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Foto: Falk Wenzel

Foto: Falk Wenzel

Von Stephen Brown*

Über 120 Menschen aus der ganzen Welt sind in Halle/Saale zusammengekommen, um darüber nachzudenken, wie Einsichten aus der Reformation vor 500 Jahren heute helfen können, die Welt zu verändern.

„Wir wollen einen wirklich ökumenischen und globalen Dialog zu Erreichtem, aktuellen Herausforderungen und neuen Erkenntnissen über die Relevanz der reformatorischen Prinzipien anstoßen und befördern“, sagte Pastorin Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt, bei der Eröffnung der Konferenz, die vom 18. bis 22. Mai stattfand.

Diese Konferenz ist die zweite Stufe einer „Twin-Konsultation“ zum Thema „Reformation – Bildung – Veränderung“, die im November 2015 mit einer Konferenz in São Leopoldo (Brasilien) begann.

Im Vorfeld des Reformationsjubiläums 2017 will das Projekt den Beitrag reformatorischer Tradition und Theologie zur Stärkung und Veränderung der Zivilgesellschaft untersuchen, um sowohl lokal als auch global Frieden, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Menschenrechte zu stärken, wobei besonderer Wert auf Bildung gelegt wird.

„2017 wird keine Veranstaltung sein, die nur auf die Geschichte zurückschaut, sondern eine Gelegenheit um zu überlegen, wo heute in Kirche und Gesellschaft Reformen und Reformation notwendig sind“, sagte Pastorin Margot Käßmann, Botschafterin der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für das Reformationsjubiläum, auf der Konferenz.

Das Konzept, zwei Konsultationen in Brasilien und Deutschland abzuhalten – wobei einige Personen an beiden Tagungen teilnahmen – eröffnet die Möglichkeit, in zwei unterschiedlichen internationalen Kontexten über dieselben Themenbereiche nachzudenken, als Beitrag zum 500. Jahrestag der Reformation und ihrer Auswirkung auf die Gesellschaft.

„Heute sehen wir die Chancen, befreit von der Enge unserer Territorien aus unseren unterschiedlichen Kontexten zu lernen, um die transformative Kraft der Reformation zu entdecken“, sagte Bischof Jan Janssen, Vorstandsvorsitzender des Evangelischen Missionswerkes in Deutschland (EMW). Er verwies auf eine „globalisierte Welt neuer Netzwerke, Nachbarschaften und neuer Nähe“.

In seiner Ansprache bezog sich Pastor Jerry Pillay, Präsident der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen, auf die Konsequenzen der Globalisierung für die wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und religiösen Aspekte der Gesellschaft.

„Migration, sei sie freiwillig oder erzwungen, veränderte Familienstrukturen und wirtschaftlicher, ökologischer und gesellschaftlicher Druck führen zu erhöhter Mobilität, wodurch unterschiedliche soziale und religiöse Identitäten entstanden sind“, sagte er. Gleichzeitig werde der Frieden in Afrika, den Vereinigten Staaten und weltweit durch Rassismus und religiöse Gewalt bedroht.

„Diese neue Realität wirkt sich auch auf unsere Theologie aus“, erklärte Pillay.

Die Konferenz fand in den Franckeschen Stiftungen in Halle statt, die 1698 vom Theologen August Hermann Francke als Bildungs- und Sozialwerk für Arme gegründet wurden.

Stiftungsdirektor Dr. Thomas Müller-Bahlke merkte in seiner Willkommensrede an, dass die Hauptthemen der Konferenz schon in der Geschichte der Franckeschen Stiftungen zu finden seien. Francke sei überzeugt gewesen, dass Bildung von essentieller Bedeutung für die Entwicklung der Gesellschaft sei. Heute lernen, lehren und leben 4000 Menschen in den Franckeschen Stiftungen.

Halle liegt in einer Region, die eng mit dem Leben und Werk Martin Luthers verbunden ist, dessen Disput mit dem Papst über kirchliche Missstände 1517 die Ereignisse in Gang setzte, die später zur Reformation und zur Teilung des westlichen Christentums in die römisch-katholische und die protestantischen Kirchen führten.

Allerdings ist Ostdeutschland heute die am stärksten säkularisierte Region der Welt, wie die Soziologin Dr. Monika Wohlrab-Sahr von der Universität Leipzig in ihrer Willkommensrede erklärte. Dies gehe auf vier Jahrzehnte kommunistischer Herrschaft von 1949 bis 1989 sowie weitere Faktoren zurück, die bis ins 19. Jahrhundert zurückreichten.

Die christliche Botschaft in säkularen Kontexten zu kommunizieren ist ein besonderer Fokus der Konferenz in Halle. Am 19. Mai befasste sich eine Podiumsdiskussion, an der u.a. Bischöfin Ilse Junkermann von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland teilnahm, mit der Rolle von Kirchen und Christen in der Öffentlichkeit in Ostdeutschland.

Die „Twin-Konsultation“ ist ein gemeinsames Projekt von Brot für die Welt, EMW, Faculdades EST São Leopoldo, den Franckeschen Stiftungen und der Martin-Luther-Universität in Halle-Wittenberg in Kooperation mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen, dem Lutherischen Weltbund, der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen und der EKD.

Internationale Twin-Konsultation über die Wirkung von Bildung auf die Gesellschaft (ÖRK-Pressemitteilung vom 3. November 2015)

Weitere Informationen über das Projekt

*Stephen Brown ist freier Journalist