Der Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) wird voraussichtlich während seiner Tagung in Genf darüber entscheiden, wo die für 2006 geplante Neunte Vollversammlung stattfindet. Einladungen liegen für Seoul, Nikosia, Porto Alegre und Glasgow vor.

Den Delegierten wurden detailierte Unterlagen zur Verfügung gestellt. Ihnen ist zu entnehmen, dass die Kosten der Vollversammlung mit acht bis zehn Millionen Schweizer Franken veranschlagt werden. Grösste Posten sind Miete der Tagungsstätten, Unterkunft, Verpflegung und Reisen. Sie werden teilweise von den Mitgliedskirchen des ÖRK, teilweise vom Rat und teilweise von den gastgebenden Kirchen aufgebracht.

Die weitreichendste Zusage in diesem Punkt machte Prof. Samuel Lee (Seoul) für die Kirchen Südkoreas. Sie wären bereit, 500 000 US-Dollar für eine Vollversammlung in Seoul aufzubringen. Die etwa 600 der 960 Delegierten, deren Unterbringung nicht von ihren Heimatkirchen bezahlt werden kann, würden ausserdem kostenlos aufgenommen, sagte er vor Medienvertretern

und -vertreterinnen.

Lee wies darauf hin, dass Südkorea für Mission und Evangelisation in Südostasien ein strategisch wichtiger Punkt sei. 6000 koreanische Missionare seien mittlerweile weltweit für ihre Kirchen im Einsatz. Ein Welttreffen in Seoul, wo es inzwischen drei Millionen Christen in 5000 Ortskirchen gebe, könne wichtige Impulse vermitteln. Die Vollversammlung würde in dem geteilten Land ein “Zeichen des Friedens und der Versöhnung” setzen und zur kirchlichen Einheit vor Ort beitragen. Die Einladung komme vom Nationalen Kirchenrat Südkoreas, dem auch orthodoxe und Pfingstkirchen angehören. Sie werde von Staatspräsident Kim Dae Jung befürwortet.

Nach Nikosia laden dem zyprischen Erzbischof Basil Karayiannis von Trimithus zufolge beide orthodoxen “Familien” ein. Der Kirchenrat des Mittleren Ostens mit der römisch-katholischen Kirche unterstütze sie.

Der Erzbischof nannte es “Pflicht” des ÖRK, seine nächste Vollversammlung erstmals in eine überwiegend orthodoxe Region zu vergeben. Die seit der türkischen Invasion 1974 geteilte Mittelmeerinsel mit 200 000 Vertriebenen leide zudem unter einem “Berlin-Syndrom”.

Frieden und Versöhnung zwischen griechischen und türkischen Zyprioten aber auch verfeindeten Gruppen im Mittleren Osten zu stiften sei Herausforderung für Christen, Juden und Muslime gleichermassen, sagte der Patriarch. Der ÖRK könne hier einen wertvollen Beitrag leisten. Sicherheitsprobleme sehe er für Nikosia nicht.

Mit Porto Alegre würde der ÖRK nach Meinung des argentinischen Methodisten-Bischofs Frederico Pagura in einer wirtschaftlichen und sozialen Krisenregion ein Zeichen der Hoffnung setzen. Die ruinösen Folgen der wirtschaftlichen Ausbeutung erforderten dringend ein solches Zeichen, so Pagura. Gestärkt würde mit einer Entscheidung für die brasilianische Metropole aber auch die ökumenische Bewegung der Region. Pagura wies darauf hin, dass es bisher noch keine Vollversammlung in Lateinamerika und der Karibik gegeben habe.

In “keinen echten Wettbewerb” mit den übrigen Bewerbern will nach Worten des schottischen Delegierten Norman Shanks Glasgow eintreten. Die Einladung der britischen Kirchen würde von der römisch-katholischen Kirche unterstützt. Eine Vollversammlung hätte für die Ortskirchen einen “dynamischen Effekt”. Im übrigen sei Glasgow europäische Kulturhauptstadt und die schottische Gastfreundschaft sprichwörtlich.