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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Weihnachtsbeleuchtung in einer Straße im Zentrum von Bethlehem, durch die Maria und Josef auf ihrem Weg durch die Stadt gegangen sein sollen.  

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Von Albin Hillert

So gefühlvoll und festlich die Weihnachtszeit jedoch auch sein mag, sieht die Realität für die Menschen in Palästina anders aus, denn sie leben auch heute noch unter Besatzung.

„Das palästinensische Volk hat eine unglaublich reiche Geschichte und Kultur und ein unglaublich reiches Erbe“, sagt Saleem Anfous, der mit seiner Familie – seiner Frau Lubna und den drei gemeinsamen Töchtern – in Beit Sahur im palästinensischen Gouvernement Bethlehem lebt.

„Trotz all der schönen Seiten dieses Erbes leben wir aber unter Besatzung und das hat natürlich unweigerlich auch Auswirkungen auf unsere palästinensische Identität“, sagt er weiter.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Weihnachtsdekoration an einem Baum in einem Garten in Bethlehem.  

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Weihnachten als Familie feiern

Saleem und seine Frau Lubna freuen sich, dass bald Weihnachten ist, denn für ihre Familie wie für alle Menschen in und um Bethlehem ist Weihnachten jedes Jahr ein Highlight.

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23. November 2022, Beit Sahur, Bethlehem, Palästina: Die fünfköpfige Familie in ihrem Haus in Beit Sahur, im Großraum Bethlehem: Die Eltern Lubna und Saleem Anfous mit ihren Töchtern Celia (8) rechts, Salma (5) in der Mitte und Liora (4) links.

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„Als Eltern von drei Kindern freuen wir uns immer auf Weihnachten. Überall ist Musik zu hören, es gibt viele Basare, Feste, die ganze Sternstraße wird zu einem großen Weihnachtsmarkt und wir besuchen sie alle“, erzählt Saleem. „Und wenn wir dann den Weihnachtsbaum aufstellen und ihn zusammen mit den Mädchen schmücken, und wenn sie dann die vielen Geschenke sehen, die unterm Baum liegen, ist es alles ganz schön aufregend für sie.“

Die älteste Tochter der Familie, die achtjährige Celia, ist schon eine erfahrene Weihnachtsveteranin, könnte man sagen. Als Dreijährige ist sie der Star in einem Familienvideo, in dem sie an verschiedenen Orten in Jerusalem Teile der Weihnachtsgeschichte vorträgt, und jedes Jahr macht sie sich zur Aufgabe, einen Brief an den Weihnachtsmann zu schreiben, um ihm ihre Wünsche mitzuteilen. In diesem Jahr steht ein Schminktischen ganz oben auf der Liste.

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23. November 2022, Beit Sahur, Bethlehem, Palästina: Die achtjährige Celia und ihr Vater Saleem.  

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Celias Mutter Lubna denkt darüber nach, dass die Erinnerungen an Weihnachten in der Familie für immer bleiben werden. „Sie wissen schon – ihren Blick zu sehen, wenn sie am Weihnachtstag morgens aufwachen und denken, dass der Weihnachtsmann in der Nacht da gewesen ist“, sagt sie mit einem Lächeln.

Aber Saleem und Lubna erzählen auch von der breiteren Bevölkerung in Bethlehem, die zusammenkommt, um gemeinsam Weihnachten zu feiern, davon, dass der Krippenplatz bis in die letzte Ecke mit Palästinenserinnen und Palästinensern gefüllt ist, wenn der Stern oben auf dem Weihnachtsbaum vor der Geburtskirche Anfang Dezember angeknipst wird, und auch davon, dass Palästinenserinnen und Palästinenser über die Grenzen der Glaubenstraditionen hinweg zusammen feiern.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Der geschmückte Weihnachtsbaum auf dem Krippenplatz neben der Geburtskirche in Bethlehem. 

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„In Bethlehem wird Weihnachten nicht nur einmal gefeiert, sondern gleich drei Mal“, erzählt das Paar: im Dezember für die Westkirchen und zwei Mal im Januar für die verschiedenen orthodoxen Glaubenstraditionen.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Ein Stern leuchtet über brennenden Kerzen auf dem Boden der Grotte unter der Geburtskirche in Bethlehem an der vermuteten Geburtsstätte Jesu.

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„In unserer Kultur geht es immer um die Gemeinschaft“, erklärt Saleem.

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23. November 2022, Beit Sahur, Bethlehem, Palästina: Die fünfköpfige Familie bereitet bei sich zu Hause ein Abendessen vor.

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Bitterer Beigeschmack der militärischen Okkupation

Gleichzeitig sind die Auswirkungen der andauernden militärischen Okkupation des Westjordanlandes natürlich auch an Weihnachten spürbar.

Bethlehem ist von dem eigentlich nahegelegenen Jerusalem durch eine Betonmauer getrennt, die acht bis neun Meter in den Himmel ragt und das Land durchschneidet und die allen, die keinen Passierschein für einen konkreten Grund vorlegen können, den Zutritt versperrt.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Ein kleiner Junge und zwei Frauen am Checkpoint 300 in Bethlehem.

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Während Weihnachten in der Vergangenheit ein Anlass war, zu dem Palästinenserinnen und Palästinenser „Feiertags“-Passierscheine erhalten konnten, um im Rahmen ihrer Feiern auch nach Jerusalem kommen zu können, berichtet Saleem, dass dies seit Beginn der COVID-19-Pandemie Anfang 2020 nicht mehr geschehe.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Die Mauer, die die israelischen Behörden gebaut haben, um das Westjordanland abzuriegeln, schlängelt sich durch die Randbezirke von Bethlehem; sie trennt die Stadt von Jerusalem und versperrt dem palästinensischen Volk den Zugang zu Jerusalem.

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Ein Stückchen weiter die Straße entlang ist das Aida-Flüchtlingslager, das 1950 errichtet wurde, um palästinensische Flüchtlinge unterzubringen. Es ist ein weiteres Mahnmal für einen Krieg, der auch nach Jahrzehnten noch immer ungelöst ist.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Die zwei gemalten Engel scheinen den „Schlüssel der Rückkehr“ am Eingang zum Aida-Flüchtlingslager festzuhalten. Das Flüchtlingslager ist 1950 von UNRWA eingerichtet worden und befindet sich zwischen den Städten Bethlehem, Beit Dschala und Jerusalem. Als die palästinensischen Familien anfangs in das Flüchtlingslager kamen, nachdem sie aus ihren Häusern geflohen waren, brachten viele von ihnen ihre Hausschlüssel mit, weil sie dachten, sie würde kurze Zeit später wieder nach Hause zurückkehren.

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Und die Realität eines Lebens unter Besatzung hat natürlich auch Auswirkungen auf die Weihnachtsvorbereitungen der palästinensischen Christinnen und Christen.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Weihnachtsdekoration an einer Straße im Zentrum von Bethlehem mit den Sperranlagen im Hintergrund.

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„Wir feiern wirklich gerne Weihnachten“, erzählt Saleem, „aber in den letzten Jahren war es immer wieder so, dass wir wussten, dass wir als palästinensisches Volk zusammenkommen und Stellung beziehen müssen, wenn es um Weihnachten oder einen anderen Feiertag herum wichtige politische Ereignisse gegeben hat, auch wenn das bedeutete, dass die Feiern in Palästina abgesagt oder verschoben werden mussten. Wir können ja nicht feiern, wenn wir wissen, dass andere Menschen in diesem Land Leid erfahren.“

„Also bereiten wir uns auf Weihnachten vor, aber wissen nicht, ob wir es am Ende auch wirklich feiern können“, sagt er abschließend.

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23. November 2022, Bethlehem, Palästina: Die Sonne scheint durch den Zaun am Checkpoint 300 in Bethlehem, der Bethlehem und das Westjordanland von der Stadt Jerusalem trennt. 

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