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Tony Rinaudo speaking at the seminar

Der australische Agrarwissenschaftler Tony Rinaudo, Referent des Seminars „Bewahrung der Erde, Veränderung des Lebens: Glaube und natürliche Regenerierung gemeinsam denken“ im Ökumenischen Zentrum in Genf am 12. Mai, hat 2018 den alternativen Nobelpreis „ Right Livelihood Award“ für die Entwicklung einer Technik erhalten, mit der aus unter Wüstensand verborgenen Wurzelsystemen neue Bäume herangezogen werden können.

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„Als ich ein Kind war, bin ich in einem sehr schönen Teil Australiens aufgewachsen“, erzählte der Agrarwissenschaftler Rinaudo dem Ökumenischen Rat der Kirche (ÖRK) in einem Interview während eines eintägigen Workshops, der vom ÖRK und seinen Partnerorganisationen veranstaltet wurde.

„Es gab viel Buschland, wo wir in den Bergbächen spielten“, erzählte Rinaudo. „Zu der Zeit damals wurde mit Bulldozern viel Natur zerstört, und der Einsatz aggressiver Chemikalien in der Landwirtschaft hat den Fluss vergiftet. Deshalb bekam ich eine ziemliche Wut.“

Rinaudo redete auf dem Seminar „Bewahrung der Erde, Veränderung des Lebens: Glaube und natürliche Regenerierung gemeinsam denken.“ An der Veranstaltung nahmen Referentinnen und Referenten direkt vor Ort im Ökumenischen Zentrum in Genf teil oder aus aller Welt in Form virtueller Präsentationen.

Die Partnerorganisationen des ÖRK für diese Initiative waren Right Livelihood, Global EverGreening Alliance, Earth Trusteeship Working Group, Health of Mother Earth Foundation, World Vision International und Oiko Diplomatique.

 

FMNR in Niger

Rinaudo berichtete dem Seminar über seine jahrelange Arbeit in Niger im Nordwesten Afrikas, wo er mit der örtlichen Bevölkerung eine Technik entwickelt hat, die als Farmer Managed Natural Regeneration (FNMR) bezeichnet wird. Gemeint ist damit die von der Landwirtschaft selbst verwaltete  Wiederbegrünung verarmter und entwaldeter Böden.

Der Tag begann mit einem interkonfessionellen Gebet und heiligen Texten unterschiedlicher Glaubensrichtungen, kurzen Betrachtungen aus unterschiedlicher Religionen und aus einer indigenen Perspektive und befasste sich dann mit dem Zusammenhang zwischen der Pflege natürlicher Ressourcen und dem Glauben.

Die Gebete beinhalteten auch eine symbolische Aktion – an einem geheiligten Ort inmitten der Halle wurden eine Handvoll Erde, etwas Wasser und Saatgut aus unterschiedlichen Regionen miteinander vermischt.

Nachdem er die High School verlassen hatte, studierte Rinaudo Agrarwissenschaften, und nach seinem Abschluss an der University of New England im australischen Armidale immatrikulierte er sich am Bible College of New Zealand.

„Ich schaute mir die Nachrichten an und erkannte, dass wir in unserem Tal als Luxusprodukt Tabak anbauten, während Kinder in anderen Teilen der Welt hungrig zu Bett gingen. Und es erschloss sich mir nicht, welchen Sinn es haben soll, dass erwachsene Menschen die Umwelt zerstören.“

Seit Jahrzehnten setzt Rinaudo inzwischen seine Lösung zur Bekämpfung der radikalen Waldrodungen und Wüstenausdehnung in der Sahelzone im Norden Afrikas in die Tat um.

Mit einfachsten Maßnahmen kann die Landwirtschaft die vorhandene örtliche Vegetation regenerieren und schützen und damit die Lebensbedingungen von Millionen Menschen verbessern.

Rinaudo und seine Arbeit wurden 2022 von dem deutschen Filmemacher Volker Schlöndorff in seiner Dokumentation „Der Waldmacher“ porträtiert.

Bewahrung der  Schöpfung

Auf der ÖRK-Veranstaltung erklärte Rinaudo, dass „wir in einem christlichen Kontext den Auftrag haben, für die Schöpfung zu sorgen. Und ich glaube, dass dies in zahlreichen anderen Glaubensrichtungen in gleicher Weise der Fall ist und dass der Glaube und die religiösen Führungspersonen voller Vertrauen vorangehen können. In den meisten Fällen werden die Menschen, die glauben, ihnen folgen.“

„Einen wichtigen Einfluss in meinem Leben hatte meine Mutter und ihr unerschütterlicher Glaube, der mir Lebensorientierung gegeben und mir klar gemacht hat, dass wichtigere Dringe im Leben existieren als finanzielle Sicherheit. Wir sind der Hüter unseres Bruders, und wir haben die Pflicht, Gottes Schöpfung zu bewahren“,sagte Rinaudo.

„Das ist eigentlich der Ausgangspunkt dieser langen Reise, die ich seither zurückgelegt habe, aber ich war immer von Afrika fasziniert. Und dann waren diese Dürrekatastrophen und Hungersnöte in den 1970er Jahren für mich zutiefst verstörend, weshalb ich ein Teil der Lösung sein wollte, nicht Teil des Problems.“

Rinaudo hat zuerst an einer Baumschule/Bibelkolleg in Maradi, Niger gearbeitet.

Er ist für World Vision Australien als Chefberater für das Management natürlicher Ressourcen tätig, und seine Arbeit für die Einführung der FNMR-Methode brachte ihm 2018 den Right Livelihood Award ein, der als alternativer Nobelpreis angesehen wird.

„Ich halte innerhalb der World Vision-Partnerschaft Vorträge und versuche auf diese Weise, noch mehr Stakeholder an Bord zu bekommen. Und ich spreche außerhalb dieser Partnerschaft mit politischen EntscheidungsträgerInnen, Spendenorganisationen, Regierungsstellen usw.“, sagte Rinaudo.

Sein nächstes Ziel ist ein Termin mit einem/r zuständigen Angeordneten des Europäischen Parlaments.

„So erreiche ich Menschen, die darüber entscheiden, wohin Geldspenden fließen und wie das Geld ausgegeben wird. Ich versuche, mich für Lösungen einzusetzen, die uns die Natur vorgibt, zum Beispiel die Methode, die ich in Niger entwickelt habe.“

Rinaudos Arbeit in Niger war nicht einfach.

Schwieriges Umfeld

„Über die vielen Jahre hinweg betrachtet war dies ein extrem schwieriger Ort mit Menschen, die mir ablehnend gegenüberstanden, und mit einer großen Wahrscheinlichkeit des Scheiterns meiner Pläne.“

Es fragte seinen Schöpfer, warum er ihn dorthin geschickt habe.

„Im Rückblick lässt sich feststellen, dass meine Arbeit dort die Welt inspiriert hat. Und ich arbeite an vielen Orten weltweit, von denen Menschen sagen: ‚Das ist der schlimmste Orte der Erde. Wir müssen unsere Habseligkeiten packen und hier wegziehen, denn das Leben hier ist unerträglich.‘

Und ich sage: Wirklich? Ist das schlimmer als das, was die Menschen in den 1980er Jahren in Niger erlebt haben?“

Er zeigt seine Präsentationen und hält Vorträge.

„Und so entsteht für uns ein Hoffnungsschimmer. Wenn diese Menschen dort mit so wenigen Mitteln so viel erreicht haben, warum sollte uns das nicht auch gelingen? Deshalb war es im Endeffekt der richtige Ort für mich, auch wenn ich am Anfang versucht habe, mich der Aufgabe zu entziehen.“

Was braucht es, dass wir die Erde wieder grüner machen?  Eintägiges Seminar entwickelt Ideen und gibt Impulse zum Handeln (ÖRK-Pressemitteilung vom 15. Mai 2023)

Fotogalerie des Seminars „Bewahrung der Erde, Veränderung des Lebens: Glaube und natürliche Regenerierung gemeinsam denken"

 

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Stack of books at the event

Das Buch „Hope for a planet in crisis:  The forest underground", geschrieben von dem australischen Agrarökonomen Tony Rinaudo.

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