Ökumenischer Rat der Kirchen

EXEKUTIVAUSCHUSS

Bossey, Schweiz

7. - 12. Juni 2016

Doc. Nr. 12 (endgültig)

Öffentliche Erklärungen - Erklärungsentwürfe

„Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Kinder Gottes heissen." Matthäus 5,9

 

Der Ökumenische Rat der Kirchen engagiert sich seit langem für Frieden, Versöhnung, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der koreanischen Halbinsel. Besonders seit der 'Tozanso-Konsultation' im Jahre 1984 hat der ÖRK gemeinsam mit dem Nationalen Kirchenrat von [Süd]Korea (NCCK), dem Koreanischen Christenbund in Nordkorea (KCF), der Asiatischen Christlichen Konferenz (CCA) und mehreren anderen ökumenischen Partnern Begegnungen zwischen christlichen Gläubigen aus Nord- und Südkorea gefördert und angeregt, an denen auch Christinnen und Christen aus einer Vielfalt von Mitgliedskirchen weltweit beteiligt waren. Dieser ökumenische Weg gegenseitiger Besuche, zwischenkirchlicher Beziehungen, persönlicher Begegnungen, Gespräche und Kooperationen blieb auch in Zeiten großer Spannungen in der Region gangbar, als fast alle anderen derartigen Wege versperrt waren. Seit 2006 sind der ÖRK und der Direktor der Kommission der Kirchen für internationale Angelegenheiten für die Einberufung und Leitung des Ökumenischen Forums für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der koreanischen Halbinsel (EFK) zuständig. Es handelt sich hierbei um ein Netzwerk von Kirchen, nationalen und regionalen Kirchenräten, Missionseinrichtungen und kirchennahen Entwicklungsorganisationen. Das Forum unterstützt und koordiniert ökumenische Initiativen in diesen Bereichen.

Auf der Zehnten ÖRK-Vollversammlung in Busan, Südkorea, haben die Mitgliedskirchen vor dem Hintergrund sich verschärfender Konfrontationen und eines erhöhten Risikos eines katastrophalen Konflikts in der Region erneut ihre Unterstützung und ihr Engagement für weitere und intensivere ökumenischen Initiativen für Frieden, Versöhnung und Wiedervereinigung des geteilten koreanischen Volkes bekräftigt. Die Vollversammlung hat die koreanische Halbinsel als eine der wichtigsten Stationen auf der gemeinsamen ökumenischen Pilgerreise für Gerechtigkeit und Frieden bezeichnet.

Der ÖRK-Exekutivausschuss bekennt sich auf seiner Tagung vom 7. bis zum 12. Juni 2017 in Bossey, Schweiz zu den seit der Vollversammlung in Busan zur Erfüllung dieser Verpflichtungen ergriffenen zahlreichen Initiativen, darunter besonders:

  • die Konferenz von Bossey  vom 17.-19. Juni 2014 anlässlich des 30. Jahrestages der Tozanso-Konsultation. An dieser Konferenz nahmen Delegierte von 34 Kirchen und kirchennahen Organisationen aus 15 Ländern teil, darunter auch Abordnungen vom KCF in Nordkorea und dem NCCK aus Südkorea, um nach  neuen Wegen für Versöhnung und Frieden auf der Halbinsel zu suchen;
  • Besuch einer internationalen ökumenischen Delegation in Nordkorea vom 23.-30. Oktober 2015 mit 12 VertreterInnen von EFK-Mitgliedern und BeobachterInnen. Zu diesem Besuch gehörte ebenfalls eine formelle Tagung des EFK in Pjöngjang am 28. Oktober 2015 - ein historisches Ereignis, denn dies war das erste Mal, dass eine internationale ökumenische Versammlung dieser Art im Norden oder Süden der koreanischen Halbinsel mit Beteiligung sowohl Süd- als auch Nordkoreas einberufen werden konnte;
  • die Internationale Ökumenische Konferenz über einen Friedensvertrag für die koreanische Halbinsel, einberufen vom ÖRK in Hongkong vom 14.-16. November 2016 mit 58 Delegierten von Kirchen und kirchennahen Organisationen aus Nord- und Südkorea und 11 weiteren Ländern. Die Konferenz schlug vor, dass zukünftige ökumenische Initiativen für die koreanische Halbinsel konsequent und gezielt auf einen Friedensvertrag für die koreanische Halbinsel hinwirken sollen, der das Waffenstillstandsabkommen von 1953 ersetzt; und
  • das vor kurzem arrangierte Treffen des ÖRK-Generalsekretärs mit dem neu gewählten südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in in Seoul am 30. Mai 2017, auf dem die ökumenische Bewegung ihre Unterstützung und ihr Engagement für neue Initiativen angeboten hat, um den Dialog und die friedliche Koexistenz auf der koreanischen Halbinsel voranzubringen.

 

Der Exekutivausschuss begrüßt und unterstützt den Zweck und die Richtung dieser Initiativen; und:

  • Bekräftigt, dass in diesem komplexen und gefährlichen Kontext eine Konfrontation mit militärischen oder anderen Mitteln deutlich höhere Risiken für einen Konflikt  mit katastrophalen Folgen für alle Menschen auf der Halbinsel und in der Region beinhaltet als  Aussichten auf einen Prozess, der zum Frieden führt. Aus diesem Grund ist ein Paradigmenwechsel mit neuen Handlungsansätzen für die Lösung der geopolitischen Probleme in der Region dringend erforderlich. In dieser Hinsicht unterstützen wir nachdrücklich den neuen südkoreanischen Ministerpräsidenten Moon Jae-in in seiner Absicht, einen Dialog mit Nordkorea zu beginnen.
  • Appelliert dringend an alle an der gefährlich eskalierenden militärischen Konfrontation beteiligten Staaten in der Region, eine weitere Verschärfung des Konflikts zu vermeiden und statt dessen Initiativen zu verfolgen, um diese Spannungen zu verringern und um einen Weg für neue Dialoginitiativen zu finden. Besonders fordern wir den Verzicht sowohl auf die jährlich stattfindenden gemeinsamen Militärmanöver amerikanischer und südkoreanischer Truppen als auch auf weitere Raketen- und Nuklearwaffentests durch Nordkorea, damit sich ein solcher Weg für einen neuen Dialog finden lässt.
  • Fordert ebenfalls und wiederum als Versuch des Abbaus von Spannungen und der Förderung des Dialogs die Aufhebung der vor kurzem gegen Nordkorea verhängten rigorosen Wirtschaftssanktionen. Diese Sanktionen haben bisher keinerlei Wirkung als friedensfördernde Maßnahme gezeigt, sondern vielmehr erheblich zur Zunahme von Spannungen und zu Erhöhung des Konfliktrisikos in der Region beigetragen.
  • Fordert den ÖRK-Generalsekretär besonders im Licht der Ergebnisse der Konferenz von Hongkong im November 2016 und seines jüngsten Treffens mit dem südkoreanischen Präsidenten Moon Jae-in auf, mit weiteren ökumenischen Initiativen auf einen Friedensvertrag hinzuarbeiten, der das Waffenstillstandsabkommen aus dem Jahre 1953 ersetzt. Die Zehnte Vollversammlung hat erneut bekräftigt, dass ein solches Abkommen dringend erforderlich ist, um den Koreakrieg formell zu beenden, Spannungen zu verringern und das gegenseitige Vertrauen aufzubauen, um die derzeit noch vorhandenen Hindernisse auf dem Weg zu einer friedlichen Koexistenz und Menschenrechten für alle Menschen in Korea zu beseitigen.
  • Bekräftigt das beständige Engagement des ÖRK für die Menschenrechte und die Menschenwürde aller Menschen nicht nur in Nordkorea, sondern überall auf der Welt, und begrüßt deshalb den vor kurzem erfolgten Besuch der UN-Sonderberichterstatterin für Menschen mit Behinderungen, Frau Catalina Devandas-Aguilar, in Nordkorea vom 3.-8. Mai 2017. Es war der erste Besuch eines vom UN-Menschenrechtsrat benannten unabhängigen Experten in dem Land. Wir beten dafür, dass dieser Besuch zu einer konstruktiveren Auseinandersetzung mit Nordkorea über das Thema Menschenrechte führen möge und dass sich daraus konkrete Verbesserungen der Menschenrechtslage anstatt mehr Konfrontation und Konfliktrisiken ergeben.
  • Weist auf die Bedeutung einer Politik der Regierungen Nord- und Südkoreas hin, die Begegnungen, Meinungsaustausch und Dialog zwischen den Christinnen und Christen in Nord- und Südkorea nicht verhindert, sondern im Interesse innerkirchlicher Beziehungen und persönlicher Begegnungen unterstützt und so einen Beitrag zum Abbau von Spannungen und zur Eröffnung neuer Wege für den Dialog leistet.
  • Lädt gemäß dem Vorschlag der Zehnten Vollversammlung alle ÖRK-Mitgliedskirchen und ökumenischen Partner auf der Welt zusammen mit Menschen christlichen Glaubens sowohl in Nord- als auch in Südkorea am Sonntag, 13. August 2017 und jedes Jahr am Sonntag vor dem 15. August zu einem gemeinsamen Gebetssonntag für die friedliche Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel ein.