Fünf Generalsekretäre der internationalen ökumenischen Organisationen ACT Alliance, Konferenz Europäischer Kirchen (KEK), Lutherischer Weltbund (LWB), Weltgemeinschaft der Reformierten Kirchen (WCRC) und Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) führten am 8. April, dem letzten Besuchstag des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Ökumenischen Zentrum in Genf, ein lebhaftes Gespräch mit führenden Persönlichkeiten der EKD.

„Eine der dringendsten Herausforderungen für uns ist die religiöse Intoleranz“, sagte John Nduna von ACT Alliance, einer Koalition von Kirchen und kirchennahen Organisationen, die in den Bereichen Entwicklungs- und Notfallhilfe arbeiten.

Als zweite Sorge nannte Nduna die Tatsache, dass „der humanitäre Raum überall in der Welt kleiner wird, sodass wir behindert werden, wenn wir versuchen, Menschen in Not mit unserer Hilfe zu erreichen“. Eine Partnerschaft zwischen den Dienstleistern ist von großer Bedeutung, weil einerseits der Dialog mit den Regierungen gefördert wird und es andererseits leichter wird, sich bei internationalen Organisationen, die damit beauftragt sind, die Bedingungen an den Brennpunkten der Welt zu verbessern, für eine Sache einzusetzen.

In Darfur, so fuhr er fort, „haben wir ausgezeichnete Ergebnisse bei der Zusammenarbeit mit Caritas“, dem global tätigen römisch-katholischen Hilfswerk, „erzielt“. „Wir stellen uns die Frage, wie wir auf anderen Gebieten das Gleiche erzielen können, und zwar sowohl im interreligiösen Bereich als auch in der ökumenischen Zusammenarbeit.“

„Alleine können wir nicht ökumenisch sein“, stimmte ihm Pastor Dr. Martin Junge vom LWB zu. Das gegenseitige Misstrauen muss überwunden werden, und das nicht nur unter den Kirchen oder Konfessionen innerhalb des Christentums, sondern auch unter den ökumenischen Organisationen, die im Wettbewerb miteinander zu stehen scheinen.

Der „polyzentrische Charakter der Gemeinschaft der Kirchen“ sollte als Stärke, nicht als Schwäche dargestellt werden, damit er die Grundlage der „Sprache des kontextübergreifenden Dialogs wird“ und es Personen mit sehr unterschiedlichem Hintergrund ermöglicht, sich zu treffen und „die Ökologie des Wissens“ (und nicht allein das „Wissen“) zu erforschen, die sich aus der wunderbaren Vielfalt der Menschheit ergibt.

Pastor Dr. Olav Fykse Tveit vom ÖRK äußerte die Idee, bei Begegnungen zwischen Kirchen, Hilfswerken, Staaten und Kulturen die Zusage einer gegenseitigen Unterstützung mit der Erwartung einer „gegenseitigen Rechenschaftspflicht“ zu verbinden. Derartige Partner, so sagte er, müssen nach einer gewissen „Einheit, die Substanz hat“ streben und nach neuen Modellen für Dialog und Zusammenarbeit suchen, die „viele unterschiedliche Akteure zusammenbringen“ werden.

Pfarrer Dr. Setri Nyomi von der WCRC dankte den Vertretern der EKD für ihre aktive Beteiligung an der ökumenischen Arbeit „sowohl im deutschen als auch im globalen Kontext“.

Nach seiner Sicht wird das Programm der Reformierten Kirchen in den kommenden Jahren von zwei Hauptanliegen bestimmt: Man will sich weiterhin für „die Förderung der sichtbaren Einheit der Kirche“ einsetzen und „die vielen Ungerechtigkeiten, die nicht nur die Menschen im globalen Süden, sondern Menschen überall erfahren“, thematisieren. Eine besondere Herausforderung für die WCRC ist der Aufruf, die Spaltungen innerhalb ihrer eigenen Konfessionsfamilie zu heilen.

Prof. Viorel Ionita von der KEK merkte an, dass sich die europäischen Kirchen aufgrund der Säkularisierung von Völkern, ja von einem ganzen Kontinent, der einst als christlich angesehen wurde, ganz spezifischen Problemen stellen müssen. Durch den Dialog zwischen den Kirchen findet KEK eine gemeinsame Basis mit der römisch-katholischen Kirche wie auch unter ihren eigenen Mitgliedern.

Ökumenische Einrichtungen wie die KEK sind dazu da, Kirchen in ihrer heutigen Berufung zu unterstützen, sich mit ihnen daran zu beteiligen, das Evangelium von Jesus Christus in manchmal feindlich gesinnte Gesellschaften zu tragen und bei europäischen politischen Einrichtungen als Fürsprecher für Kirchen und ihre Mitglieder aufzutreten. „Bei all diesen Dingen“, so sagte er abschließend, „beteiligt sich die EKD, da sie in Deutschland, in Europa und in der ganzen Welt eine wichtige Rolle spielt.“

Bischof Dr. Martin Schindehütte, der für die EKD-Hauptabteilung Ökumene und Auslandsarbeit verantwortlich ist, merkte an, dass „wir die gegenseitigen Einsichten brauchen, um unserem eigenen Kontext treu sein zu können“.

Es gebe, so sagte er, „komplexe Beziehungen und Verbindungen innerhalb der ökumenischen Bewegung“, und dennoch sei das Evangelium der Kern der christlichen Einheit und Tätigkeit. Dieses Fundament gebe uns die Kraft, Muster und Pläne zu erdenken, die den Kirchen dabei helfen, ihre Aktivitäten mit größerer Klarheit und deutlicherer Zielsetzung zu koordinieren.

Während des Besuchs der EKD wurde auch über die Pläne für das Jahr 2017 und die Feiern zum fünfhundertsten Jahrestag des Anschlags der 95 Thesen durch Martin Luther in Wittenberg, Deutschland gesprochen.

Alle Beteiligten äußerten sich begeistert zu diesem Projekt, wiesen jedoch darauf hin, dass dieses Ereignis weltweite Bedeutung hat, auch wenn es besonders viel Einfluss auf die religiöse, kulturelle und politische Geschichte Deutschlands hatte. Es ist ein Weltereignis. Es sollte Anzeichen einer Wechselwirkung zwischen „Wittenberg, 1517“ und der „Welt, 2017“ geben.

Der EKD-Ratsvorsitzende, Präses Dr. Nikolaus Schneider, dankte den Generalsekretären für ihre Gastfreundschaft und für ihre Meinungen. Ratsmitglied Tabea Dölker verlieh der Dankbarkeit der Besucher Ausdruck, indem sie eine Skulptur überreichte, die Martin Luther, den deutschen Reformator aus dem 16. Jahrhundert darstellt. Titel des Werks ist „Hier Stehe Ich...“, eine Anspielung auf Luthers Aussage vor dem Reichstag zu Worms, der 1521 stattfand.

„Hier Stehe Ich...“ ist eine Kreation des umstrittenen deutschen Künstlers Ottmar Hörl, die auf Johann Gottfried Schadows Lutherdenkmal aus dem frühen 19. Jahrhundert basiert, das auf dem Marktplatz der Lutherstadt Wittenberg steht. Von den 98 Zentimeter hohen Skulpturen wurden jeweils 217 Stück je Farbe in Schwarz, Blau, Grün und Rot produziert. Das Ökumenische Zentrum erhielt eine der schwarzen Statuen.

Weitere Informationen über den Besuch der EKD

Fotos von diesem Besuch in hoher Auflösung können kostenlos angefordert werden über http://photos.oikoumene.org