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Photo: Marianne Ejdersten/WCC

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Zum Abschluss der Tagung eines vom ÖRK initiierten Forums, das sich mit dem Thema Frieden auf der koreanischen Halbinsel beschäftigt, haben die Teilnehmenden aus aller Welt, die vielfältige Kirchen repräsentierten, ihre Entschlossenheit bekundet, die Christinnen und Christen in Nord- und Südkorea bei ihren Bemühungen um Frieden, Versöhnung und Entwicklung gemeinsam zu begleiten.

Das Ökumenische Forum für Frieden, Wiedervereinigung und Entwicklungszusammenarbeit auf der koreanischen Halbinsel (EFK) war vor dem Hintergrund der derzeit stark zunehmenden Spannungen in der Region am 7. und 8. Juli in Leipzig (Deutschland) zusammengetreten. Die EFK-Teilnehmenden ihrerseits konnten am Ende der Tagung jedoch gleichzeitig feststellen, dass sie nach Hause fahren mit gestärkter Hoffnung auf eine friedliche Lösung und gestärkter Entschlossenheit, an ihr mitzuarbeiten.

Von Mimi Han, die den CVJF in der Republik Korea vertrat und eine Erweiterung des sicheren, integrativen Raums für junge Menschen und Frauen bei der Entscheidungsfindung forderte, bis zu Steve Pearce, der die Asienarbeit der Methodistischen Kirche von Großbritannien koordiniert und die Notwendigkeit konkreter Friedensschritte betonte, die die Völkergemeinschaft unternehmen müsse – die Teilnehmenden vertraten einhellig die Meinung, dass die Kirchen einen Beitrag zur Friedensarbeit zu leisten haben.

„Die Verantwortung, die wir als Kirchen von dieser Tagung mitnehmen, liegt darin, diese Not bei jeder Gelegenheit anzusprechen und beizutragen zur Entwicklung eines neuen und ausgewogenen Verständnisses der aktuellen Realität“, führte Pearce aus. „Ich habe von dem Schmerz meiner Brüder und Schwestern im Norden und Süden [der Halbinsel] gehört und verpflichte mich selbstverständlich dazu, entsprechend zu handeln.“

Christine Elliott leitet die weltweiten kirchlichen Programme der Arbeitsgemeinschaft der Kirchen in Großbritannien und Irland (Churches Together in Britain and Ireland). Sie erklärte: „Angesichts der aktuell verschärften Spannungen um die koreanische Halbinsel ist von entscheidender Bedeutung, dass wir die Rhetorik der Angst hinterfragen und den Glauben an die Macht der Versöhnung und der Liebe bei der Schaffung eines dauerhaften Friedens in der Region fördern.“

Aktuelle Situation erfordert sofortiges Handeln

An der von der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) ausgerichteten Tagung nahmen 32 Vertreter und Vertreterinnen von Kirchen sowie kirchlichen Arbeitsbereichen und kirchennahen Organisationen aus Nordkorea, Südkorea und sieben weiteren Ländern teil.

Das EFK war 2006 in Zusammenarbeit mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK), der Asiatischen Christlichen Konferenz und anderen ökumenischen Organisationen ins Leben gerufen worden als Netzwerk von Kirchen, nationalen Kirchenräten, Missionswerken sowie kirchlichen und kirchennahen Entwicklungsorganisationen. Einberufen und organisiert werden seine Tagungen vom ÖRK.

Die WGRK engagiert sich, wie viele andere Kirchen, seit Jahren auf der koreanischen Halbinsel. Bei ihrer jüngst in Leipzig zu Ende gegangenen Generalversammlung führte dieses Engagement zu einer Resolution mit dem Titel Ecumenical Accompaniment Process for Healing, Reconciliation and Peaceful Reunification of the Korean Peninsula, die einen Prozess der ökumenischen Weggemeinschaft mit dem Ziel der Heilung, Versöhnung und friedlichen Wiedervereinigung der Halbinsel umreißt.

WGRK-Generalsekretär Pastor Dr. Chris Ferguson erklärte hierzu: „Wir sind zutiefst dankbar für die langjährige ökumenische Weggemeinschaft, die die Beziehungen, den Dialog und den Austausch der Christinnen und Christen aus Nord- und Südkorea begleitet und die eines der wenigen, wenn nicht inzwischen sogar das einzige Instrument zur Friedensschaffung in der Region darstellt.“

Das nächste Mal soll das EFK im Juni 2018 in Verbindung mit den Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen des ÖRK in Genf zusammentreten.

Plan für die Advocacy-Arbeit

Im Rahmen der EFK-Tagung in Leipzig skizzierten die Teilnehmenden einen Plan für die Advocacy-Arbeit, von dem sie hoffen, dass er die ökumenische Vision von einem gerechten, dauerhaften und tragfähigen Frieden auf der koreanischen Halbinsel voranbringt. „Der Plan berücksichtigt die Sehnsucht des ganzen koreanischen Volkes nach echter Sicherheit und gerechtem Frieden – im Norden wie im Süden der Halbinsel“, erläuterte Pastor Dr. Liberato Bautista, Co-Vorsitzender des Asia Pacific Forum nordamerikanischer Kirchenleitender und assistierender Generalsekretär für den Bereich Vereinte Nationen und internationale Angelegenheiten im General Board of Church and Society der Evangelisch-Methodistischen Kirche (USA).

„Dieser Plan ist ein Aufruf, Plattformen und Orte anzubieten, wo die koreanischen Völker ihre Stimme und ihr Ringen laut und dringlich zu Gehör bringen können. Diejenigen, die weltweit politische und religiöse Verantwortung tragen, müssen unserem gemeinsamen Ruf nach der sofortigen Deeskalation der Spannungen in der Region Gehör schenken, damit Raum geschaffen wird für den Aufbau von Vertrauen, was wiederum entscheidend ist für die Schaffung eines dauerhaften Friedens.“

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und Brot für die Welt stehen ihrerseits mit der deutschen Regierung im Dialog über die Folgen der aktuellen Sanktionsregelung für die Bereitstellung humanitärer Hilfe im Katastrophenfall.

„Die Kampagne für einen Friedensvertrag wird von Missionswerken und Partnerschaftsgruppen in den Kirchen unterstützt, die Beziehungen zu koreanischen Kirchen unterhalten“, erläuterte die im Kirchenamt der EKD für das Referat Ostasien, Australien, Pazifik und Nordamerika zuständige Oberkirchenrätin Claudia Ostarek. „Die EKD eröffnet Foren, in denen der Friedensprozess auf der koreanischen Halbinsel diskutiert werden kann, und engagiert sich in der Förderung von Netzwerken. Die deutsche Erfahrung mit dem Leben in einem geteilten Land und mit dem Wiedervereinigungsprozess ist ein wichtiger Beitrag zur Debatte über Frieden und Versöhnung in Korea.“

ÖRK-Zentralausschussmitglied Judith Königsdörfer (EKD – Evangelische Kirche in Mitteldeutschland) äußerte sich besorgt über geopolitische Themen und deren vielfach eindimensionale Darstellung in den Medien. Trotzdem, so Königsdörfer, habe man aufs Neue erlebt, „dass sich ein bleibendes Bestreben darauf richtet, gemeinsam voranzugehen.“

Königsdörfer betonte zudem den klaren Wunsch der Gruppe, einen Schwerpunkt zu setzten bei der Einbindung von Frauen und jungen Menschen: „Alle am EFK Beteiligten sollten ihre Kräfte mobilisieren – und die Stimmen von Frauen sowie einer neuen Generation sind entscheidende Elemente für Frieden und Wiedervereinigung auf der koreanischen Halbinsel.“ Weiter führte sie aus: „Wir gehen einen Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens. Dementsprechend sollten wir dazu beitragen, dass für die Welt ein umfassenderes Bild sichtbar wird.“

Beitrag der Religionen

Die EFK-Teilnehmenden stimmten darin überein, dass Christinnen und Christen sowie Angehörige anderer Religionen Position beziehen und sich engagieren müssen, wann immer der Friede in Gefahr sei. „Wir müssen Zeugnis für diese Berufung ablegen und nach positiven, gerechten Wegen suchen, um Konflikte einzudämmen. Das Ökumenische Forum für Korea bietet eine der wenigen Möglichkeiten für Dialog, Diskussion und Begegnung zwischen Christinnen und Christen aus Nord- und Südkorea sowie internationalen Partnern und Partnerinnen“, stellte Patti Talbot fest, die bei der Vereinigten Kirche von Kanada das Team für kirchliche Partnerschaften leitet.

„Bei unserem Treffen in Leipzig wurde uns angesichts der gleichzeitig wachsenden politischen Spannungen in Nordostasien die zwingende Notwendigkeit bewusst, unsere Anstrengungen für Frieden, Versöhnung und Wiedervereinigung auf der koreanische Halbinsel zu verstärken“, betonte Talbot.

Die Teilnehmenden hätten Deeskalation, Entmilitarisierung und Dialog als Gebot der Stunde herausgearbeitet.

Talbot ergänzte: „Wir haben miteinander um Versöhnung und Frieden gebetet und uns verpflichtet, Advocacy zu betreiben und uns verstärkt einzusetzen für einen Austausch. Wir wissen, das ist entscheidend für den Frieden in Korea und weltweit.“

Pastor Dr. Lee Hong-Jung, ehemaliger Generalsekretär der Presbyterianischen Kirche von Korea, bezeichnete die Spaltung der koreanischen Halbinsel als strukturimmanente Sünde gegen Gott, die Menschheit und die Natur.

„Die Spaltung steht im Widerspruch zu Gottes Willen, dass alle die Fülle des Lebens haben sollen“, betonte er. „Wenn wir die Geschichte des koreanischen Volkes aus der Perspektive der gesamten Geschichte des Heilshandelns Gottes und des Willens Gottes für die Welt betrachten, dann ist die Spaltung der koreanischen Halbinsel nicht das Ende dieser Geschichte.“

Hong-Jung fuhr fort: „Im Gegenteil, die Spaltung ist ein Omegapunkt für die Mobilisierung allen Willens der Erneuerung und des Wandels, worin das Volk Gottes berufen ist, an der Heilung, Versöhnung und friedlichen Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel mitzuarbeiten.“

Lutz Drescher, ehemaliger Verbindungsreferent Ostasien und Indien bei der Evangelischen Mission in Solidarität (EMS) und amtierender Koordinator des EFK, stellte Überlegungen zum inhaltlichen Unterschied zwischen den Begriffen Vereinigung und Wiedervereinigung an. „Ich verwende nicht den Begriff Wiedervereinigung, der missverstanden werden könnte als ein Versuch, zu etwas zurückzukehren, was in der Vergangenheit existiert hat“, so Drescher. „Eine Vereinigung wird ein kreativer Prozess sein, in dem etwas Neues entsteht.“

Eine Vereinigung werde nach Dreschers Einschätzung nicht möglich sein ohne Unterstützung durch die USA, China, Japan und Russland. „Vielleicht könnten die aus diesen Ländern und aus Nordostasien insgesamt anwesenden Kirchen versuchen, Einfluss auf ihre Regierungen zu nehmen“, schlug Drescher vor.

Eine ganze Reihe von Teilnehmenden stellte fest, dass der Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens eine lebenslange, weltweite Aufgabe sei, die sich nicht beschränke auf eine einzige Tagung oder ein einziges Volk. „Frieden ist kein Gedanke, der einem Menschen dabei hilft, weiter zu träumen, sondern eine Aufgabe fürs Leben, die uns Hilfestellung gibt, einen Prozess zu einem Ziel zu konzipieren“, erklärte dazu Solomon Benjamin, neuer Verbindungsreferent Ostasien und Indien bei der EMS.

„Ein Feind ist nicht nur jemand, der dich hasst, sondern auch jemand, den du hasst“, erläuterte er. „Möge Gott mir und uns helfen, weiter nach Frieden zu streben um des Überlebens der Menschheitsfamilie insgesamt willen.“

Vorwärts auf dem Weg zum Frieden

Die Tragödie vergangener Konflikte sei im Gedächtnis vieler Menschen noch frisch, betonte ÖRK-Zentralausschussmitglied Pastorin Dr. Hyun Ju Bae (Presbyterianische Kirche von Korea). „Der Kalte Krieg im 20. Jahrhundert hat auf der koreanischen Halbinsel Tragödien verursacht und den Menschen tiefes Leid gebracht, denken wir etwa an die 3 Millionen Opfer und 10 Millionen getrennten Familien“ führte sie aus. „Das EFK ist eine einmalige, überaus wertvolle Plattform, wo sich ökumenische Freundinnen und Partner versammeln, um miteinander wichtige strategische Fragen und Möglichkeiten zu erörtern, wie dieses Leid überwunden werden kann.“

Die jüngste heftige militärische Eskalation auf der koreanischen Halbinsel sowie die leidvolle Geschichte der Region machten die Wichtigkeit der Anstrengungen für Versöhnung, ein friedliches Zusammenleben und Einheit deutlich.

Im Jahr 2018 werden die koreanischen Kirchen die Mitglieder des EFK zur Feier des 30. Jubiläums der 1988 vorgelegten Erklärung des Nationalen Kirchenrats in Korea zu Vereinigung und Frieden auf der Halbinsel einladen. Die in der damaligen Situation wegweisende Erklärung hat bis heute erheblichen Einfluss bei den koreanischen Kirchen und in der koreanischen Politik.

Die Religionen in Korea planen zudem Gedenkfeierlichkeiten aus Anlass des 100. Jubiläums der Unabhängigkeit ihres Landes von Japan, wobei ein Schwerpunkt bei der Intensivierung der interreligiösen Friedensbemühungen gesetzt werden soll.

Ein weiterer Gedanke der Teilnehmenden am EFK richtete sich auf die Förderung des Dialogs zwischen allen vor Ort Beteiligen und den internationalen Partnern im Rahmen eines Gipfels von Kirchenleitenden.

„Auf der Tagesordnung eines solchen Gipfels sollte etwa ein Aufruf an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zur Aufhebung der derzeitigen Sanktionen stehen“, erklärte Pastor Dr. Victor Hsu, scheidender assoziierter Generalsekretär für ökumenischen Beziehungen bei der Presbyterianischen Kirche von Taiwan.

Hsu forderte den Nationalrat der Kirchen Christi in den USA (NCCC-USA) auf, Kirchenleitende zu mobilisieren, damit sie sich bei der US-amerikanischen Regierung dafür einsetzen, dass von einem provokativen militärischen Engagement in der koreanischen Region abgesehen wird.

„Wir haben die Notwendigkeit einer wirksamen Advocacy-Arbeit betont, die die Medien nutzt, um die Entschlossenheit der Religionsgemeinschaften zu Frieden und Wiedervereinigung in Korea zu demonstrieren und klarzustellen, dass ein alternativer Weg zum Frieden möglich und vom koreanischen Volk gewünscht ist“, führte Hsu aus.

Die Tagung endete mit einem Abschlussgottesdienst am 8. Juli, in dessen Rahmen je ein Geistlicher aus Nord- und Südkorea – Pastor Kang Myong-chol, Vorsitzender des Koreanischen Christenbundes (Nordkorea), und Pastor Kim Young-ju, Generalsekretär des südkoreanischen Nationalen Kirchenrates in Korea, gemeinsam der Abendmahlsliturgie vorstanden.

Es predigte Bischof Hee-Soo Jung, Evangelisch-Methodistischen Kirche (USA). Er betonte: „Wir, die wir in der Nachfolge Jesu stehen, sind miteinander verbunden, weil Gott uns zusammengeführt hat. Wir sind mit Gott, mit Jesus und miteinander verbunden. Unser jeweiliges Leben hat eine Verbindung zum Leben der anderen, ob uns das nun gefällt oder nicht.“

Links:

ÖRK-Mitgliedskirchen in Korea (z. T. in englischer Sprache)

Korea-Resolution der WGRK, 7. Juli 2017 (in englischer Sprache)

Korea-Erklärung des ÖRK, 11. Juni 2017