In einem Interview mit dem ÖRK anlässlich der hochrangigen Konferenz über die Flüchtlingskrise in Europa, die am 18. und 19. Januar gemeinsam vom Ökumenischen Rat der Kirchen und den Vereinten Nationen in Genf organisiert wurde, sprach Exekutivsekretär für Theologie der Weltgemeinschaft reformierter Kirchen (WGRK) Dr. Douwe Visser über die Flüchtlingskrise aus der Sicht der WGRK.
„Die Flüchtlingskrise trifft ganz Europa und ist eine Herausforderung für glaubensgestützte Organisationen, insbesondere für die WGRK, da sie ihren Sitz in Deutschland hat. Wir müssen einfach sehen, was wir als kleine aber sehr lebendige Organisation tun können“, erklärte er.
Zur Terminwahl für die Konferenz bemerkte Visser: „Meiner Ansicht nach ist das genau der richtige Moment. Die Konferenz kommt nicht zu einem Zeitpunkt, wo sich alle umsehen und fragen, was los ist. Vielmehr gibt es bereits Überlegungen, auf die man aufbauen kann, konkrete Maßnahmen, die überprüft werden können. Darauf lässt sich nun zurückgreifen, wenn wir darüber nachdenken, was in Zukunft getan werden kann und sollte.“
Anlässlich der Konferenz gab es Wortbeiträge aus verschiedenen Teilen Europas und dem Nahen Osten. Mehrere Referenten forderten dazu auf, die Flüchtlingskrise im Lichte der und gemeinsamen christlichen Wurzeln zu betrachten, doch laut Visser geht es insbesondere für die reformierten Kirchen um das Fundament schlechthin.
„Besonders wichtig ist meiner Ansicht nach“, erläuterte Visser, „dass beim Ursprung unserer reformierten Tradition der Flüchtlingsstatus im Mittelpunkt steht. Hier in der Stadt Genf mit Jean Calvin und den Flüchtlingsgemeinden hat sich unsere Theologie aus einer Flüchtlingssituation heraus entwickelt.“
„Daher halte ich es für außerordentlich wichtig zu betonen, dass dies unsere zentralen Werte sind: Menschen aufnehmen, ihnen helfen, aber auch ihre Integration ermöglichen“, ergänzte Visser.
„Die WGRK ist eine sehr kleine Organisation. Enorme Hilfsmaßnahmen können wir nicht bereitstellen, doch zumindest können wir versuchen, die Skeptiker und alle, die sich fragen ‘können wir das tun?’, ‘müssen wir das tun?’ zu überzeugen, und uns darüber bewusst sein, dass unsere Tradition als reformierte Christen tief in der Flüchtlingssituation verwurzelt ist.“
„Diese Werte miteinander auszutauschen und sie als Teil unserer Wurzeln als Christen anzuerkennen, ist m. E. im Rahmen dieser Konferenz ganz besonders wichtig. Die UN-Hilfswerke und Nichtregierungsorganisationen, mit denen wir zusammenarbeiten, müssen unbedingt wissen, woher unserer Werte kommen“, gab Visser abschließend zu bemerken.
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