Rassismus wurde schon auf der Weltmissionskonferenz in Edinburgh 1910 ausdrücklich erwähnt und ist seitdem ein Thema für die ökumenische Bewegung. Seit 1968, seit 34 Jahren also, liegt ein programmatischer Schwerpunkt auf dem Thema Rassismus. Damals sprach sich die Vierte Vollversammlung des ÖRK entschieden gegen die Geißel des Rassismus aus und leitete damit das Programm zur Bekämpfung des Rassismus (PCR) in die Wege. Seit dieser Zeit spielt der ÖRK eine wichtige Rolle in der internationalen Antirassismusbewegung; er erklärt sich solidarisch mit Tausenden von indigenen und rassisch oder ethnisch unterdrückten Gemeinschaften und Organisationen fast überall auf der Welt und mit denen, die sie unterstützen; darüber hinaus leistet er ihnen finanzielle und andere Hilfe.

Seit dem Ende des Apartheidregimes in Südafrika widmen sich das PCR und andere Antirassismusprogramme stärker der Notwendigkeit, für die Rechte der indigenen Völker und der rassisch und ethnisch unterdrückten Minderheiten weltweit einzutreten. Die Zusammenhänge zwischen Rassen-, Geschlechts- und Klassendiskriminierung waren schon im PCR-Arbeitsschwerpunkt Frauen anerkannt worden; nun rückten die Diskriminierung von Kasten und die Situation der Dalits in den Vordergrund. Diese Themen spielten eine große Rolle im Auftrag des ÖRK, sich für Gerechtigkeit zwischen den Rassen einzusetzen, der in enger Partnerschaft mit den Mitgliedskirchen und ihren Programmen für Rassengerechtigkeit entstand.

Nach wie vor ist Rassismus ein ungeheuerlicher Skandal in den meisten Gesellschaften. Das gemeinsame Verständnis und die gemeinsame Vision der ÖRK-Mitgliedskirchen (CUV) umfasst auch die Verpflichtung, „sich nicht abbringen zu lassen von ihrem Urteil, dass jede Form von Rassismus, auch in ihrem eigenen Leben, unvereinbar ist mit dem Wort und Willen Gottes“ (CUV). Der Zentralausschuss des ÖRK wies auf seiner Tagung 1995 darauf hin, dass „der institutionalisierte Rassismus und die Ideologie des Rassismus in ihren schlimmsten Formen in den heutigen Gesellschaften genauso präsent sind wie vorher, und auch die Kirchen sind nach wie vor in höchstem Masse davon betroffen. Darüber hinaus führen die laufenden gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Entwicklungen zu neuen Formen von Rassismus“.

Leider gingen diese Schritte nicht einher mit einem neuen Engagement auf seiten der Mitgliedskirchen. Einige Kommentatoren meinten, das Thema Rassismus beschränke sich für die Kirchen nahezu ausschließlich auf ihre Unterstützung des Kampfes gegen die Apartheid in Südafrika. Die neue Herausforderung für die Kirchen bestehe darin, Rassismus in ihrer eigenen Mitte und in ihrer eigenen Gesellschaften wahrzunehmen und außerdem andere Formen der Diskriminierung zu bekämpfen, die eng mit Rassismus und rassischer Diskriminierung verbunden sind und die die Situation der Opfer noch verschlimmern. Vor dieser Herausforderung stehen wir auch heute. Den Kampf gegen die Geißel des Rassismus fortzusetzen ist immer noch ein Muss.

Nicht erst heute gilt der Aufruf von Menschen, die sich für Gerechtigkeit zwischen Völkern und Rassen einsetzen, auch den Kirchen. Es ist ein Aufruf an die Kirchen, ihre Fürsprache und ihre konkrete Solidarität fortzusetzen. Es ist ein Aufruf zu einem größeren Engagement der Kirchen, sich mit dem eigenen Rassismus auseinander zu setzen, nicht nur mit dem Rassismus der anderen. Es ist ein Aufruf an die Kirchen, sich – heute, in der Gegenwart – der eigenen Vergangenheit zu stellen, sich das Verhältnis zu den eigenen Mitmenschen – indigenen Völkern, Menschen afrikanischer Abstammung, ethnischen Minderheiten, Dalits – anzusehen und nicht nur auf den Rassismus der anderen zu zeigen. Es ist ein Aufruf an die Kirchen, darüber nachzudenken, was es für sie als Kirche bedeutet, Rassismus zu überwinden, und sich bewusst zu werden, dass die Zeit der „transformativen Gerechtigkeit“ gekommen ist.

Kirchesein heute erfordert bewusstes, konsequentes und kontinuierliches Handeln im Kampf für Gerechtigkeit zwischen den Rassen. Kirchesein heute erfordert den Versuch, Rassismus zu überwinden durch Maßnahmen, die die Gesellschaft und ihre Strukturen der Macht und der Ausgrenzung transformieren. Kirchesein heute bedeutet eine Wandlung zu kirchlichen Gemeinschaften, die die Vielfalt ihrer Völker und Kulturen leben als klares Zeichen dafür, wie sich Gottes Schöpfung und Gottes Ebenbild in der Menschheit widerspiegeln. Kirchesein heute ist ein Aufruf an die Kirchen, sich mit hohem Kostenaufwand für die Überwindung der Schranken zwischen den eigenen Rassen und Völkern einzusetzen. Kirchesein heute bedeutet, den Rassismus zu überwinden und gerechte Beziehungen zwischen den Menschen in der Kirche selbst wiederherzustellen: zwischen Frauen und Männern, zu indigenen Völkern, Afrikanern und Menschen afrikanischen Ursprungs, zu Dalits und ethnischen Minderheiten. Es bedeutet, dass Kirchen sich der Tatsache der manchmal tödlichen Ungerechtigkeiten stellen, die sie selbst in der Vergangenheit gegen rassisch und ethnisch unterdrückte Völker begangen haben, und dass sie ihre eigenen Taten des ökologischen Rassismus anerkennen. Es bedeutet, die Wahrheit über die Realitäten des Rassismus zu suchen und auszusprechen, die sich in der Assimilationspolitik, den Mythen der Überlegenheit, der Missachtung der Vielfalt der Kulturen und Identitäten, der Missachtung der Schöpfung zeigen. Kirchesein heute bedeutet, heilende Gemeinschaften zu sein, die sich von dem Leben, den Gaben und dem Mut der eigenen Menschen verwandeln lässt, und die Verbundenheit allen Lebens wahrt.

Dies sind einige der Herausforderungen, die die Ökumenische Studie über Rassismus zurück an die Kirchen gibt. Wir werden uns auf den nächsten Seiten mit diesen Herausforderungen befassen.

Als Teil der Ökumenischen Studie über Rassismus ist dieses Dokument als Diskussionsgrundlage für Kirchen gedacht, die Rassismus durch transformative Gerechtigkeit überwinden wollen. Bei einer Plenumsdiskussion über Rassismus und transformative Gerechtigkeit auf der Tagung des ÖRK-Zentralausschusses soll diese Debatte vertieft werden; dabei sollen Überlegungen zu den theologischen, ekklesiologischen und ethischen Dimensionen der Arbeit für Gerechtigkeit zwischen den Rassen und gegen Gewalt vertieft werden.

Eine kurze Einführung über den Prozess, der zur UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz (WCAR) im Jahre 2001 führte, bildet den Kontext für eine Diskussion über transformative Gerechtigkeit. Nach einigen Anmerkungen über die Wiedergutmachung folgt ein Abschnitt „Rassismus als Sünde: ein Blick zurück“; dies ist eine überarbeitete Fassung des gleichnamigen Abschnitts aus dem Buch „Rassismus heute verstehen: ein Dossier“ (siehe Hintergrunddokumente).

Bei der Analyse der sozialen, politischen und ökonomischen Entwicklungen, die neue Formen des Rassismus erzeugen, konnten eindeutige Beziehungen zwischen Fragen der Rassengerechtigkeit und Wirtschaft, Migration, Umweltproblemen und den Medien aufgezeigt werden. Diese werden in einem der Aufsätze der Ökumenischen Studie über Rassismus behandelt (siehe das Hintergrunddokument „Rassismus heute verstehen: ein Dossier“).

Aber erst die Vorbereitung auf die UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz (WCAR) in Durban, Südafrika, im Jahre 2001 stellte die Diskussion über Wiedergutmachung und Entschädigung für vergangene und gegenwärtige Untaten wie Sklavenhandel, Sklaverei und Kolonialismus auf dramatische Weise in den Mittelpunkt. In Artikel 13 der von der Zwischenstaatlichen Konferenz angenommenen Erklärung heisst es:

13. Wir erkennen an, dass die Sklaverei und der Sklavenhandel, namentlich der transatlantische Sklavenhandel, furchtbare Tragödien in der Geschichte der Menschheit waren, nicht nur wegen ihrer entsetzlichen Barbarei, sondern auch wegen ihres Ausmaßes, ihres organisierten Charakters und insbesondere der Aberkennung des Menschseins der Opfer, und erkennen ferner an, dass Sklaverei und Sklavenhandel ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind und zu allen Zeiten als solches hätten gelten sollen, insbesondere der transatlantische Sklavenhandel, und dass sie zu den Hauptursachen und -erscheinungsformen des Rassismus, der Rassendiskriminierung, der Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz zählen und dass Afrikaner und Menschen afrikanischer Abstammung, Asiaten und Menschen asiatischer Abstammung sowie indigene Völker Opfer dieser Handlungen waren und nach wie vor Opfer ihrer Folgen sind.

Erklärung der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz (WCAR), 2001.

Mehrere andere Artikel in der Erklärung sind Ausdruck dieser scharfen Verurteilung. In Artikel 99 und 100 wird das „tiefste Bedauern“ darüber ausgedrückt, dass „Sklaverei, Sklavenhandel, der transatlantische Sklavenhandel, Apartheid, Kolonialismus und Völkermord Millionen von Männern, Frauen und Kindern schwerstes Leid und tragisches Elend angetan haben“. Die Staaten werden dazu aufgefordert, „den Opfern der Tragödien der Vergangenheit ein ehrendes Andenken zu bewahren“, und es wird bekräftigt, „dass diese Tragödien verurteilt werden müssen, wo und wann immer sie aufgetreten sind, und dass ihr erneutes Auftreten verhütet werden muss“. Ferner wird in der Erklärung erwähnt, dass einige Staaten sich aus eigenem Antrieb entschuldigt und gegebenenfalls Reparationszahlungen für schwerwiegende Vergehen geleistet haben. Ibid. Diese und weitere Inhalte der Erklärung und des Aktionsprogramm wurden durch schwierige und herausfordernde Diskussionen vor, während und nach der Weltkonferenz erreicht. Vielleicht gingen sie nicht so weit, wie einige Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (einschließlich der Kirchen) und die Zivilgesellschaft das gerne gesehen hätten. Doch allein die Tatsache, dass diese Anliegen – bei denen es für Millionen von Menschen um Leben oder Tod geht – klar ausgesprochen werden, ist ein großer Durchbruch. Völker und Regierungen werden weitere Maßnahmen der Fürsprache ergreifen, um die Debatte darüber voranzubringen, wie man diese Untaten aus Vergangenheit und Gegenwart wirksamer wiedergutmachen, ausgleichen und Entschädigung dafür leisten kann. Die Weltkonferenz war mit Sicherheit ein Forum, auf dem viele Probleme unserer Zeit zur Sprache kamen: dass es eine wachsende Bereitschaft der Völker gibt, Wahrheiten auszusprechen sowie vergangenes und gegenwärtiges Unrecht anzuerkennen, Straflosigkeit in Frage zu stellen und zu heilenden Beziehungen und Versöhnungsprozessen aufzurufen. In der Wahrheits- und Versöhnungskommission hat sich Südafrika mit diesen Problemen auseinandergesetzt. Auch andere Länder, wie Australien und Aotearoa-Neuseeland, haben dies getan. Kirchen sind sich dieser Herausforderungen, die Auswirkungen auf ihr Leben haben, bewusst.

Für die Zwecke dieses Aufsatzes wurde der Begriff „transformative Gerechtigkeit“ geprägt, um die hier dargestellten Konzepte und Probleme zu beschreiben. Der Begriff wurde aus dem Konzept der „wiedergutmachenden Gerechtigkeit“ abgeleitet. Wiedergutmachende Gerechtigkeit bedeutet „Wiedergutmachung an den Opfern, ein stärker opferzentriertes System, aber auch die Täter und die Gemeinschaft wieder gut machen. (...)“ (BRAITHWAITE, JOHN, Restorative Justice and a Better Future, Australian National University, 1996, in Restorative Justice Selected Readings, World Council of Churches, International Relations Team, S. 4)  Der Begriff nimmt auf die Konzepte und Auffassungen von Verbrechen und Gerechtigkeit in Strafjustizsystemen Bezug, insbesondere auf das Konzept der ‚vergeltenden Gerechtigkeit‘.

In den „Grundlegenden Konzepten der wiedergutmachenden Gerechtigkeit“, die von Howard Zehr (Eastern Mennonite University, USA) und Harry Mika (Central Michigan University, USA) vorgelegt wurden, heißt es, dass „ein Verbrechen in erster Linie eine Verletzung von Menschen und zwischenmenschlichen Beziehungen ist. In diesem Fall haben die Opfer und die Gemeinschaft Schaden genommen und bedürfen der Wiedergutmachung. Die primären Opfer sind die am stärksten von dem Verbrechen Betroffenen, aber andere, wie Familienmitglieder von Opfern sowie Täter, Zeugen und Mitglieder der betroffenen Gemeinschaft, sind auch Opfer. (...) Opfer, Täter und die betroffenen Gemeinschaften sind im Hinblick auf die Gerechtigkeit die wichtigsten Beteiligten“. (KEHR, Howard und MIKA, Harry, „Fundamental Concepts of Restorative Justice“, in Restorative Justice Selected Readings, op. cit., S. 1.) Wiedergutmachende Gerechtigkeit ist ein Prozess, durch den die Ganzheit der Gemeinschaft gewahrt wird.

Als wir uns zum ersten Mal mit dem Thema der wiedergutmachenden Gerechtigkeit aus dem Blickwinkel der rassischen und ethnischen Gerechtigkeit befassten, verwendeten wir den Begriff „wiedergutmachend-transformative“ Gerechtigkeit. Aber bei der näheren Ausführung, was dies eigentlich bedeutet, schien es uns, dass eine Beibehaltung beider Begriffe doppeldeutig wäre. Auch wenn wir die Werte der Bewegung für wiedergutmachende Gerechtigkeit, die direkt oder indirekt in diesen Aufsatz eingegangen sind, bejahen, schien uns die Option für „transformative Gerechtigkeit“ zweckdienlicher zu sein.

Im Kontext der rassischen und ethnischen Gerechtigkeit können Kirchen, Regierungen, die Zivilgesellschaft, Opfer oder Täter nicht wiedergutmachen – wiederherstellen, zurückgeben oder –bringen –, was verloren gegangen ist. Jahrhunderte des Rassismus, der Rassendiskriminierung und des Sexismus können nicht ungeschehen gemacht werden – weder historisch, gemeinschaftlich noch individuell. Leben und Kultur der Völker, Sprachen, Lebensweisen, Liturgien und Spiritualität können nicht wieder das werden, was sie einmal waren. Bei der transformativen Gerechtigkeit geht es um die Vergangenheit in der Gegenwart. Ihr Ziel ist die Überwindung des Rassismus, die Heilung, Versöhnung und Wiederherstellung („die Dinge wieder in Ordnung bringen“) menschlicher Beziehungen mit einem besonderen Akzent auf Gerechtigkeit für rassisch und ethnisch unterdrückte Völker.

Kirchen als Gemeinschaften der transformativen Gerechtigkeit

Auch wenn wir die transzendente Wirklichkeit der Kirche bejahen, erkennen wir doch, dass die Kirche in ihrer empirischen Manifestation noch nicht vollkommen das ist, was sie in Gott ist. In diesem Sinne können wir sagen, dass die Kirche als historische Institution selbst einen von Gott angeleiteten Prozess der „moralischen Bildung“ durchläuft, einen Prozess, der andauern wird, bis Gottes vollkommene Herrschaft anbricht. Dadurch werden geistliche und moralische Bildung und Erkenntnis immer Aufgaben für Kirche und Mission sein. Dies bedeutet einmal mehr: im eigenen Kampf der Kirche für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung geht es um das Wesen, das ‚Esse‘ der Kirche.

BEST, Thomas und ROBRA, Martin, Hrsg., Ecclesiology and Ethics: Ecumenical Ethics Engagement, Moral Formation and the Nature of the Church, WCC Publications, Geneva, 1997, S. 47.

Die Kirche als historische Institution ist auf dem Weg zur Fülle der Gemeinschaft der Kinder Gottes. Die Vision, die uns leitet – die Vision einer von Rassismus befreiten Kirche und Welt, die Vision gerechter und intergrativer Gemeinschaften – lenkt uns dahin, wo wir vollkommen gewandelte Kinder, Kirche, Volk und Schöpfung Gottes sind. „Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene.“ (Römer 12,2)

Transformative Gerechtigkeit als Vision, die den Aufbau wahrhaft integrtivr und gerechter Gemeinschaften lenkt, verlangt Metanoia. Dazu gehört, dass wir unsere Einstellungen, unsere Denk- und Lebensweisen verändern, neu orientieren. In den Worten von Wanda Deifelt:

Metanoia - Umkehr - zwingt uns, den Zwiespalt menschlicher Existenz auszuhalten: Wir sind Heilige und Sünder zugleich. Wir sind zu Güte, Großzügigkeit und Liebe fähig, aber auch zum Bösen, zu Egoismus und Haß. In dieser Dichotomie erliegen wir leicht der Versuchung der Selbsterhaltung und der Beibehaltung des Status quo. Wir vergessen es, mutig zu wagen. Es verblüfft zu sehen, wie wir uns als Christen den Regeln dieser Welt unterwerfen. Das leidenschaftliche Engagement für Gerechtigkeit, die Bereitschaft, Risiken einzugehen und gerechtere Beziehungen aufzubauen, sind lange Zeit ins Hintertreffen geraten.

DEIFELT, Wanda, „Metanoia“, Beitrag zur Beratenden Plenarsitzung zum Vollversammlungsthema: Kehrt um zu Gott – seid fröhlich in Hoffnung! (Vollversammlung 1998, Dokument TH 2, S. 1)

Transformative Gerechtigkeit ruft uns dazu auf, diese Zwiespältigkeit der menschlichen Existenz zu überwinden. Zu glauben und als Heilige zu handeln. Täglich und umfassend unsere Fähigkeit zur Gütigkeit, Großzügigkeit und Liebe zu erproben. Sich in vollkommen neuer Weise nicht den Maßstäben dieser Welt anzupassen, sondern im Gegenteil geplant, konsequent und kontinuierlich gegen den Rassismus zu handeln. Transformative Gerechtigkeit bedeutet, die Leidenschaft für Gerechtigkeit zwischen den Rassen neu aufleben zu lassen, Risiken einzugehen und egalitärere Beziehungen untereinander einzuüben. Es bedeutet ein verändertes Verständnis, veränderte Verfahrensweisen, Handlungen und Strukturen der Kirchen und innerhalb der Kirchen, ebenso aber auch der Gesellschaft und innerhalb der Gesellschaft.

In seinem Artikel „Truth as a trigger for transformation: from apartheid to transformational justice“ [Wahrheit als Auslöser zur Transformation: Von der Apartheid zur transformativen Gerechtigkeit] vermittelt Willie Esterhuyse nützliche Erkenntnisse über die Transformation, die sehr gut zu den Zielen dieses Aufsatzes passen. Er erwähnt die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels – einer Änderung von Einstellungen, die notwendig ist, wenn radikale Veränderungen eintreten sollen. (ESTERHUYSE, Willie, Truth as a trigger for transformation: from apartheid to transformational justice, 2000, S. 149. In Looking Back Reaching Forward: Reflections on the Truth and Reconciliation Commission of South Africa, VILLA-VICENCIO, Charles und VERWOERD, Wilhelm, Hrsg., University of Cape Town und ZED Books, London.)  Transformative Gerechtigkeit bedeutet einen Paradigmenwechsel, durch den Strukturen, Kultur und bestimmende Werte verändert oder transformiert werden.

Transformative Gerechtigkeit mit dem Akzent auf Gerechtigkeit für rassisch und ethnisch unterdrückte Völker und die gesamte Schöpfung sollte in spezifischen Kontexten und Gemeinschaften verwurzelt sein. Die gesamte Gemeinschaft sollte die Entscheidungen darüber treffen, wie man die Realität der Kirchen und Gemeinschaften so transformieren kann, dass sie tatsächlich zu Kirchen und Gemeinschaften vieler Rassen und Völker werden, und wie man gerechte Beziehungen wiederherstellen kann, ohne die Beziehung zur Schöpfung zu vernachlässigen. Die Gemeinschaft des Lebens in ihrer wechselseitigen Verbundenheit gehört zum Prozess der transformativen Gerechtigkeit.

Die Menschen, die die Ungerechtigkeit des Rassismus am eigenen Leib erlebt haben, sollten die wichtigsten Akteure sein, wenn es darum geht zu definieren, was Gerechtigkeit bedeutet und wie ihrer Meinung nach Gerechtigkeit erreicht werden könnte. Opfer und/oder ihre Nachkommen sollten angemessene Reaktionen von den Gemeinschaften der transformativen Gerechtigkeit definieren, benennen und anleiten. Ein opferzentrierter Ansatz ist wesentlicher Bestandteil unseres Konzepts von Gerechtigkeit. Das bedeutet, dass auch die Schöpfung ein Opfer rassistischer Politik ist. Eindeutig zeigt sich dies an der Erfahrung rassisch und ethnisch unterdrückter Völker und der Zerstörung und Ausbeutung der Umwelt, die die unverzichtbare Lebensgrundlage dieser Völker war. Auch die Schöpfung muss Gerechtigkeit erfahren. Dieses Verständnis bejaht die unteilbare Gemeinschaft des miteinander verbundenen Lebens. Eine Gemeinschaft zu transformieren bedeutet also, sich gemeinsam für Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung in einem Prozess der transformativen Gerechtigkeit einzusetzen.
Kirchen müssen in ihrem Kampf für Gerechtigkeit zwischen den Rassen anerkennen, dass Rassismus Völker, die Bewahrung der Schöpfung und zwischenmenschliche Beziehungen verletzt. Wo es Rassismus gab oder gibt, sind Opfer und die kirchliche Gemeinschaft verletzt worden und bedürfen der Heilung und Solidarität. Das bedeutet: diejenigen in der Gemeinschaft, die das Verbrechen und die Sünde des Rassismus begangen haben, oder ihre Nachkommen sollten mit Hilfe der Gemeinschaft insgesamt einsehen, welchen Schaden der Rassismus den Opfern – den Völkern und der Umwelt, in Vergangenheit und Gegenwart – zugefügt hat, und sollten dafür Verantwortung übernehmen. Ein Element dieser Verantwortung ist das Schuldbekenntnis, die Bitte um Entschuldigung und Vergebung.

Kirchen als Gemeinschaften der transformativen Gerechtigkeit sind zum Bekenntnis aufgerufen, wenn die Kirche „wissentlich oder unwissentlich Einstellungen duldet, die das Fortbestehen von Ungerechtigkeit fördern oder die Wurzeln der Ungerechtigkeit verschleiern. Manchmal wird die Kirche entdecken, dass ihre eigenen Prozesse des ethischen Urteilens und der moralischen Entwicklung durch solche Faktoren verzerrt worden sind.“ BEST und ROBRA, op. cit., S. 41. Dies ist eine Tatsache, wenn man die Gerechtigkeit gegenüber Rassen, Völkern, Kasten, Geschlechtern und Umwelt betrachtet. Ein Beispiel für die Ungerechtigkeit gegenüber Rassen und Völkern ist die Erfahrung, die die Holländisch-Reformierte Kirche in Südafrika bei ihrer Duldung der Apartheid machte.

Schuldbekenntnis, Bitte um Entschuldigung und Vergebung sollten nicht nur als gemeinschaftliche Handlung der Kirche insgesamt, sondern auch als individuelle Handlung angesehen werden. Transformation ganzer Gemeinschaften bedeutet auch die Transformation von Individuen. Dies erfordert die ernsthafte Selbstverpflichtung aller, auf einer vielleicht langen und schmerzhaften Reise zusammenzuhalten.

Aus der Erfahrung derer, die sich auf die Reise der Heilung von der Sünde des Rassismus begeben haben, lernen wir, dass Wut, Schmerz und Leiden unvermeidlich sind. Besonders dann, wenn Gemeinschaften die Augen nicht mehr vor der Wahrheit verschließen und Wege finden müssen, wie sie mit dieser Erkenntnis leben können (siehe die Erfahrung der Vereinigten Kirche von Kanada weiter unten). Doch Wahrheit bedeutet Heilung für Opfer und Täter. Wahrheit bedeutet Heilung der Individuen wie auch der Gemeinschaft und ihres Lebens als Institution. Dass Individuen und Institutionen die Wahrheit aussprechen, gehört zu unserem Konzept von Gerechtigkeit.

Eine Reise der Integration und Beteiligung heißt, dass eine engagierte Gemeinschaft Wege finden muss, diejenigen, die sich gegen eine Veränderung und Beteiligung wehren, „an den Tisch bringen“ oder „zurück an den Tisch bringen“ muss. Um der ganzen Gemeinschaft willen muss jede Art der Ausgrenzung – auch die Selbstausgrenzung – überwunden werden.

Wenn nun diejenigen, die die Sünde des Rassismus begangen haben, und die Kirche insgesamt dazu aufgerufen sind, ihre Schuld zu bekennen und um Entschuldigung und Vergebung zu bitten, so ist es die Pflicht der Opfer, die Schuldbekenntnisse und Entschuldigungen zu akzeptieren (oder nicht) und Vergebung zu gewähren. Dieser Aspekt ist sehr wichtig für den Weg der transformativen Gerechtigkeit, insbesondere für uns als Kirchen und Glaubensgemeinschaften. Vergebung kann das Tor öffnen für alle Schritte, die auf dem Weg noch gegangen werden müssen. Ein Schritt zur Bereinigung der Ungerechtigkeiten und Schäden, die der Rassismus verursacht hat, ist die Wiedergutmachung und Entschädigung als moralische Verpflichtung.

Gerechtigkeit sollte das Gleichgewicht der Beziehungen und das Gleichgewicht der Macht wiederherstellen. Dies ist ein Teil des Prozesses der Wiedergutmachung an den Opfern durch die Täter, wobei auch die Institution Kirche der Täter sein kann. Die Kirchen haben die Verantwortung und Notwendigkeit, sich für die Beseitigung der Ungerechtigkeit und für die Neudefinition von Machtsystemen und –beziehungen einzusetzen, so dass diese nicht mehr rassistisch, kolonialistisch, paternalistisch und/oder patriarchalisch sind. Darin besteht die Herausforderung, wenn es um die Überwindung des institutionellen Rassismus geht.

In einer Gemeinschaft der transformativen Gerechtigkeit sind diejenigen, die das Unrecht erlitten haben, auch die, die die Glaubwürdigkeit und Berechtigung haben, den Zeitpunkt zu bestimmen, an dem Gerechtigkeit zwischen Rassen, Völkern, Geschlechtern und gegenüber der Umwelt hergestellt worden ist. Dies kann bedeuten, dass die Beziehung zwischen Opfern und Tätern eine der gegenseitigen Achtung ist und zu einem Gleichgewicht nicht nur in wirtschaftlicher oder sozialer Hinsicht führt, sondern einem Gleichgewicht als Kinder Gottes, als gleichberechtigte Mitglieder einer durch Gerechtigkeit transformierten Gemeinschaft. Es kann bedeuten, dass Völker Heilung und Solidarität erfahren haben, sich als Gemeinschaft und als Individuen wert fühlen und ihre Kraft und Würde wieder erlangt haben. Es könnte auch bedeuten, dass die Strukturen, die Kultur und die maßgeblichen Werte transformiert worden sind und so den Weg zur Überwindung des Rassismus widerspiegeln. Wahrscheinlich sind alle diese Elemente mehr oder weniger stark vorhanden. Die Gemeinschaften der transformativen Gerechtigkeit werden in der Lage sein, diesen Moment an den eigenen Früchten der Gerechtigkeit zu erkennen.

Transformative Gerechtigkeit hat Konsequenzen für den Weltkontext, insbesondere für die globale Wirtschafts(un)ordnung und für eine Vision der Welt als einer globalen Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft, in der die gesamte Schöpfung und die Völker tatsächlich zusammen gehören, ist auf globaler Ebene wesentlich schwieriger zu verwirklichen. Die gegenwärtige Globalisierungsdynamik der Ausgrenzung, Marginalisierung und Umweltzerstörung zeigt uns deutlich, dass wir nicht in einer globalen Gemeinschaft leben, und dies hat leider Auswirkungen auf die gesamte Schöpfung und auf lokale Gemeinschaften, deren Werte und Lebensweisen auch bedroht sind.

Die Zeit ist gekommen,
die Stunde der Wahrheit ist da...
Dies ist der KAIROS,
die Stunde der Gnade und der Möglichkeiten ...

Eine Herausforderung an die Kirchen, Das KAIROS-Dokument, EMW-Informationen, Nr. 64, Oktober 1985, S. 4

Die Erkenntnis, dass transformative Gerechtigkeit in spezifischen Kontexten verwurzelt sein muss, führte zu der Entscheidung, konkrete Erfahrungen als Grundlage für diesen Abschnitt heranzuziehen. Die Auswahl der Erfahrungen basierte auf zwei Kriterien. Das erste lautete, dass die Erfahrungen einen inhaltlichen Bezug zum Konzept der transformativen Gerechtigkeit haben sollten. Das zweite Kriterium war, dass die Erfahrungen einen Bezug zu Völkern haben sollten, die Partner des ÖRK im Kampf für Rassengerechtigkeit sind – indigene Völker, Nachkommen afrikanischer Völker und ethnische Minderheiten –, und so als Beispiel dafür dienen, wie sich Kirchen zu den Zielen dieses Aufsatzes verhalten. Wir hoffen, dass diese Erfahrungen als Anregung für weitere Erkenntnisse und Aktionen dienen können.

Drei der Erfahrungen haben gemeinsam, dass die betroffenen Kirchen sich bei den Völkern, denen sie Leid zugefügt haben, entschuldigt haben. Dies sind:
- die Vereinigte Kirche von Kanada (UCC): Entschuldigung bei den indianischen Ureinwohnern,
- die Lutherische Kirche von Norwegen: Entschuldigung bei den Roma,
- die Vereinigte Methodistische Kirche in den USA: Entschuldigung bei den indianischen Ureinwohnern; Entschuldigung für Akte des Rassismus, die zur Schaffung eigener schwarzer Konfessionen führten.
- Die vierte Erfahrung bezieht sich auf Südafrika. Sie betrifft nicht eine bestimmte Kirche, sondern soll einige der Herausforderungen aufzeigen, vor denen die Kirchen in Bezug auf den Rassismus stehen.

Dieser Abschnitt basiert inhaltlich auf: Justice and Reconciliation: The Legacy of Indian Residential Schools and the Journey Toward Reconciliation, a resource for congregations, The United Church of Canada, Division of Mission, 2001.

Die Geschichte der Beziehungen zwischen Europäern und den indianischen Ureinwohnern Kanadas war dadurch charakterisiert, dass zu verschiedenen Zeiten unterschiedliche Politik betrieben wurde. Etwa 200 Jahre lang (1500-1700) wurden einige Verträge zwischen beiden Seiten abgeschlossen, vor allem im Pelzhandel, der von besonderem Interesse für die Europäer war. Später waren es Beziehungen zwischen Herrschern und Beherrschten, bedingt zum größten Teil dadurch, dass das wirtschaftliche Interesse am Pelzhandel langsam zum Erliegen kam.

Im 19. Jahrhundert rückten neue Ressourcen wie Holz, Bodenschätze und Landwirtschaft in den Blickpunkt. Die neue europäische Besiedlung begann. Das Vordringen der Europäer auf  den Grund und Boden der Ureinwohner brachte ein hohes Maß an Zerstörung mit sich. Die Besiedlung hatte Krankheiten zur Folge, und viele Ureinwohner wurden in Ländereien umgesiedelt, die für ihre Lebens- oder Überlebensweise nicht geeignet waren. Die daraus entstehende Armut führte häufig zum Tod und daher zu einer drastischen Verringerung der  Zahl der Ureinwohner – von 500.000 vor der Ankunft der Europäer auf etwa 100.000 im Jahre 1871. (Ibid., S. 7.) Heute bestätigen kanadische Politiker, dass die Doktrin der Assimilation das wirksamste Mittel der Herrschaft war.

Diese Doktrin basierte auf vier Grundeinstellungen, die die Urvölker und ihre Kulturen entmenschlichten:

(...) dass sie minderwertige Völker waren; dass sie nicht in der Lage waren, sich selbst zu regieren, und dass die kanadischen Kolonialbehörden am besten wussten, wie ihre Interessen und ihr Wohl zu schützen seien; dass die besondere Beziehung der Achtung und des Miteinanderteilens, die in den Verträgen zum Ausdruck gekommen war, eine historische Besonderheit ohne aktuelle Bedeutung oder Kraft war; dass europäische Ideen über Fortschritt und Entwicklung selbstverständlich richtig waren und den Urvölkern aufgezwungen werden konnten, ohne Rücksicht zu nehmen auf andere Werte oder Einstellungen, die diese vielleicht hatten.

Royal Commission on Aboriginal Peoples, People to People, Nation to Nation, in Justice and Reconciliation, op. cit, S. 8.

Parallel dazu brachte die missionarische Arbeit der Kirchen, wie auch in anderen Teilen der Welt, mehr als nur das Evangelium nach Kanada: das Evangelium zu empfangen bedeutete, die westeuropäische Kultur anzunehmen. Weder die Urvölker noch die evangelischen Missionare waren in der Lage, das Evangelium von der westeuropäischen Kultur zu trennen. Indigene Völker erlebten ihre Spiritualität als Teil einer ganzheitlichen Lebensanschauung. Das Christentum wurde nicht heimisch. Es hätte nur dann heimisch werden können, wenn das Evangelium in die Kultur integriert worden wäre.

Je mehr Macht die weiße Gesellschaft und die kanadische Bundesregierung in die Hände bekamen, desto weniger Möglichkeiten hatten die Urvölker, sich das Christentum in einer für sie sinnvollen Weise zu eigen zu machen. Die Mission der Kirchen erfolgte unter der Voraussetzung, dass „Christianisierung“ und „Zivilisierung“ Synonyme seien. (Ibid., S. 9.) In einem 1991 verfassten Bericht über Internatsschulen kam eine von der Vereinigten Kirche von Kanada eingesetzte Arbeitsgruppe zu dem Schluss, man könne „ohne Übertreibung behaupten, dass die Kirche von den Urvölkern verlangte, sich dafür zu schämen, Urvölker zu sein, wenn sie sich dem christlichen Weg anschließen wollten.“ (Ibid., S. 14.) Die fraglose Voraussetzung der Überlegenheit der europäischen – und ebenso auch der nordamerikanischen – Kultur bedeutete eine völlige Missachtung der indigenen Völker und ihrer Jahrtausende alten Kulturen.

Verschiedene Strategien wurden angewandt, um die Doktrin der Assimilation durchzusetzen. Für die Kirchen unmittelbar relevant war die Strategie, Internatsschulen für Kinder als Instrumente der Assimilation einzurichten. Die Schulen und ihr Unterricht wurden zur Integration der Ureinwohner in die Gesellschaft und zur Zerstörung ihrer Kulturen instrumentalisiert – etwas, was man heute den Ethno-Genozid nennt.

Die kanadische Bundesregierung entschied sich für das System der Internatsschulen und übertrug den Kirchen die Aufgabe, die Schulen zu betreiben.

An vielen Internatsschulen für Indianer herrschten Sitten, wie sie an Internatsschulen der Zeit gebräuchlich waren: Uniformen, körperliche Arbeit der Schüler, Trennung von Geschwistern usw. Bei den Kindern der Ureinwohner hatte dies jedoch fatale Auswirkungen auf ihre Kultur und auf ihr Familienleben. Schlimmer noch, an unterfinanzierten Schulen waren die Kinder häufig hungrig. Alle Schulen waren streng, aber viele waren für die harte körperliche Zucht bekannt, die die Kinder hier erfuhren, darunter Schläge und Strafen in Gegenwart anderer Kinder. In den schlimmsten Fällen wurden die Kinder auch Opfer sexueller Gewalt. (Ibid.)

Hinter dem Engagement der Vereinigten Kirche an den Internatsschulen standen Interessen, die über den Missionsauftrag zur Verbreitung des Christentums hinausgingen. In ihrem Kampf für eine sinnvolle Mitwirkung gerade der Benachteiligten an der Gesellschaft engagierte sich die Vereinigte Kirche (ebenso wie die Methodistische Kirche) dafür, Kindern aus einkommensschwachen Familien, darunter Kindern der Ureinwohner, eine schulische Bildung zu vermitteln.

Viele miteinander zusammenhängende Faktoren machten die Internatsschulen zu einer leidvollen Erfahrung für Kinder von Ureinwohnern. So war die Finanzierung der Regierung, die die Schulen unterhielt, häufig unzureichend. Aufgrund der niedrigen Gehälter wurden daher geringer qualifizierte Lehrer und Verwalter eingestellt.

Infolge dessen nutzten einige Lehrer und Schulleiter die Situation der Internatsschulen aus, machten die indianische Kultur der Schüler lächerlich und gaben sich Mühe, alle Reste dieser Kultur auszumerzen. An manchen Schulen führte  dies zum Verbot, die indianische Muttersprache zu sprechen, mit den eigenen Geschwistern zu reden oder kleine liebgewonnene „Schätze“ von Zuhause mitzubringen. Schlimmer noch, es wurde ein Kanal geschaffen, durch den einzelne krankhafte Menschen ihre Macht über diese Jugendlichen ausnutzen konnten, was zu Fällen körperlichen und sexuellen Missbrauchs führte. (Ibid., S. 72.)

Im Herbst 2000 waren fast 500 gerichtliche Klagen gegen die Vereinigte Kirche anhängig. Diese stellen etwa 10% der gesamten in Bezug auf die Internatsschulen eingereichten Klagen dar. Einige davon machten die Kirche und die Regierung im Zusammenhang mit Anschuldigungen sexuellen und körperlichen Missbrauchs verantwortlich.

Neues Bewusstsein und neue Inititiativen

Das Jahr 1969 ist ein Meilenstein in der Geschichte des Widerstands der indianischen Ureinwohner. In diesem Jahr gab die kanadische Bundesregierung ein so genanntes Weißbuch zur Indianerpolitik heraus. In diesem Weißbuch wurde vorgeschlagen, das Indianergesetz aufzuheben und es durch „Gleichberechtigung“ zu ersetzen, was auch die Übertragung von Leistungen für indigene Völker an die Provinzen einschloss. Die Ureinwohner sahen diese von oben auferlegte Form der „Gleichberechtigung“ als Tod ihrer Identität als Gemeinschaft an, als Ende ihrer Existenz als Völker. Eine Bewegung der Urvölker, darunter mehr als 400 Häuptlinge, kam zusammen und versuchte, beim Parlament in Ottawa eine Ablehnung des Weißbuchs durchzusetzen. Schließlich wurde das Weißbuch 1970 unter der Regierung von Premierminister Trudeau zurückgenommen.

(Ureinwohner:) Gemeinsam mit den Inuit und Métis wurde den indianischen Ureinwohnern allmählich bewusst, welch immense Bedeutung ihr Überleben angesichts anhaltender Versuche, sie zu assimilieren, hatte. Sie begannen, ihren Kampf als Teil der weltweiten Menschenrechtsbewegung der indigenen Völker zu verstehen. Sie trugen nach und nach die juristischen Argumente für ihr Fortleben als Volk, als Indianer in Kanada, zusammen und machten sie öffentlich. (...) Der starke Widerstand der Ureinwohner gegen die mit dem Weißbuch ausgesprochene Einladung in die Mitte der Gesellschaft überraschte die Nicht-Ureinwohner. Die Frage, wer die Urvölker sind und wo ihr Platz in Kanada ist, wurde ein zentrales Thema für die nationale Diskussion.

Royal Commission, in Justice and Reconciliation, S. 12.

In den achtziger und frühen neunziger Jahren wurden sich die Nicht-Ureinwohner Kanadas mehr und mehr bewusst, welchen Einfluss die christliche Mission, wie sie an den Internatsschulen praktiziert wurde, auf das Leben der Urvölker hatte. Entscheidend für das Verhältnis der Kirche zu den Urvölkern wurde das Thema der zerbrochenen Beziehungen. (Ibid., S. 4.)

Wir sind Teil einer Kirche, die im Namen des Evangeliums an den Internatsschulen beteiligt war. Wir sind auch Teil einer Gesellschaft, die eine Politik der Abwertung der Kultur der Ureinwohner verfolgte und davon materiell profitierte. Als Menschen und als Kirche können wir auf dieses Erbe mit Leugnen oder Verteidigung reagieren, aber unser Glaube bietet uns auch eine andere Option – Heilung und eine neue Beziehung zu Gott und zu jenen, denen wir Unrecht getan haben, anzustreben. (Ibid., S. 21.)

Es gibt kein Patentrezept dafür, wie man Heilung, Versöhnung und eine neue Beziehung zu Gott und zu jenen, denen wir Unrecht getan haben, erreichen kann. In jeder Gesellschaft und Gemeinschaft muss der Weg dahin gemeinsam definiert werden. Er sollte alle Beteiligten – Opfer und Täter, Unterdrücker und Unterdrückte – einbeziehen. Er sollte das Tor zu einer wirklichen Gemeinschaft in der Zukunft öffnen.

Eine neue Art von Gemeinschaft bedeutet, wie bereits erwähnt, einen Paradigmenwechsel, einen radikalen Wandel: von Herz und Mentalität, von Theologien, Liturgien und Strukturen. Ohne solche Veränderungen könnten die alten Systeme in unseren Taten fortleben. Es ist ein kostspieliger Prozess.
Innerhalb der UCC haben die Ureinwohner und die anderen Bewohner Kanadas einen langfristig angelegten Prozess der Heilung und Versöhnung begonnen. Er umfasst drei Stadien: 1. Aussprache der Wahrheit, 2. Klage und Reue, 3. die Suche nach dem Geist. Die jüdische und christliche Tradition der Klage, seelsorgerliche Trauerarbeit und die Erfahrung der indianischen Heilungszirkel geben diesen Stadien Gestalt.1

1. Aussprechen der Wahrheit

Dazu gehört, dass man die Prämissen der Internatsschulen und der christlichen Mission benennt, zum Beispiel die angebliche Überlegenheit der europäischen Völker und Kulturen. Dies bedeutet eine Bereitschaft, Grundwerte zu hinterfragen. Es bedeutet zuzugeben, dass das, was wir glaubten, falsch ist und war, dass das, was wir für die Wahrheit hielten, vielleicht nur unsere Seite der Wahrheit war, aber nicht die ganze Wahrheit – denn Wahrheit setzt sich aus den Sichtweisen und den Wahrheiten aller Betroffenen zusammen. Es bedeutet, Rassismus zu benennen, wo immer er existiert.

Die Kirche hat in der Heiligen Schrift nach der Weisheit gesucht, die ihr dabei helfen könnte, ihre eigene Weise des Aussprechens der Wahrheit zu überdenken. Als Teil von Gottes Volk ist die Kirche dazu aufgerufen, der Versuchung zu widerstehen, nur von Erlösung und Gnade zu sprechen, ohne den tragischen Kontext von Verrat und Sünde, den sie geerbt hat, zu benennen. In diesem Licht ist sie dazu aufgerufen, ihre eigene Geschichte als Kirche  zu entdecken. Als Volk Gottes ist sie aufgerufen, beim Erzählen ihrer Geschichte kein falsches Zeugnis zu reden durch Leugnen, durch Vortäuschen von Unwissenheit oder durch Ausflüchte.

Im ethischen Kreis der Wahrheit in der Tradition der Ureinwohner wird Wahrheit als etwas verstanden, das es zu entdecken gilt, nicht als etwas, das sich postulieren, diskutieren oder beweisen ließe. In diesem Kreis teilt jede Person eine Perspektive der Wahrheit, die dazu beiträgt, ein größeres Bild von Wahrheit zu erstellen. Wahrheit kann man finden, wenn man die Weisheit der Älteren und der Vorfahren weiter erzählt. Geschichte ist in der Erinnerung der Menschen verankert. Teilt man Weisheit und Wahrheit miteinander in kleinen Kreisen der Gemeinsamkeit, so entsteht daraus die umfassendere Gemeinsamkeit der vergangenen und künftigen Generationen. Dieser kleine Kreis ist Teil der großen Gemeinsamkeit – des Kreises der gesamten Schöpfung.

Das Nachdenken darüber, auf welch verschiedene Weise Wahrheit ausgesprochen werden kann, half dabei, einige Leitlinien für das Zuhören festzulegen:
- Wir verpflichten uns, mehr zuzuhören als wir eigentlich wollen, mehr als leicht oder bequem ist.
- Wir hören viele Seiten und Versionen einer Geschichte, bis wir merken, dass daraus eine größere Geschichte entsteht.
- Wir bemühen uns darum, eine Geschichte nicht dazu zu benutzen, eine andere zu entkräften.

Das Aussprechen der Wahrheit bezieht sich nicht nur auf das, was in der Vergangenheit passiert ist. Es geht auch darum, wie die Vergangenheit im Leben der Völker fortlebt.

Viele Urvölker und andere haben die hohe Zahl von Kranken und Süchtigen, die hohe Selbstmordrate und die hohe Sterblichkeit insgesamt sowie den Zerfall von Familien und Gemeinschaft auf die Folgen des Besuchs der Internatsschulen zurückgeführt. Einige Überlebende und ihre Gemeinschaften haben die Kompetenzen verlernt, die sie brauchen, um gesund zu leben. Der Verlust der fürsorgenden Eltern, der Verlust der eigenen elterlichen Kompetenzen, der Identitätsverlust, das geringe Selbstwertgefühl, die Unfähigkeit zum eigenständigen Denken, das fehlende Zusammengehörigkeitsgefühl von Familien und Gemeinschaften, der Verlust von Sprache, Kultur und Selbstachtung und schließlich der Verlust der spirituellen Werte – all dies hat die Gemeinschaften ins Chaos geführt. (Ibid., S. 35.)

2. Klage und Reue

Der Wahrheit ins Auge zu sehen, ist keine leichte Aufgabe, weder für den Einzelnen noch für die Gemeinschaft insgesamt. Leugnung und Schuld könnten Versuchungen sein, die überwunden werden müssen, um nach vorne zu blicken. Klagen und lernen zu klagen sind Erfahrungen, die Betroffenen geholfen haben, über Leugnung und Schuld hinauszugehen. Die Gefühle von Verlust, Trauer, Leiden und gebrochenem Mut sind so überwältigend für die Urvölker, dass die einzige mitfühlende Antwort die Klage ist.

Der Heilungsprozess, den die UCC derzeit durchlebt, zielt darauf ab, der Kirche insgesamt und besonders den einzelnen Mitgliedern zu helfen, die Hürden zu überwinden, die sie daran hindern, Gerechtigkeit und Versöhnung zu erlangen. Zu diesem Zweck hat die Kirche den von Joanna Macy, einer Umwelt- und Friedensaktivistin, entwickelten Rahmen der „Verzweiflungsarbeit“, wie sie es nannte, weiterentwickelt. „(...) der erste Schritt von der Trauer zur Reue und Transformation [sollte] sein, dass wir uns selbst der Erfahrung von – vergangenem wie gegenwärtigem – Schmerz öffnen. Dann kommt ein Wendepunkt, an dem wir merken, dass die tiefste Quelle unseres Schmerzes und unserer Solidarität in der Verbundenheit und Solidarität mit den Leidtragenden liegt.“ (Ibid., S. 38.) Dieser Wendepunkt kann zu wirklicher Reue und Transformation hinführen.

In den protestantischen Kirchen hat die Klage normalerweise keinen besonderen Platz, aber in der Erfahrung der UCC ist die Klage ein integraler Bestandteil der Heilung, da man die Wahrheit des Geschehenen im Herzen verarbeiten muss. Klage ist eine biblische Antwort, eine Antwort des Glaubens.

Beim Umgang mit dem Erbe der Internatsschulen ist die Klage eine wichtige Reaktion, da a) manche Geschichten entsetzlich sind und man zu Recht davon überwältigt ist, b) Klage Gefühlen Ausdruck verleiht, die nicht schön und nett sind, und c) Trauer Teil des Heilungsprozesses ist. (Ibid.)
Reue und Umkehr sind ebenfalls wichtige Schritte im Heilungsprozess. Notwendig ist metanoia als biblisches Konzept, das bei dem Verständnis von Reue hilft, metanoia als eine Neuorientierung unserer Wahrnehmung, unserer Denk- und Lebensweise. Was muss sich bei mir persönlich ändern? „Was bedeutet Reue für die Institution Kirche, die in ihrer Mission davon ausging, dass Menschen ihren ‚Geist‘ aufgeben müssen, um ihre ‚Seele‘ zu retten?“

Metanoia verlangt die Abkehr

davon, dass man die Annahme der westlichen Kultur zu einer Vorbedingung für die Annahme des Evangeliums macht; die Abkehr von Rassismus und von der fraglos vorausgesetzten Überlegenheit der westlichen Kultur; von der Erwartung, dass die Kirche eine privilegierte Position im Staat einnimmt; von Hierarchie und Machtdominanz oder „Übermacht“; von der Überzeugung, dass die Kirche ein Monopol auf Wahrheit hätte, von der Überzeugung, dass Mission ein Auftrag sei, das Evangelium, so wie wir es definiert haben, zu Menschen ohne Evangelium zu bringen.
Warum sind Reue und Sinneswandel wichtig in Bezug auf das Erbe der Internatsschulen? Weil wir uns damit belasten, immer und ewig die falschen Dinge mit uns herumzutragen, weil wir an Dingen festhalten, die anderen und uns selbst Schmerzen bereiten, weil wir uns dem öffnen müssen, was ansteht – der tiefgreifenden Veränderung und der Wiedergeburt. (Ibid, S. 41.)

Auf dem Weg zu Gerechtigkeit und Versöhnung ruft uns die Reue zur Anerkennung, zum Schuldbekenntnis und zur Suche nach Wegen zur Sühne und Wiedergutmachung auf. „Auch wenn die Vergangenheit nicht ausgelöscht werden kann“, so Gregory Baum, „verlangt die Versöhnung einen Glaubenssprung, um einen Weg zu einer mit Leben erfüllten Zukunft neu zu definieren. Wer anderen Schmerzen zugefügt hat, wer direkt oder indirekt an Akten der Unterdrückung teilgenommen hat, muss den bösen Ursprung seiner Macht und seiner Vorrechte erkennen, bereuen und zur Wiedergutmachung bereit sein.“ (Ibid., S. 47. 3.)

3. Suche nach dem Geist

Wenn wir die beiden oben beschriebenen Prozesses leben, wenn wir den schmerzhaften Geschichten zuhören und uns durch sie hindurch arbeiten, gelangen wir an einen Ort der Leere, an dem wir wissen, dass nun Versöhnung erfolgen muss. An diesem Punkt weist Gott uns den Weg: „Wie können wir weiter gehen? Wohin wenden wir uns? Wir kehren um zu Gott. Wir müssen den Geist anrufen. Auch wenn der Geist schon im Aussprechen der Wahrheit, in der Klage und dem Schuldbekenntnis bei uns war, kommt nun der Punkt, an dem wir auf Gott warten müssen, anstelle zu handeln. Anstelle zu reden, müssen wir zuhören.“ (Ibid., S. 47.)

Umkehr zu Gott heißt, nach Wegen und Antworten zu suchen und so herauszufinden, mit welchen Taten wir auf der Grundlage der geistlichen Wahrheit die Dinge „in Ordnung bringen“ können. Es bedeutet, auf die göttliche Weisheit zu vertrauen und nicht allein auf unsere menschliche Weisheit, mit der wir etwas selbst erzwingen wollen. Es gibt kein Zauberrezept für Versöhnung. Versöhnung entwickelt sich als „Geheimnis und Gnade. Wir brauchen die Gaben des Geistes – Geduld, Demut, Mitleid, Sanftmut und Achtung – alles Dinge, die wir nicht selbst erzeugen können.“ (Ibid.)

Die spirituelle Weisheit der Urvölker hat die Erfahrung der Suche nach dem Geist herausgestellt durch ihre Einsicht, dass „die Verbindung zum Schöpfer möglich ist, indem man dem Kleinen, dem Einfachen, dem Alltäglichen Aufmerksamkeit schenkt. Die Anrufung des Geistes geschieht, wenn man Wasser holt, wenn man den Tisch deckt, wenn man eine Geschichte erzählt oder einem älteren Menschen mit Achtung begegnet. Wenn man ein ausgeglichenes Leben führt, ist man in Verbindung mit dem Geist des Schöpfers.“ (Ibid.)

Theologische Überlegungen über die Suche nach dem Geist (Die Seiten 47-48 des Dokuments Justice and Reconciliation enthalten weitere theologische Überlegungen zu diesem Thema, die auf 2. Kor 5,17-18 und Joh 3,1-8 basieren.) führten zu der Einsicht, dass nur Gottes Geist uns aus der Lähmung angesichts des furchtbaren Schmerzes – des Erbes der Internatsschulen – führen und stattdessen auf den Weg der Gerechtigkeit und Versöhnung bringen kann.

Die hier dargelegten Schritte charakterisieren den Prozess, den die Vereinigte Kirche von Kanada derzeit durchläuft. Als Teil dieses Prozesses hat die Kirche ihre Entschuldigung bei den Ureinwohnern deutlich zum Ausdruck gebracht. Im August 1986 hat sich der Vorsitzende der UCC im Namen der 31. Vollversammlung für die Zeit entschuldigt, in der die Kirche die Teilhabe am Evangelium Jesu Christi an die Annahme der europäischen Kultur knüpfte und gleichzeitig die Kulturen der Urvölker unterdrückte.

Der 36. Generalrat der UCC sprach 1997 von ihrer Reue angesichts der Rolle, die sie an den Internatsschulen gespielt hatte. Durch diese Erklärung war die Kirche verpflichtet, sich auf den Weg der Reue zu begeben. Im Jahre 1998 entschuldigte sich der Vorstand des Generalrats formell für die Mittäterschaft der Kirche an dem System. „Die Entschuldigung entstand aus dem Bewusstsein der gemeinsamen Sünde der Verantwortung für die Zeit, in der die Kirche an dem System beteiligt war. Verknüpft damit war die Unterlassungssünde in Bezug auf die Zeit, in der wir uns nicht gegen die nationale Politik und Praxis ausgesprochen haben, durch die das System der Internatsschulen entstand.“ (Ibid., S. 54.)

Der Prozess der Gerechtigkeit und Versöhnung wird auf lokaler Ebene verfolgt. Außerdem richtete der Generalrat 1994 einen „Heilungsfonds“ ein. Dies ist eine Aktion zur Geldbeschaffung und eine Bildungsinitiative, geschaffen als eine Möglichkeit für die Kirche, ihrer 1986 ausgesprochenen Entschuldigung an die Ureinwohner praktischen Ausdruck zu verleihen. Viele Heilungsprogramme in Gemeinschaften der Ureinwohner sind durch den Fonds unterstützt worden. Diese Programme werden durch die Ureinwohner selbst initiiert, geplant und durchgeführt.

Wir haben oben davon gesprochen, dass es eine wachsende Bereitschaft der Völker gibt, Wahrheiten auszusprechen sowie vergangenes und gegenwärtiges Unrecht anzuerkennen, Straflosigkeit in Frage zu stellen und zur Heilung von Beziehungen und zu Versöhnungsprozessen aufzurufen. Die Erfahrung der UCC ist Ausdruck dieser Realität. Sie zeigt ein großes und kostspieliges Engagement für die Wiederherstellung gerechter Beziehungen zu den Ureinwohnern. Die Betrachtung und die Analyse dieser lebendigen Erfahrungen haben bereits die Auffassungen davon beeinflusst, was Mission heute bedeutet und bedeuten sollte; sie bieten auch eine Antwort auf die Frage, wie radikale Wege des Umgangs mit Problemen der rassischen Gerechtigkeit aussehen können.

Neben der ausführlicheren Behandlung der Erfahrung der Vereinigten Kirche von Kanada möchten wir noch kurz einige aktuelle Beispiele für die Bemühungen um transformative Gerechtigkeit aus einer rassischen/ethnischen Perspektive vorstellen.

Was schon über die UCC und andere kanadische Kirchen gesagt wurde, gilt ebenso für die Mission der Vereinigten Methodistischen Kirche in den USA: Die „Christianisierung“ ging Hand in Hand mit der offensiven Einführung der westlichen Kultur, und die weiße europäische Kultur und ihre vorausgesetzte Überlegenheit bildeten die Grundlagen für die kirchliche Mission. Die Überzeugung von der eigenen Überlegenheit rechtfertigte den Rassismus und die Eroberung, die Versklavung und Evangelisation der Nichteuropäer.

Der Mythos der Überlegenheit lebt weiter in den Beziehungen der weißen Amerikaner europäischen Ursprungs nicht nur zu den indigenen Völkern und den Afroamerikanern, sondern auch zu anderen Einwanderern in die USA heute: Chinesen, Mexikanern, Puertoricanern, Kubanern, Hawaiianern, Filipinos, Jamaikanern und Haitianern. Diese Menschen bekommen schlechte Arbeitsplätze und unzureichende Wohnungen, Bildung und medizinische Versorgung. Auch heute noch herrscht eine koloniale Mentalität vor, die Ungerechtigkeit fördert.

Die Kirche kommt in ihrer Analyse zu dem Schluss, dass sich in den USA bei den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen in der Praxis wenig geändert hat. Nach wie vor gibt es Rassismus und rassische Diskriminierung. Einige Institutionen haben eindeutig diskriminierende Sprachgebräuche und andere Praktiken abgeschafft, aber Rassismus findet immer noch statt. Auch die Kirche als Institution diskriminiert trotz ihrer Bemühungen, Rassismus abzubauen.

Die Macht und die privilegierte Stellung der weißen Amerikaner europäischer Abstammung bleiben bestehen.
Im Bewusstsein dieser Realität hat die Vereinigte Methodistische Kirche in ihrer Charta für eine Politik der rassischen Gerechtigkeit erklärt:

Wir sind uns bewusst, dass wir „gesündigt [haben] samt unseren Vätern, wir haben Unrecht getan und sind gottlos gewesen“ (Psalm 106,6). Wir sind dazu aufgerufen, uns erneut für die Beseitigung des institutionellen Rassismus einzusetzen. Wir bekräftigen die Erklärung der Generalkonferenz über die Vereinigte Methodistische Kirche und die Rassenfrage aus dem Jahre 1976, in der es unmissverständlich heißt: „Nach biblischen und theologischen Grundsätzen, nach dem Recht der Kirche, nach der Erklärung der Generalkonferenz und den Äußerungen der Bischöfe ist die Sache eindeutig. In der Rassenfrage ist das Ziel der Vereinigten Methodistischen Kirche nicht weniger als eine integrative Kirche in einer integrativen Gesellschaft. Die Vereinigte Methodistische Kirche ruft daher ihr ganzes Kirchenvolk dazu auf, solche glaubwürdigen Taten der Liebe und Gerechtigkeit in Kirche und Gesellschaft zu vollbringen, die dieses Ziel Realität werden lassen.

United Methodist Church Charter for Racial Justice Policies in an Interdependent Global Community. Angenommen 1980 durch die Generalsynode der UMC.

Mit dieser Erklärung verpflichtete sich die Kirche zur Transformation in vielen Bereichen ihres Dienstes. Im Einklang mit dieser Verpflichtung wurde mit dem Schuldbekenntnis an die Adresse der amerikanischen Ureinwohner (1992) anerkannt, dass die christlichen Kirchen und die Vereinigte Methodistische Kirche und ihre Vorgänger sich an der Vernichtung der amerikanischen Ureinwohner, ihrer Kultur und religiösen Gebräuche beteiligt haben und dass die Kirchen nur unzureichend ihre Mittäterschaft an dieser Sünde eingestanden haben. United Methodist Church Confession to Native Americans. Die Generalkonferenz empfahl, dass die Ortskirchen ähnliche Schuldbekenntnisse verfassen sollten, um so die Verbundenheit mit den amerikanischen Ureinwohnern zu stärken.

Im Jahre 1996 hat sich der Generalrat der Vereinigten Methodistischen Kirche bei den Indianerstämmen der Cheyenne und Arapaho entschuldigt und um Vergebung für den Tod von mehr als 200 Menschen – zum größten Teil Frauen und Kindern – gebeten, die am Sand Creek im Bundesstaat Oklahoma ums Leben gekommen waren.

Vor kurzem hat die Vereinigte Methodistische Kirche durch ihre Kommission zur Christlichen Einheit und zu Interkonfessionellen Themen einen Studienführer unter dem Titel „Steps toward Wholeness: Learning and Repentance“ [Schritte zur Einheit: Lernen und Reue] ausgearbeitet und veröffentlicht. Die Studie wird von der Kommission und dem Bischofrat der Kirche finanziert. Mit dem Studienführer sollen die Gemeinden der Vereinigten Methodistischen Kirche darin unterstützt werden, „Akte der Reue für den Rassismus“ vorzubereiten; außerdem soll er eine Hilfe für die panmethodistischen Gespräche über den Zusammenschluss der Afrikanischen Methodistisch-Bischöflichen Kirche, der Afrikanischen Methodistisch-Bischöflichen Zions-Kirche und der Christlichen Methodistisch-Bischöflichen Kirchen und der Vereinigten Methodisten sein. Delegierte und Besucher der Generalkonferenz der Vereinigten Methodistischen Kirche im Mai 2000 nahmen an einem Akt der Reue zur Versöhnung teil. Sie entschuldigten sich für Akte des Rassismus, die zur Gründung separater schwarzer Denominationen und Schwarzen vorbehaltener Bereiche in der vorwiegend weißen Methodistischen Kirche von 1939 bis 1968 führten.

Bei der Entwicklung der Studie bemüht sich die Kirche darum, andere Methodisten auf der ganzen Welt einzubeziehen. So enthält die Einleitung zum Studienführer den folgenden Aufruf:

Auch wenn sich diese Studie auf die Kirchen und die Geschichte der USA konzentriert, sind diese Geschichte und ihre Lehren auch aufschlussreich für Methodisten außerhalb der USA. Die hier untersuchten methodistischen Kirchen existieren ebenso in Ländern außerhalb der USA, und Fragen von Kooperation und Einheit sehen dort anders aus. Doch sind alle von den hier beschriebenen Geschichten und Kämpfen betroffen, und alle sind dazu eingeladen, sich an der Studie zu beteiligen.

Steps Toward Wholeness: Learning and Repentance, The General Commission on Christian Unity and Interreligious Concerns, The United Methodist Church, 2001, S. 2.

Die Erfahrung der Vereinigten Methodistischen Kirche deutet darauf hin, dass sich in den USA bei den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Institutionen in Bezug auf den Rassismus wenig geändert hat. Die Erfahrung rückt ferner ein anderes wesentliches Element in den Blickpunkt und zeigt eine große Herausforderung in der Diskussion über transformative Gerechtigkeit und im Kampf für rassische Gerechtigkeit in der Kirche auf: die bestehenden rassisch-ethnischen Schranken in den Kirchen und die Frage, wie man damit umgeht. Die aus der Studie der Vereinigten Methodistischen Kirche gezogenen Lehren sind nützlich für andere Kirchen, die sich den gleichen Herausforderungen stellen wollen und neue Beziehungen zu denen aufbauen wollen, die Unrecht erfahren haben und durch rassistische Einstellungen und Handlungen in Vergangenheit und Gegenwart ausgegrenzt wurden.

Wir möchten die wichtigen Schritte für Gerechtigkeit und Versöhnung anerkennen, die im Laufe der letzten Jahre zwischen der Kirche von Norwegen und dem Volk der Samen erfolgt sind und die die Gründung des Kirchenrates der Samen und weitere Initiativen zur Folge hatten. Für diesen Bericht jedoch möchten wir uns auf die Schritte konzentrieren, die die Kirche in jüngster Zeit im Verhältnis zum Volk der Roma unternommen hat.

Seit nahezu 500 Jahren leben Roma in Norwegen. Die so genannten Zigeuner – Vlach, eine eigene ethnische Gruppe – kamen um 1850 nach Norwegen. Heute leben etwa 20.000 Roma in Norwegen mit seinen insgesamt 4,3 Millionen Einwohnern. Die traditionelle Lebensweise der Roma sah so aus, dass sie umherreisten und ihren Lebensunterhalt durch Handel, Handwerk und verschiedene Reparaturarbeiten verdienten.

Mit einer Politik der erzwungenen Segregation mischte sich der Staat in das Leben der Roma ein. Danach war es sogar (bis zum Ende des 19. Jahrhunderts) legal, Roma zu erschießen. Priester, die Roma tauften, konfirmierten, trauten oder beerdigten, wurden gebrandmarkt und liefen Gefahr, ihre Arbeitsplätze im kirchlichen Dienst zu verlieren.

Staatliche Politik war auch die erzwungene Assimilation. Fast das ganze 20. Jahrhundert über wurden Kindern ihren Eltern weggenommen. 1.700 Kinder von einer Gesamtbevölkerung von weniger als 10.000 wuchsen bei anderen Familien oder in Kinderheimen auf. Gesetze wurden verabschiedet, die es den Roma unmöglich machten, ihre traditionelle Lebensweise fortzuführen. Außerdem wurden sie zwangssterilisiert, häufig ohne ihr eigenes Wissen.

Viele der Organisationen, die an der Unterdrückung der Kultur der Roma beteiligt waren, unterstanden der Kirche oder wurden von Geistlichen geleitet. Besonders hervorzuheben ist die Norwegische Obdachlosenmission, die heute für mindestens 40% der Zwangssterilisierungen von Roma-Frauen in den dreißiger und vierziger Jahren des 20. Jahrhunderts verantwortlich gemacht wird. Ecumenical News International, 12 August 2000.

In den letzten Jahren hat der Kampf der Roma für die Achtung ihres kulturellen Erbes und für ihren Status als „nationale Minderheit“ größere Aufmerksamkeit erfahren. Allerdings wollten viele Roma nicht als „Minderheit“ bezeichnet werden, weil sie damit eine weitere Stigmatisierung befürchteten.

Im Jahre 1998 nahm die Generalsynode der Kirche von Norwegen einen Bericht über den langfristig angelegten Dialog zwischen Vertretern der Roma und dem kirchlichen Rat für Ökumenische Beziehungen entgegen. Im Licht dieses Berichtes bekannte die Generalsynode im Namen der Kirche ihre Schuld und bat um Vergebung: „Wir haben Sünde und Schande auf uns geladen, die wir nicht weiter tragen können. Daher bitten wir im Namen unserer Kirche: Vergebt uns unsere Sünden.“ Weiter heißt es:

2. Die Synode bittet die Bischöfe, zu diesem Thema einen Brief an alle Gemeinden zu schicken. Dieser Brief sollte Informationen über das Geschehene enthalten, die am Menschenrechtssonntag 1999, dem 2. Advent, breit bekannt gemacht werden sollten. Wir schlagen vor:
eine Kollekte für die Arbeit der Organisationen für die Roma zu sammeln, um ihre Kultur und Identität zu stärken;
dass die Liturgiekommission des Nationalen Rates der Kirche von Norwegen liturgische Elemente formuliert, mit deren Hilfe die Gemeinden um Vergebung für unsere gemeinsame Sünde bitten können.
3. Die Synode weist darauf hin, dass der norwegische Staat eine besondere Verantwortung trägt, den Roma Wiedergutmachung und Entschädigung zu leisten – als einzelnen Menschen und als Volk. Die Synode bittet die norwegische Regierung und das norwegische Parlament darum, dieser Arbeit Priorität einzuräumen.
4. Die Synode ist sich bewusst, dass Versöhnung Zeit braucht, und bittet darum, den laufenden Dialog fortzuführen. Die Synode bittet den Rat für Ökumenische und Internationale Beziehungen der Kirche von Norwegen darum, den Dialog voranzubringen und nach Wegen zu suchen, wie die Kirche von Norwegen zur Versöhnung im Volk und zur Unterstützung der Roma bei der Durchsetzung ihrer Belange gegenüber der Regierung beitragen kann.

Church of Norway and the Roma People, Entschuldigung der Generalsynode, 1998.

Allerdings erlitt der Prozess der Gerechtigkeit und Versöhnung zwischen den Roma und der Lutherischen Kirche von Norwegen an diesem Punkt einen Rückschlag. Die Roma kritisierten die Entschuldigung als halbherzig. Der Streit ging um einen – mit 43 gegen 40 Stimmen angenommenen – Vorschlag, nach dem die betreffenden Rechtsverletzungen die allgemeine und nicht die spezifische Verantwortung der Kirche seien. Eine Veränderung des Wortlauts von „Wir [die Kirche] tragen eine große Sünde und Schmach“ zu „unsere Menschen tragen“ wurde als Versuch der Kirche angesehen, ihrer Verantwortung für das Unrecht an den Roma auszuweichen.

Die Frage der Entscheidung zwischen „wir“ [die Kirche] oder „unsere Menschen tragen“ bringt uns zurück zu dem Problem der gemeinschaftlichen Verantwortung für historisches Unrecht. Als Christen sind wir dazu aufgerufen, unsere individuellen Sünden in Bezug auf den Rassismus anzuerkennen und zu bekennen. Darüber dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass wir eine Geschichte in uns tragen, die durch unsere Abstammung und unser Erbe zu uns gehört. Es ist eine Geschichte der Macht und der Privilegien mancher und aller damit verbundenen Vorteile gegenüber der Ausbeutung, der Unterdrückung und häufig dem Tod von anderen. Es ist unsere Aufgabe, Rechenschaft abzulegen über die Missetaten unserer Vorfahren, so wie es auch unsere Aufgabe und unser Vorrecht ist, ihre Wohltaten anzuerkennen und in Ehren zu halten. Den Kirchen kommt in der Gesellschaft insgesamt die prophetische Rolle zu, der weitverbreiteten Vorstellung zu begegnen, dass wir als Bürger keine Verantwortung für die Taten früherer Generationen tragen. (THORPE, Brian, Comments on 'Being Church and Overcoming Racism: It's Time for Transformative Justice'. Geneva, 2002, S. 2.)

Der fortgesetzte Dialog zwischen der Kirche von Norwegen und den Roma führte zu einer erneuten Behandlung des Themas durch die Generalsynode 2000. Die Synode beschloss einstimmig, die Roma um Vergebung für die Ungerechtigkeit und die Rechtsverletzungen, die die Kirche von Norwegen lange Zeit gegen sie zuließ, zu bitten. (Ibid., S. 3.)  

Seither engagiert sich die Kirche dafür, den Roma in Norwegen dabei zu helfen, ihre eigene Kultur zurückzugewinnen. Ein Prozess der Versöhnung, bei dem „die Täter die Opfer definieren lassen, was für eine wirkliche Wiedergutmachung notwendig ist“ (Ibid.), zeigt, welchen Weg die Kirche einschlägt, um mit ihrem historischen Unrecht gegen die Roma umzugehen.

Der Begriff der Versöhnung ist zentral für die theologische Diskussion in Südafrika. In den christlichen Kirchen ist er spätestens seit 1968 mit der durch den Südafrikanischen Rat der Kirchen (SACC) und das Christliche Institut veröffentlichten „Botschaft an das Volk Südafrikas“ in die Diskussion eingeführt worden. Den kritischsten Standpunkt vertrat das KAIROS-Dokument2 fast 20 Jahre später (1985).

Nach der Veröffentlichung des KAIROS-Dokuments riefen prophetische Stimmen innerhalb der Kirchen die Kirchen dazu auf, im Interesse der Nation ihre Schuld an der Apartheid zu bekennen und für eine Versöhnung auf der Grundlage von Gerechtigkeit zu arbeiten. Eine der Schlüsselfiguren war damals Erzbischof Desmond Tutu. Eine Reihe wichtiger Konferenzen und Dokumente hatten Versöhnung und die Notwendigkeit von Reue und Wiedergutmachung zum Thema.3 Diese und andere Erfahrungen bereiteten südafrikanische Christen auf den Prozess der Wahrheit und Versöhnung vor. Alle diese Prozesse mündeten in die Einsetzung der Wahrheits- und Versöhnungskommission (TRC).

Als die Wahrheits- und Versöhnungskommission im Februar 1996 – zwei Jahre nach dem Beginn des Demokratisierungsprozesses – eingesetzt wurde4, hegten die Menschen und auch die Kirchen grosse Hoffnungen und Erwartungen. Wegen der Teilnahme vieler Kirchenleute an der TRC, insbesondere von Erzbischof Tutu und mehreren Kommissionsmitgliedern, dachten viele Menschen, dass auch die Kirche in der TRC vertreten sei. Dies war ebenso wie die Auffassung, dass die Ziele der TRC geistlich und theologisch seien, ein Irrtum. (Op. cit., S. 69.)

Aus den religiösen Gemeinschaften einschließlich der Kirchen gab es schwächere Reaktionen auf die TRC als erwartet. Reaktionen kamen eher von einzelnen Gemeinden und Pfarrern oder spezialisierten Gruppen und waren kaum koordiniert. Arme und Schwarze beteiligten sich nicht am Wahrheits- und Versöhnungsprozess und blieben stumm – vielleicht ein Ausdruck dessen, dass sie zum Schweigen gebracht wurden. (MALULEKE, Tinyiko S., Truth and Reconciliation Discourse, 1999, in DE GRUCHY, John, COCHRANE, John, MARTIN, Stephen, (Hrsg.), S. 107 und 113.)

(...) Einer der erstaunlichsten Sachverhalte ist, dass es den Kirchen, obwohl in ihnen Löwen und Kaninchen [Tätern und Opfer] gleichermaßen beheimatet sind, nicht leicht fiel, die Versöhnung zu unterstützen. Versöhnung muss gemacht und „dirigiert“ werden – und diese Aufgabe müssen verschiedene gesellschaftliche Gruppen übernehmen, darunter auch die Kirchen. Kirchen können eine Rolle spielen, indem sie die Erweiterung, die Reichweite, die Vielfalt und Qualität der Diskussion über die Versöhnung fördern. Diese Diskussion ist in Südafrika bislang weiß und männlich geprägt. Sie muss Schwarze und Weiße, Männer und Frauen einbeziehen. (Op.cit, 197.)

Auf einer Konferenz über Rassismus, die im Oktober 2000 vom SACC abgehalten wurde, beschwor Bischof Mvume Dandala in seiner Eröffnungsrede die Notwendigkeit der Versöhnung und forderte die Kirchen dazu auf, den Rassismus von innen heraus zu bekämpfen:

Diejenigen unter uns, die eine Führungsposition in unseren Kirchen innehaben – Kirchen, die jahrelang von Weißen geführt wurden –, möchten manchmal gerne glauben, dass Rassismus aus unseren Kirchen verschwunden ist, zumal in der Kirchenleitung die Schwarzen in der Mehrheit sind. Die Wahrheit ist jedoch, dass sich sonntags viele christliche Kirchen in Südafrika nach ihrer rassischen Zugehörigkeit versammeln. Viele unserer Kirchen finden alle möglichen Entschuldigungen dafür, die für sie bequemen rassischen Kategorien beizubehalten.
(...) Als Kirche können wir nicht länger von diesem Land die Auslöschung des Rassismus fordern, wenn wir rassistische Gepflogenheiten in unseren Kirchen tolerieren.

Rede von Bischof Mvume Dandala – Präsident des SACC und Vorsitzender Bischof der Methodistischen Kirche von Südafrika bei der Eröffnung der Rassismus-Konferenz des SACC, Kempton Park, Johannesburg, Oktober 2000, S. 2

Bischof Dandala zeigte sich überzeugt, dass die Kirchen nicht genug dafür getan hätten, auf die Herausforderungen zu reagieren, vor die sie die Enthüllungen der TRC gestellt hatten. Er nannte zwei Aufgaben, die den Kirchen bei der Suche nach Lösungen helfen könnten: - die Verpflichtung, authentische, rassisch pluralistische Gemeinden einzurichten, die ihren Glauben, ihre Kultur und ihre Ressourcen miteinander teilen; - die Verpflichtung, die Möglichkeiten der gemeinsamen ökumenischen Arbeit neu zu überdenken, um die Wunden der Vergangenheit zu heilen und die Menschen zusammenzubringen. (Ibid.)  

Zum Thema der Heilung schlug er die Einrichtung überkonfessioneller Orte der Heilung für Opfer und Täter vor, Orte, die von den Gemeinden als Orte geistlicher Heilung zur Verfügung gestellt werden sollten.

Das Südafrika der Nach-Apartheidszeit befindet sich im Prozess der Transformation zu einer nichtrassistischen, nichtsexistischen Gesellschaft. Diese Vision wird aufrecht erhalten mit der klaren Vereinbarung, dass die Armen bei der Definition von Strategien Priorität erhalten sollten. Armut ist eine der größten Herausforderungen. Derzeit bekämpft man sie durch eine Politik der „affirmative action“ (positiven Diskriminierung) und der Beteiligung der Schwarzen an der wirtschaftlichen Macht. Priorität hat eine wirksame Bekämpfung der sozioökonomischen Ungleichheit und die Schaffung eines prosperierenden wirtschaftlichen Umfelds.

In dem oben zitierten Artikel sagt Esterhuyse, dass „es in diesem Land keine dauerhafte Versöhnung geben kann ohne die Transformation der Hinterlassenschaft der Apartheid. Tatsächlich ist die Verwirklichung der in der Verfassung des Landes verankerten Werte – die Entwicklung einer nichtrassistischen, nichtsexistischen Gesellschaft auf der Grundlage versöhnter Beziehungen – unmöglich ohne eine tiefgreifende Transformation.“

Bei einer tiefgreifenden Transformation des modernen Südafrika geht es daher darum, das Erbe von Apartheid und Rassismus in Kirchen und Gesellschaft konsequent zu bekämpfen. Es geht um den Prozess der Wahrheit und Versöhnung, um die Anwendung der transformativen Gerechtigkeit in den strukturellen und institutionellen Ebenen der südafrikanischen Gesellschaft, um die tief verwurzelte Ungerechtigkeit, die in der Armut seiner schwarzen Bevölkerung zum Ausdruck kommt, zu beseitigen.

Die Frage der Entschädigung für Opfer oder Nachkommen von Opfern, die zu Tode kamen oder Menschenrechtsverletzungen erlitten, wird sehr kontrovers diskutiert. Dies zeigte sich bei der Vorbereitung der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus (WCAR) in Durban. Obwohl viele zivilgesellschaftliche Organisationen – besonders die von Afrikanern oder Menschen afrikanischer Abstammung in der Diaspora – davon überzeugt waren, dass Entschädigungen bezahlt werden müssten, kann eine materielle Entschädigung unmöglich den unermesslichen Schaden wiedergutmachen, der in der Vergangenheit durch den Kolonialismus, die Sklaverei, den Sklavenhandel, den Geno- und Ethnozid der indigenen Völker und die vielen historischen Verbrechen entstanden ist.

Südafrika beispielsweise hat immer noch Schwierigkeiten mit dieser Frage. Es gab eine Diskussion über die unterschiedlichen Entscheidungskompetenzen des Ausschusses für Amnestie und des Ausschusses für Entschädigung und Rehabilitation. Während der ständige Ausschuss für Amnestie unverzüglich Amnestie gewähren konnte, konnte der Ausschuss für Entschädigung und Rehabilitation – der sich mit der Entschädigung für Opfer befasste – nur Empfehlungen an den Präsidenten oder einen ständigen parlamentarischen Ausschuss abgeben.

Erwähnt werden sollte auch, dass die „Gewährung von Amnestie an diejenigen, die alle relevanten Fakten rückhaltlos offenlegten“, nicht voraussetzte, dass die Täter Reue zeigten oder eine Bereitschaft ausdrückten, Entschädigung für ihre Taten zu bezahlen. Voraussetzung war lediglich die vollständige Offenlegung. Täter und Opfer wurden in diesem Verfahren unterschiedlich behandelt. Dies rief viel Kritik bei einfachen Menschen und bei Kommentatoren hervor. Die Opfer bekamen keine Gerechtigkeit. „Sie bekommen keine Wahrheit. Sie erreichen nur, dass man ihre Geschichten aufzeichnet.“ (Maluleke übt die folgende Kritik in: MALULEKE, T.S, "Truth, national unity and reconciliation in S.A.", April 1997. In: Missionalia, the Southern African Missiological Society, Band 25, Nummer 1, S. 66-67) In den Augen vieler Schwarzer erhielten die Weißen Amnestie für ihre Verbrechen – und darüber hinaus all die Macht und Privilegien, von denen sie bereits während des Apartheidregimes profitiert hatten, während die meisten Schwarzen nichts als Gegenleistung bekamen, so wie es schon während des Apartheidregimes gewesen war. War das die „Wahrheit und Versöhnung“, die man angestrebt hatte? (Vgl. MALULEKE, Tinyiko S. "Can Lions and Rabbits Reconcile?", 2001. In: Ecumenical Review, Band 53, ÖRK, S. 190-192.)

Aus der Sicht der Regierung gibt es ein Problem mit der „individuellen Wiedergutmachung“ – der Begriff, den man anstelle von Entschädigung wählt. Eine gemeinsame Antwort muss gefunden worden, beispielsweise in der Infrastruktur, die den Ärmsten der Armen und denen, die Opfer waren, zugute kommt. (Op. cit., S. 4.) Bei einer Bewertung dieser Situation sagte Bischof Dandala: „Wenn Wiedergutmachung sinnvoll sein soll, muss es eine Möglichkeit geben, diejenigen, die von der Apartheid profitierten, den Wert des Prozesses der Wiedergutmachung schätzen zu lassen.“ (Ibid.)

Ähnlich äußert sich Pfarrer Brian Thorpe, leitender Berater des Lenkungsausschusses Internatsschulen der Vereinigten Kirche von Kanada (UCC), zu Entschädigungszahlungen. Nach seiner Meinung könnte der Heilungsfonds (s.o. im Abschnitt über die UCC, 3. Suche nach dem Geist) – der mit der Absicht eingerichtet wurde, dass indigene Völker innerhalb der Kirche die Entscheidungen über die Finanzierung von örtlichen Projekten, die von den indigenen Völkern in der größeren Gemeinschaft insgesamt vorgeschlagen wurden, treffen sollten – kaum als Opfergabe von seiten der Kirche angesehen werden. (Rev. Brian Thorpe, Comments on "Being Church and Overcoming Racism: It is Time for Transformative Justice", S. 2.)  Bis heute trägt sich der Fonds aus individuellen Beiträgen und einigen Geldern vom Generalrat der UCC.Die UCC weiß, dass sie weitere Schritte in diese Richtung unternehmen muss.

Ein weiteres Problem in der komplexen Diskussion über Entschädigung bezieht sich auf die Geschichte: die Geschichten, Weltanschauungen und religiösen Anschauungen von Völkern und Kulturen, besonders da, wo Kirchen beteiligt sind.

Dandala bezieht sich auf dieses Problem: „Die Kirche spielte eine Schlüsselrolle bei der Speicherung unseres Archivs. Es muss noch eine Menge geben, was wir nicht ans Licht gebracht haben, was aber ans Licht gebracht werden sollte. Es mag nicht vom Ökumenischen Rat der Kirchen selbst ans Licht gebracht werden, doch vielleicht von der ökumenischen Bewegung durch die Schaffung einer Situation, die es den Kirchen gebietet, das Archiv, das nach Afrika gehört, nach Afrika zurückzugeben.“ Dandala, op. cit. Wie die ökumenische Bewegung und die Mitgliedskirchen des ÖRK auf dieses Problem reagieren könnten, ist eine der Fragen, deren Lösung noch vor uns liegt.

Thorpe spricht auch eine andere bislang kaum untersuchte Frage an, nämlich den Verlust von Sprachen, Familiensystemen, Kultur, Spiritualität. Die Gerichte erkennen diese derzeit nicht als Klagegründe an, und so ist weder die Regierung noch die Kirche gesetzlich dazu verpflichtet, Schadenersatz für einen solchen Verlust zu leisten. (Einige Fälle sind anhängig, aber es wird vermutlich noch Jahre dauern, bis diese Fälle dem Obersten Gerichtshof Kanadas zu einer endgültigen Entscheidung vorliegen.) Auf gerichtlichem Wege wurden Vergleiche mit sexuell missbrauchten Schulkindern angebahnt. In der Zwischenzeit sind Kirche und Volk dazu aufgerufen, nicht zu warten, bis die Gerichte entschieden haben, und die Frage der Entschädigung insgesamt zu behandeln. Thorpe glaubt, dass dies ein wichtiges Gebiet sein wird, in dem die umfassendere Gemeinschaft der Kirchen im Rahmen des Ökumenischen Rates der Kirchen von großer Hilfe sein könnte. Thorpe, op. cit.

Die vorstehenden Anmerkungen zeigen die Vielschichtigkeit des Problems. Es gibt verschiedene Formen der Entschädigung, die man voneinander unterscheiden muss. Meistens wird Entschädigung, besonders aus rechtlicher Sicht, mit wirtschaftlicher Entschädigung gleichgesetzt. Doch ist der Begriff noch umfassender. Er schließt beispielsweise die symbolische Entschädigung ein. So haben, neben den bereits angeführten Beispielen, in vielen Fällen Verwandte von Verschwundenen in Lateinamerika keine wirtschaftliche Entschädigung gefordert, sondern einen Ort, an dem man dieser Menschen gedenken kann: ein Denkmal, eine Straße, einen Platz. Die Verwandten der Verschwundenen verstanden dies als eine Möglichkeit zu zeigen, dass diese Menschen keine Verbrecher waren, sondern Opfer des staatlichen Terrorismus. Die symbolische Entschädigung war eine öffentliche Anerkennung für das Geschehene. In all ihren verschiedenen Formen bedeutet Entschädigung auch Heilung, Versöhnung. (Dr. Guillermo Kerber, Comments on „Being Church and Overcoming Racism: It is Time for Transformative Justice“, S.2)

Die ökumenische Bewegung, der ÖRK und seine Mitgliedskirchen, haben viele unmissverständliche Erklärungen herausgegeben, die den Rassismus verurteilen. In den letzten Jahren haben die Kirchen sich in zahlreichen Fällen für den Rassismus gegen indigene Völker, Menschen afrikanischer Abstammung und ethnische Minderheiten entschuldigt und ihre Schuld bekannt. Einige davon wurden in diesem Aufsatz erwähnt. Diese Schuldbekenntnisse beruhen ebenso wie die Erklärungen der Kirchen zumeist auf der Überzeugung, dass die Menschen nach dem Bilde Gottes geschaffen sind (1. Mose 1,26), dass alle Menschen gleich sind und dass Rassismus eine Sünde ist.

Rassismus ist eine Sünde, weil er uns von Gott und von unseren Mitmenschen trennt, uns blind macht für die Realität menschlichen Leidens. Dies öffnet vorhandenen rassistischen Einstellungen und Unsitten und institutionellem Rassismus die Tür. Rassismus ist eine Sünde, weil er zu Schweigen und Unterlassung führt. Rassismus ist eine Sünde, weil er eine grobe Verleugnung des christlichen Glaubens darstellt und somit unvereinbar mit dem Evangelium ist. Rassismus ist eine Sünde, weil er eine schamlose Verletzung der Menschenrechte darstellt.

Die Sünde des Rassismus besteht nicht nur darin, dass er - im Widerspruch zur biblischen Lehre, insbesondere zum Galaterbrief 3,28 - davon ausgeht, dass die Menschen vor Gott ungleich erschaffen sind, oder dass er eine grundlegende Verweigerung von Gerechtigkeit und Menschenwürde beinhaltet. Rassismus ist primär deshalb eine Sünde, weil er die eigentliche Grundlage des Menschseins - die Erschaffung des Menschen nach dem Bild Gottes - zerstört. Damit erhebt er sich gegen den Schöpfergott, gegen die Schöpfung, dagegen, dass die Schöpfung gut ist. Wir sind nur wahrhaft menschlich, wenn die göttliche Flamme des Bildes Gottes in uns - als einzelnen Menschen, Kirchen und Gesellschaften - leuchtet und das Böse vertreibt. Der Kampf gegen Rassismus ist eine Bekräftigung der Wahrheit und eines Lebens in Fülle.

Der Aufruf der Achten Vollversammlung des ÖRK „Kehrt um zu Gott - seid fröhlich in Hoffnung“ ist eine allgegenwärtige Erinnerung an uns alle, zum wahren Menschsein umzukehren oder zurückzukehren, uns von der Sünde des Rassismus abzuwenden und Buße zu tun. Wir sind einmal mehr konfrontiert mit der Notwendigkeit, Metanoia zu erfahren und unsere Richtung zu ändern (siehe oben, „Warum transformative Gerechtigkeit?“) durch einen aufrichtigen Prozess, in dem wir uns bereit machen für die Transformation. Wir erkennen, dass die Mission der Kirchen nicht so fortgeführt werden kann wie bisher. Wir müssen anerkennen, dass das Verhalten von Menschen, Kirchen und Gesellschaften durch die Macht Gottes verwandelt werden muss. Die Ausrottung des Rassismus ist eine Aufgabe, die wir erfüllen im Bewusstsein, dass Gott selbst durch uns Wiedergutmachung leistet an Gottes Schöpfung aller Dinge und Menschen.

Denn die Schöpfung des Universums und des Menschen durch Gott ist durch Vielfalt gekennzeichnet. Schöpfung ist keine eindimensionale Realität; ihr Hauptmerkmal ist die Vielfalt. In der Schöpfungsgeschichte im 1. Buch Mose, der Genesis, ist die Vielfalt die bestimmende Wirklichkeit. Doch bei aller Hervorhebung der Vielfalt spricht die Schöpfungsgeschichte auch von Zusammengehörigkeit, Harmonie, Interaktion und Einheit als charakteristischen Eigenschaften der Schöpfung. Diese beiden Aspekte zeigen, dass im Kontext von Gottes Schöpfung die Vielfalt eine Quelle der Bereicherung ist, die ihre wahre Bedeutung und ihren wahren Wert durch Einheit erhält. Tatsächlich ist die Schöpfung des Universums und des Menschen ihrem Wesen nach eine konkrete Manifestation der Einheit in Vielfalt und der Vielfalt in Einheit. Vielfalt ist ein Geschenk Gottes, das für die Bewahrung und Bestandfähigkeit der Schöpfung erhalten werden muss. Diese grundlegende Bejahung der christlichen Theologie ist allen lebendigen Glaubensrichtungen gemeinsam.

So stellt sich uns die Zeit dar, die es uns erlaubt, unsere gemischtrassischen und gemischtethnischen Gesellschaften als Realität unseres Alltags auch in unseren kirchlichen Gemeinschaften zu leben. Wir sind nun dazu aufgerufen, unsere streng zwischen „den anderen“ und „uns“ unterscheidenden Sichtweisen zu überwinden, sowohl in Bezug auf Völker verschiedener Rassen und ethnische Gruppen als auch auf das Verhältnis von Mensch und Schöpfung. Die radikale Wandlung, zu der uns unser ökumenisches Engagement aufruft, ist die Erkenntnis, dass wir eins sind, als Völker und als eine Schöpfung. Wenn wir dies einsehen und entsprechend handeln, machen wir Fortschritte in unserer Transformation, und unser Engagement für das Leben als ganzes wird gestärkt. Alle Menschen – unabhängig von Religion, Rasse, nationaler Herkunft, Hautfarbe, Glaube oder Geschlecht – sind lebendige Ebenbilder Gottes, die von Natur aus eine entsprechende Achtung und Würde verdienen. Wenn Menschen ihre Mitmenschen und die Schöpfung nicht mit dieser Achtung behandeln, beleidigen sie den Schöpfergott. (Erklärung Seiner Heiligkeit, des Patriarchen BARTHOLOMAIOS auf der UN-Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz, Durban, S. 1.)  

Die Kirche ist eine Gemeinschaft von Jüngern, die sich ständig neu zu Fragen des Leidens gruppieren und zusammensetzen sollte. Häufig kümmern sich die Kirchen nicht um die Leidenden, Enteigneten und Erniedrigten in der Gesellschaft. Immer wieder geben die Kirchen der Versuchung nach, die Vergessenen zu vergessen und den Forderungen nach Gerechtigkeit zwischen den Rassen keine Beachtung zu schenken. In unterschiedlichem Maße zeugen die Geschichten unserer Kirchen davon, wie sie sich immer wieder von den Armen und Machtlosen abgewendet und den Reichen und Mächtigen zugewendet haben. (Racism in Theology and Theology Against Racism, Report of a Consultation organized by the Commission on Faith and Order and the Programme to Combat Racism, ÖRK, Genf, 1975, S. 13-14.) Wir haben – nicht nur als Christenmenschen, sondern auch als Kirchen insgesamt – bekannt, dass Rassismus eine Sünde ist. Wenn wir dies bejahen, so hat das einschneidende Folgen für die Kirchen: die Verpflichtung, sich radikal für die Überwindung des Rassismus einzusetzen.

Wir vertrauen darauf, dass Gottes Geist gegenwärtig ist, unsere Herzen und Sinne leitet und öffnet, dass transformative Gerechtigkeit die prophetische Rolle der Kirchen stärken wird und dass dies nicht allein ein menschliches Projekt ist. Gottes Werk für die transformative Gerechtigkeit ist bereits in der Welt wirksam. Wir sind daher aufgerufen, mit Gottes Geist zusammenzuarbeiten, der diese Dynamik in der Welt anstößt und antreibt. Aus dieser Überzeugung heraus haben wir aus den hier angestellten Überlegungen eine Reihe von Verpflichtungen entwickelt, die wir im folgenden vorstellen wollen:

    a) Die Verpflichtung zur Gerechtigkeit zwischen Rassen, ethnischen Gruppen, Kasten und Geschlechtern sowie zur ökologischen Gerechtigkeit als Bejahung von Gottes Ebenbild im Menschen und in der Schöpfung Gottes. In diesem Licht muss die Fülle der Kulturen und Identitäten, die rassische und ethnische Vielfalt als Gottesgabe bewahrt werden; gerechte und integrative Gemeinschaften müssen aufgebaut werden. Angesichts des immer schneller voranschreitenden Individualismus sollten Gemeinschaftswerte gefördert werden. Unser Ziel muss es sein, zum Schutze der Vielfalt gemischtrassische Gemeinschaften aufzubauen, in denen unterschiedliche Identitäten und Einheit in Wechselwirkung zueinander stehen, und in denen die Rechte und Pflichten aller vollkommen respektiert werden. Aus dieser Verpflichtung entsteht eine weitere: die Verpflichtung für die Kirchen, sich mit der bestehenden Trennung der Kirchen nach Rassen und ethnischen Gruppen auseinander zu setzen und sie zu verändern.
    b) Anerkennung von – gemeinschaftlicher wie individueller – Sünde und Reue. Der Begriff „kollektive Sünde“ ist angebracht, weil er zeigt, dass Rassismus so sehr die Kirchen und Gesellschaften durchdrungen hat, dass er Teil des Alltags geworden ist. Die Herausforderung an die Kirchen und an alle Völker heute besteht darin, dass wir, auch wenn wir nicht persönlich an Taten der Vergangenheit beteiligt waren, dennoch mit dem Erbe unserer Gesellschaft, Gemeinschaft und Kirche verbunden sind.
    c) Diese Erkenntnis bedeutet: Wir als Kirchen müssen unseren Überlegenheitskomplex und unsere Überzeugung, dass unsere weiße westeuropäische Tradition, Interpretation und Sichtweise die Richtschnur für das kirchliche Leben in allen Teilen der Welt darstellt, überwinden. Kirchen müssen offen sein, von den Kulturen und der Weisheit der Völker zu lernen.

2. Die Notwendigkeit für Kirchen, ein kritisches Bewußtsein für die Geschichte ihrer Beziehungen zu den von ihnen missionierten Völkern zu entwickeln, hauptsächlich also Urvölkern, Afrikanern und Menschen afrikanischer Abstammung, Dalits, ethnischen Minderheiten. Die Betrachtung und Analyse dieser Erfahrungen beeinflussen die Auffassung davon, was Mission früher bedeutete und was sie heute bedeuten sollte, im Licht von Evangelium und Kultur sowie aus der Sicht der Gerechtigkeit zwischen Rassen, ethnischen Gruppen, Kasten und Geschlechtern sowie der ökologischen Gerechtigkeit. Mit Aufmerksamkeit sollte man neue Wellen der christlichen Evangelisation bei den indigenen Völkern beobachten. Diese Verpflichtung sollte Priorität in den Bemühungen der Kirchen um transformative Gerechtigkeit haben.

3.

    a) Wenn man sich mit Rassismus und historischem Unrecht befasst, darf man die verschiedenen Teilaspekte nicht voneinander trennen: Anerkennung; Aussprechen der Wahrheit; Bekenntnis der Schuld durch Mittäterschaft, Unterlassung oder Beauftragung; Entschuldigungen; Bitte um Vergebung; Wiedergutmachung; „die Dinge in Ordnung bringen“ in Beziehungen; Versöhnung; Heilung und Ganzheit. Dies ist eine große Herausforderung, der wir uns bewusst sind. Jedoch sind es alles verschiedene Phasen, die eng miteinander verbunden sind.
    b) Der Weg zur Gerechtigkeit muss in jeder Gesellschaft und Gemeinschaft gemeinsam definiert werden. Alle Beteiligten sollten eingebunden werden, Opfer und Täter, Unterdrücker und Unterdrückte, alle Völker von Kirchen und Gemeinschaften. Der Weg sollte das Tor zu wirklicher Gemeinschaft in der Zukunft öffnen und sollte sicherstellen, dass Gerechtigkeit für Völker und Schöpfung erreicht wird.
    c) Transformative Gerechtigkeit bedeutet, dass Kirchen für Diskussion, Untersuchungen und Entschädigungszahlungen offen sein sollten. Dabei sollten sie die Geschädigten mit ihren Meinungen und Ansätzen als die wichtigsten Subjekte und Gestalter der Wiederherstellung gerechter Beziehungen ernst nehmen.

4.

    a) Ein ständiger Bedarf an Programmen zur antirassistischen Bewusstseinsbildung und an Instrumenten, die Gemeinden für religiöse, kulturelle oder geschichtliche Überzeugungen sensibilisieren, welche rassistische Einstellungen und Praktiken gegenüber den unter 2. erwähnten Völkern fördern und immer noch fördern.
    b) – Der Mythos der weißen Überlegenheit ist nach wie vor wirksam und muss demontiert werden. Er rechtfertigte Rassismus und die Eroberung, Versklavung und Evangelisation von Völkern. In vielen Ländern richtet er sich gegen die eigenen Bewohner, Urvölker, Menschen afrikanischer Abstammung, ethnische Minderheiten und Einwanderer.
    c) Die Verpflichtung zur transformativen Gerechtigkeit im Kampf für Gerechtigkeit zwischen den Rassen bedeutet einen Paradigmenwechsel zur radikalen Reform: eine Veränderung oder Transformation von „Gedanken, Worten und Taten“, die sich in den Gesetzen, der Politik, den Strukturen und Vorgehensweisen von Kirche und Staat niederschlagen muss. In diesem Zusammenhang sollte Themen wie dem Verlust von Sprache, Kultur, Spiritualität, Gemeinschafts- und Familienverbänden besondere Aufmerksamkeit gelten. Institutioneller Rassismus und andere Formen des verdeckten Rassismus – wie gesetzliche Maßnahmen, die die Trennung und Diskriminierung verschiedener Völker und ethnischer Gruppen beispielsweise in der Einwanderungspolitik fördern – müssen abgeschafft werden.
    d) Ungleiche Machtverhältnisse müssen ausgeglichen werden. Die Geschichte zeigt, dass ein Ungleichgewicht der Macht zum Missbrauch von Macht führt. Die Anwendung der transformativen Gerechtigkeit auf die Strukturen und Institutionen einer Gesellschaft bedeutet die Beseitigung der tief verwurzelten Ungerechtigkeit, die in der Armut von rassisch oder ethnisch unterdrückten Völkern, besonders Frauen und Kindern, zum Ausdruck kommt.5 Die Kirchen haben die Aufgabe und die Pflicht, Ungerechtigkeit zu beseitigen und auf eine Neudefinition von Machtsystemen und –beziehungen hinzuarbeiten, die nicht mehr rassistisch, kolonialistisch, paternalistisch und / oder patriarchalisch sind.

Wir schlagen diese Verpflichtungen vor in der Hoffnung, dass sie unsere Kirchen und Gemeinschaften zur transformativen Gerechtigkeit hinführen mögen, und dass sie zu Gottes Werk der Gerechtigkeit in unserer Welt beitragen.

27.6.2002

1 BARTHOLOMEW, His All Holiness Ecumenical Patriarch, Statement for the United Nations Durban World Conference Against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia, and Related Intolerance, Durban, 2001.

2 BEST, Thomas and ROBRA, Martin, (Eds). Ecclesiology and Ethics: Ecumenical Ethics Engagement, Moral Formation and the Nature of the Church. Geneva, WCC Publications, 1997.

3 BRAITHWAITE, John. "Restorative Justice and a Better Future" in Restorative Justice, Selected Readings. Geneva, World Council of Churches, International Relations, 2001.

4 BRIA, Ion, et alia (Eds.). Dictionnaire oecumenique de Missiologie: Cent mots pour la mission. Paris, Geneva and Yaoundé, Cerf, Labor and Fides, 2001.

5 BULMER, Martin and SOLOMOS, John. Ethnic and Racial Studies Today. London and New York, Routledge, 1999.

6 CHURCH IN SOCIETY TEAM, Aboriginal and Non-Aboriginal writers and advisors. Justice and Reconciliation: The Legacy of Indian Residential Schools and the Journey Toward Reconciliation, a resource for congregations. The United Church of Canada, Division of Mission, 2001

7 CHURCH OF NORWAY, Apology to the Roma People, General Synod, 1998.

8 DANDALA, Mvumelwano. Address at the opening of the SACC's Conference on Racism in Report on Conference on Churches and Racism. Kempton Park, Johannesbourg, October 2000.

9 DANDALA, Mvumelwano. Interview on restorative justice. 2002.

10 DEIFELT, Wanda. Together on the Way, 2.3.: Metanoia, 'Turn to God - Rejoice in Hope', 1998.

11EPPS, Dwain. Comments on "Being Church and Overcoming Racism: It's Time for Transformative Justice", Geneva, 2002.

12 ESTERHUYSE, Willie, 'Truth as a Trigger for Transformation: from Apartheid to Transformational Justice' in Looking Back Reaching Forward, VILLA-VICENCIO, Charles and VERWOERD, Wilhelm, (Eds.). Cape Town and London. University of Cape Town Press and ZED Books, 2000.

13FENTON, Steve. Ethnicity: Racism, Class and Culture. Houndmills, Basingstoke, Hampshire and London, Macmillan Press Ltd., 1999.

14HENNINGER, Carolyn. Steps Toward Wholeness: Learning and Repentance, The General Commission on Christian Unity and Interreligious Concerns. USA, The United Methodist Church, 2001.

15 KEHR, Howard and MIKA, Harry, "Fundamental Concepts of Restorative Justice" in Restorative Justice Selected Readings. Geneva, World Council of Churches, International Relations, 2001.

16 KERBER, Guillermo, Comments on 'Being Church and Overcoming Racism: It's Time for Transformative Justice'.

17 LARSEN, Bjorke, "Norway's Lutherans Apologise to Romany People" in Ecumenical News International, 12 August 2000.

18 LOSSKY, Nicholas, et. alia (Eds.) Dictionary of the Ecumenical Movement. Geneva, WCC Publications, 1991.

19 MALULEKE, Tinyiko S. "Can Lions and Rabbits Reconcile?" in The Ecumenical Review, Volume 53. Geneva, World Council of Churches, 2001.

20 MALULEKE, Tinyiko S., "Dealing Lightly With the Wound of my People?: The TRC Process in Theological Perspective" in Missionalia Vol. 25, No. 3 . Menlo Park, Southern Africa, Southern African Missiological Society, 1997.

21 MALULEKE, Tinyiko S. "The South African Truth and Reconciliation Discourse" in Democracy and Reconciliation. MAGESA, Laurenti and NTHAMBURI, Zablon (Eds.). Nairobi, Acton Publishers, 1999.

22 MALULEKE, Tinyiko S. "Truth and Reconciliation Discourse: A Black Theological Evaluation" in Facing the Truth, DE GRUCHY, John, COCHRANE, John, MARTIN, Stephen, (Eds). Claremont, South Africa, David Phillip Publishers Ltd. 1999.

23 MALULEKE, Tinyiko S. "Truth, National Unity and Reconciliation in South Africa" in Missionalia Vol. 25, No. 1. Menlo Park, Southern Africa, Southern African Missiological Society, 1997.

24 PITYANA, Barney and VILLA-VICENCIO, Charles. Being the Church in South Africa Today. Johannesburg, South African Council of Churches, 1995.

25 ROGERS, Barbara. Race: No Peace Without Justice. Geneva, World Council of Churches, 1980.

26 THORPE, Brian, Comments on "Being Church and Overcoming Racism: It's Time for Transformative Justice", Geneva, 2002.

27 UNITED METHODIST CHURCH, Charter for Racial Justice Policies in an Interdependent Global Community. Adopted in 1980 by the General Conference of the UMC.

28 UNITED METHODIST CHURCH, Confession to Native Americans.

29 UNITED NATIONS, Declaration of the UN World Conference against Racism, Racial Discrimination, Xenophobia and Related Intolerance, Durban, 2001.

30 WEAVER, Jace (Ed.), Defending Mother Earth: Native American Perspective on Environmental Justice. New York, Orbis Books, 1996.

31 WORLD COUNCIL OF CHURCHES, "Background Information" in Gospel And Cultures Study Process. Churches in Mission, WCC, 1995.

32 WORLD COUNCIL OF CHURCHES, 'Challenge to the Church, A Theological Comment on the Political Crisis in South Africa: The Kairos Document and Commentaries' in PCR Information, Special Issue. World Council of Churches, Programme to Combat Racism, 1985.

33 WORLD COUNCIL OF CHURCHES, In the 2000s: Koinonia Without Racism. Report of a consultation organised by the Programme to Combat Racism. Geneva, 1991.

34 WORLD Council of Churches. 'Racial Justice: an issue of Justice, Peace and the Integrity of Creation' in PCR Information No. 26. WCC, Programme to Combat Racism, 1990.

35 WORLD COUNCIL OF CHURCHES, Racism in Theology and Theology Against Racism, Report of a Consultation organized by the Commission on Faith and Order and the Programme to Combat Racism, Geneva, 1975.

36 WORLD COUNCIL OF CHURCHES, "Suggested Guidelines for Local Groups" in Gospel And Cultures Process. Churches in Mission, WCC, 1995.

37 WRAY, Harmon, Hutchinson, Peggy and Connelly, Brenda. Restorative Justice: Moving beyond Punishment. USA, General Board of Global Ministries, The United Methodist Church, 2002.

38 YOO-CROWE, Seongja and CROWE, Crowe, Multicultural Ministry: Report of the First International Network Forum. Sydney, Multicultural Ministry, Uniting Church in Australia, 2000.

Die Beschreibung der drei Stadien lehnt sich an die Seiten 23-49 von Justice and Reconciliation an. 

2 Zu der Zeit, als das KAIROS-Dokument herausgegeben wurde, herrschte Notstand in Südafrika, und das Apartheidregime zeigte keinerlei Zeichen von „Bedauern“ oder „Reue“. Das Dokument machte deutlich, dass „ohne Buße weder Versöhnung noch Vergebung noch Verhandlungen möglich sind“. Weiter heißt es: „Wollen unsere Kirchenführer dem Wort der Bibel wahrhaft gerecht werden, dann müssen sie sich eine Theologie zu eigen machen, die sich Millionen von Christen bereits zu eigen gemacht haben - nämlich die biblische Theologie der direkten Konfrontation mit den Kräften des Bösen, anstatt einer Theologie der Versöhnung mit der Sünde und dem Teufel.“ Eine Herausforderung an die Kirchen, Das KAIROS-Dokument, EMW-Informationen, Nr. 64, Oktober 1985, S. 13f.

Einen kurzen Bericht über diese Konferenzen und Dokumente enthält DE GRUCHY, John, COCHRANE, John und MARTIN Stephen, 1999. In Facing the Truth, South African Faith Communities and the Truth and Reconcilition Commission, Hrsg. John Cochrane, John de Gruchy and Stephen Martin, David Philip Publishers, Cape Town / Ohio University Press Athens, S. 3-4.

Die TRC wurde durch den Staat Südafrika eingesetzt. Siebzehn Mitglieder unter dem Vorsitz von Erzbischof Desmond Tutu, emeritierter anglikanischer Erzbischof von Kapstadt, wurden durch den damaligen Präsidenten Nelson Mandela ernannt. Sie repräsentierten ein breites politisches, ethnisches und kulturelles Spektrum in Südafrika. Ihre Aufgabe war es, während der Zeit der Apartheid begangene grobe Menschenrechtsverletzungen auf ihren Charakter, ihre Ursachen und ihr Ausmaß zu untersuchen; denjenigen, die alle relevanten Fakten rückhaltlos offenlegten, Amnestie zu gewähren; den Opfern eine Gelegenheit zu geben, die erlittenen Verbrechen zu schildern, so dass Schritte zu ihrer Entschädigung, Rehabilitation und Wiedergutmachung eingeleitet werden konnten; Empfehlungen in Bezug auf Verbrechen und Opfer zu geben und Maßnahmen zur Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen vorzuschlagen. Die TRC hatte drei Unterausschüsse: zu Menschenrechtsverletzungen, zu Amnestie und zu Entschädigung und Rehabilitation.

Man muss sich bewusst sein, dass Rassismus an den Schnittstellen von Rasse, Kaste, Hautfarbe, Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung, Klasse, territorialen Grenzen, Ethnien, Nationalität, Sprache und Behinderung gedeiht. Wenn wir den Rassismus abbauen und ausrotten wollen, dann müssen wir gegen alle seine gegenwärtigen und geschichtlichen Formen vorgehen.