Welt“ aus orthodoxer Perspektive beziehen und Begrifflichkeiten wie Versöhnung, Einheit, Solidarität, Gastfreundschaft und Frieden verhandeln und die Ganzheit des Lebens, die Menschenwürde und unsere gemeinsame Menschlichkeit bekräftigen.
Die auf Zypern versammelte Gruppe sprach auch über die gegenwärtigen Realitäten und Probleme überall auf der Welt, dazu gehören Themen wie die Ukraine und Bergkarabach/Arzach sowie Konflikte im Nahen Osten und in Afrika.
Dass für diese Veranstaltung mit Bedacht Zypern gewählt wurde, das sich als Insel mit den Realitäten einer Besetzung arrangieren muss, ist Erinnerung und Beispiel zugleich, wie zerbrechlich Frieden oft ist und welch wichtige Aufgabe die Kirchen haben, einen gerechten Frieden zu erreichen.
„Die Kirche von Zypern geht zurück bis in die Zeit der Apostel, deshalb haben wir diese lange christliche Tradition“, erklärt Metropolit Vasilios.
Zahlreiche Teilnehmende sehen es als zunehmendes Problem, dass es in vielen europäischen Ländern aufgrund der Säkularisierung immer mehr Menschen gibt, die religiöse Analphabeten sind. Der Metropolit Vasilios stellt hingegen fest, dass Zypern ein überaus religiöses Land ist.
„Die Geschichte Zyperns und die Rolle der Kirche für den Erhalt des Christentums sind sehr wichtig, und die Menschen sind sich dieser Aufgabe der Kirche bewusst, denn es hat immer irgendeine Macht gegeben, die Zypern besetzt hielt. Die Menschen wissen also, dass die Kirche eine sehr wichtige Aufgabe nicht nur für die Religion, sondern auch für das Überleben der christlichen Bevölkerung auf Zypern hat“, sagt der Metropolit.
Vor dem Abschluss der Konsultation am 16. Mai werden die Delegierten im Rahmen dieser einwöchigen Veranstaltung neben den Vorbereitungen auf die 11. Vollversammlung des ÖRK auch die Gelegenheit haben, am Fest des heiligen Epiphanius am 12. Mai teilzunehmen sowie Stätten von historischer Bedeutung für das Leben und Wirken der Kirche auf Zypern zu besuchen.
Es ist ein Abschlusskommuniqué geplant, das zum Ende der Konsultation am 16. Mai vorgelegt werden soll.
Orthodoxe Kirchen beten und sprechen über Versöhnung im Vorfeld der 11. ÖRK-Vollversammlung (ÖRK-Pressemitteilung vom 10. Mai 2022, auf EN)
Fotogalerie: Interorthodoxe Vorbereitungskonsultation – 2022 (auf EN)
Weitere Informationen: 11. ÖRK-Vollversammlung
Dokumente zum Thema der Vollversammlung Gedanken zum Thema der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe 2022
Bericht: „Pilgerinnen und Pilger auf dem Weg des Friedens – Die Reise des ÖRK von Busan nach Karlsruhe“