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© Peter Williams/ÖRK

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Schritte zu einer Welt, in der alle eingebunden sind so war die Gelegenheit zum muslimisch-christlichen Dialog überschrieben, die sich mit einem Besuch von ägyptischen Religionsführern im Ökumenischen Zentrum in Genf sowie im Ökumenischen Institut Bossey (beide Schweiz) am 30. September und 1. Oktober 2016 geboten hat.

„…viele Religionen [messen] dem Pilgern große Bedeutung bei und sowohl im Christentum wie im Islam wissen wir mit Sicherheit, dass uns das, was wir über uns und unsere Welt lernen, wenn wir pilgern, Gott näherbringen kann“, stellte der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Pastor Dr. Olav Fykse Tveit, in seinen an Prof. Dr. Ahmad al-Tayyeb, den Großimam der Kairoer al-Azhar-Moschee und Universität, gerichteten Begrüßungsworten anlässlich von dessen Besuchs im Ökumenischen Zentrum fest.

Im Rahmen seines Besuchs beim ÖRK hielt al-Tayyeb einen öffentlichen Vortrag über die Verantwortung von Religionsführern für den Weltfrieden und führte Gespräche über die interreligiöse Friedensarbeit.

Al-Tayyeb, al-Azhar und der Muslimische Ältestenrat betrachteten, ebenso wie der ÖRK, die Friedensarbeit als wesentlichen Teil des Auftrags derjenigen, die im religiösen Bereich Verantwortung tragen, sowie der religiösen Institutionen, stellte Tveit fest.

„In der Tat ist das übergeordnete Bild und Thema, in dessen Rahmen wir gegenwärtig unsere Arbeit und Mission wahrnehmen, das Bild vom Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens“, fuhr Tveit fort. „Wir haben dies aus mehreren Gründen so formuliert. Erstens messen viele Religionen dem Pilgern große Bedeutung bei und sowohl im Christentum wie im Islam wissen wir mit Sicherheit, dass uns das, was wir über uns und unsere Welt lernen, wenn wir pilgern, Gott näherbringen kann. Wir verwenden aber auch deshalb den Begriff des Pilgerns, weil er Offenheit, eine Einladung und Bewegung impliziert. Wir können alle Menschen guten Willens einladen, sich gemeinsam mit uns auf den Weg zu machen im Einsatz für Gerechtigkeit und Frieden an den problematischen Orten in unserer Welt.“

Eine angemessene religiöse Bildung sei von grundlegender Bedeutung, so Tveit weiter. „Unsere Religionen sind beide Schriftreligionen, in denen ein heiliges Buch, sei es der Koran oder die Bibel, eine überaus wichtige Rolle spielt.“ Tveit führte weiter aus: „Das Potenzial, dass solche Texte von Menschen falsch angewendet werden, die nicht die Möglichkeit hatten, die Schrift in ihrem Kontext und als Ganze vermittelt zu bekommen, ist höchst bedeutsam und wir wissen, dass dies vielfach ein Faktor ist, wenn im Namen der Religion Gewalt verübt wird.“

Die Religion sollte den Menschen Hoffnung schenken, betonte Tveit. „Wir tragen nicht nur den Texten aus Ausdrucksformen des Wortes Gottes gegenüber Verantwortung“, erläuterte er. „Wir sind auch verantwortlich dafür, wie wir sie in der Weitergabe an unsere Mitmenschen heute gebrauchen (oder missbrauchen), die der Hoffnung für morgen bedürfen.“

Dr. Agnes Abuom, die Vorsitzende des ÖRK-Zentral- und Exekutivausschusses, steuerte am 1. Oktober einen ersten Vortrag bei. Sie beleuchtete das weltweite Bedürfnis nach Frieden zwischen den Völkern sowie die Notwendigkeit, dort, wo Konflikte stattfinden, den jeweiligen nationalen und lokalen Kontext zu verstehen. Dazu nannte sie Beispiele aus ihrer ostafrikanischen Heimat Kenia.

Das Thema „Schritte zu einer Welt, in der alle eingebunden sind“ sei „eine wichtige Erinnerung sowohl daran, dass wir keine allzu simplen Unterscheidungen, zum Beispiel zwischen ‚Ost‘ und ‚West‘, treffen können“, als auch daran, „dass Ereignisse, Handlungen, Bewegungen in bestimmten Teilen der Welt das, was in anderen Regionen geschieht, beeinflussen und selbst wiederum davon beeinflusst werden.“

Betrachte man die Ergebnisse von praktischen Versuchen einer integrativen Gestaltung von Religion und Gemeinwesen, so zeige sich, legte Abuom dar, dass „positive Integration und Fragen der Identität“ notwendig miteinander verwoben seien. In vielen Kontexten, etwa auch in Kenia, bestehe eindeutig „ein Zusammenhang zwischen der religiösen und der nationalen Identität.“

Abuom folgerte, Fragen von Religion und Gewalt könnten nicht isoliert betrachtet werden von den Aspekten Ökonomie, Ökologie und Bildung. „Armut, Not und – vor allem – Analphabetismus haben Folgen für die Religion. Wenn wir uns für eine Welt einsetzen wollen, in der alle eingebunden sind, brauchen wir dazu eine ganzheitliche Sicht, die all diese Faktoren betrachtet.“

Begrüßungsworte an Seine Eminenz Professor Ahmad al-Tayyeb, Großimam und Scheich al-Azhar (in englischer Sprache), Dr. Agnes Abuom, 30. September 2016

Begrüßungsworte (in englischer Sprache), Pastor Dr. Olav Fykse Tveit, 30. September 2016

Ansprache (in englischer Sprache) Dr. Agnes Abuom, Vorsitzende des ÖRK-Zentralausschusses, 1. Oktober 2016

ÖRK-Programm für interreligiösen Dialog und interreligiöse Zusammenarbeit