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Bishop Heinrich Bedford-Strohm and Cardinal Reinhard Marx

Bischof Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising. Fotos: ELKB und Erzbischöfliches Ordinariat

Seit 1985 vergibt die Stadt Augsburg gemeinsam mit der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern alle drei Jahre den Preis Augsburger Friedensfest. Mit dem Preis werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich um ein tolerantes und friedvolles Miteinander der Kulturen und Religionen verdient gemacht haben.

Im Folgenden sprechen Bischof Bedford-Strohm und Kardinal Marx über die Grundfeste ihrer Arbeit und ihre Visionen für die Zukunft.

Meistens wird der Augsburger Friedenspreis an Einzelpersonen verliehen, aber in Ihrem Fall sind Sie als Team für Ihr gemeinsames Engagement für Einheit, Gerechtigkeit und Frieden ausgezeichnet worden. Seit wann arbeiten Sie so eng zusammen?

Bischof Bedford-Strohm: Wir kannten uns schon einig Zeit bevor wir als Bischöfe begonnen haben, zusammenzuarbeiten. Als ich noch Professor für Systematische Theologie und Stellvertretender Vorsitzender der Sozialkammer der Evangelischen Kirche in Deutschland war, wurde ich in den entsprechenden Ausschuss eingeladen, dessen Vorsitzender Kardinal Marx war. Man könnte also sagen, unser gemeinsames ökumenisches Engagement hat damit begonnen, dass wir uns zusammen Gedanken über die Sorgen und Nöte der Menschen in unserer Zeit gemacht haben. Die engere Zusammenarbeit zwischen uns begann dann als ich Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern wurde und in einen intensiven Austausch mit Kardinal Marx, dem damaligen Vorsitzenden der bayrischen Bischofskonferenz, getreten bin. Sein Büro in München ist nur etwa fünf Minuten mit dem Fahrrad von meinem entfernt.

Kardinal Marx: Die räumliche Nähe unserer Büros ist auf jeden Fall sehr hilfreich, denn so treffen wir uns häufig persönlich und können schnell zu einer Einigung gelangen. Viel wichtiger aber ist unsere spirituelle und intellektuelle Verbundenheit und die persönliche Nähe und Freundschaft zwischen uns, die über die Jahre entstanden ist. Ich bin Heinrich Bedford-Strohm für dieses Geschenk und diese Erfahrung, die eine große Bereicherung für mich persönlich war und ist, sehr dankbar. Ganz besonders intensiven Kontakt hatten wir im Kontext des Reformationsjubiläums 2017, das wir als gemeinsames Christusfest gefeiert haben. Es war und ist für uns immer wichtig, den Menschen in unserem Land und darüber hinaus zu zeigen, dass eine wirkliche Versöhnung der Konfessionen möglich ist. In der Ökumene geht es nicht darum, das eigene Profil auf Kosten der anderen zu schärfen, sondern darum, um der Menschen und des Evangeliums willen Gemeinsamkeiten zu finden und diese hervorzuheben. Und diesen Ansatz verfolgen nicht nur wir beide, er ist für unzählige ökumenische Kontakte zum Beispiel von Ortsgemeinden und Gemeinschaften von zentraler Bedeutung und prägt die ökumenische Bewegung seit Jahrzehnten. Für die Ökumene wie für alle anderen Begegnungen zwischen Menschen gilt: Ohne Wohlwollen, ohne Freundschaft kann es keine wirkliche Verständigung geben.

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Augsburg Peace Prize laureates 2020

Bischof Heinrich Bedford-Strohm (2. v. li.), Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Kardinal Reinhard Marx (2. v. re.), Erzbischof von München und Freising, wurde für ihren „unbedingten Wille zu einem friedvollen Miteinander“ der Augsburger Friedenspreis 2020 verliehen. Foto: ELKB

Was wollen Sie Ihrer ökumenischen Familie sagen, die Ihnen zu der gerade verliehenen Auszeichnung von Herzen gratuliert?

Bischof Bedford-Strohm: Zunächst möchte ich für die unzähligen weitherzigen Reaktionen auf diese Auszeichnung danken! Und als zweites möchte ich sagen: Unterschätzen Sie niemals, welche große Bedeutung Freundschaft für Fortschritte in der Ökumene hat! Einander wie Schwestern und Brüder in Christus zu lieben hat auch eine soziale Dimension. Ich bin zutiefst dankbar für die Freundschaft zwischen Kardinal Marx und mir, für das gegenseitige Vertrauen und für die Freude, einander als Freunde zu haben. Und all das ist untrennbar verbunden mit den tiefgreifenden spirituellen Erfahrungen der zahlreichen ökumenischen Gottesdienste, die wir zusammen feiern durften.

Kardinal Marx: Das kann ich alles absolut unterschreiben. Ich möchte aber noch hinzufügen, dass wir diese hohe Auszeichnung mit einem Gefühl großer Dankbarkeit gegenüber all unseren Schwestern und Brüdern im Glauben entgegennehmen, die den Weg hin zu ökumenischer Verständigung gemeinsam mit uns beschreiten. Durch die Arbeit von Papst Franziskus, dem die Einheit von Christinnen und Christen und die Versöhnung der Religionen sehr am Herzen liegt, fühle ich mich ermutigt in meinen Bemühungen um die Ökumene. In Deutschland haben wir durch unsere Kirchengeschichte eine ganz besondere Verantwortung für die Ökumene, der wir gerecht werden müssen, denn die Spaltung der Kirche ging von Deutschland aus. Ich persönlich bin überzeugt, dass es keine Alternative zur Ökumene und zur Einheit aller Christinnen und Christen gibt.

Was steht in Ihrer gemeinsamen Arbeit als nächstes auf dem Plan? 

Kardinal Marx: Wir werden uns weiterhin für gegenseitiges Verständnis in unseren Kirchen und in den Kontaktgruppen zwischen der Deutschen Bischofskonferenz und der Evangelischen Kirche in Deutschland einsetzen und uns mit theologischen und seelsorgerischen Fragen beschäftigen, damit wir uns weiterhin in Richtung einer sichtbareren Einheit bewegen. Das Ziel einer sichtbaren Einheit in versöhnter Verschiedenheit ist für beide Kirchen sehr attraktiv und nicht unrealistisch. Vor allem bin ich überzeugt, dass das Christentum – nicht nur in Deutschland und Europa – eine Zukunft haben wird, wenn wir als Christinnen und Christen ganz stark ökumenisch zusammenarbeiten. Und der Fokus dabei muss Christus sein. Insbesondere in unserer heutigen Zeit, die geprägt ist von der Corona-Pandemie und so vielen verschiedenen (geo)politischen und gesellschaftlichen Spannungen, ist die Botschaft wichtig, die wir senden – dass wir weltweit miteinander verbunden und dass alle Menschen Kinder Gottes und Schwestern und Brüder in Christus sind.

Bischof Bedford-Strohm: Die als nächstes anstehende Herausforderung wird sein, unseren Gemeinden und den Menschen in unserem Land in dieser äußert schwierigen Zeit der Pandemie mit Trost und Fürsorge beizustehen. Und unsere Stimme des Trostes und der Fürsorge wird deutlicher zu hören sein und von mehr Menschen gehört werden, wenn wir mit einer Stimme sprechen. In einer Zeit der möglichen Spaltung unserer Gesellschaft muss die Kirche mit einer Stimme sprechen und gemeinschaftlich Zeugnis ablegen für Christus und wahrhaftig das Salz der Erde und das Licht der Welt sein. Deshalb planen Kardinal Marx und ich für Heiligabend in der Münchener Innenstadt einen ökumenischen Gottesdienst unter freiem Himmel. Wir wollen damit eine Gelegenheit bieten, die wunderbare Weihnachtsbotschaft mit einer größeren Anzahl Menschen zu feiern, als die Corona-Schutzmaßnahmen in einer Kirche erlauben würden. Wir hoffen, damit einen Raum bieten zu können, dass die Menschen die wichtige Botschaft der Engel wirklich vernehmen können: Fürchtet euch nicht!

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