Kontrovers diskutiert wurde am Donnerstag, 29. August, im Zentralausschuss des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) in Genf der Abschlussbericht der Sonderkommission zur orthodoxen Mitarbeit im ÖRK.

Die aus Vertreter/innen der Östlichen und der Orientalischen orthodoxen Kirchen sowie aus Vertreter/innen anderer Mitgliedskirchen des ÖRK paritätisch besetzte Kommission war 1999 zur Beilegung von Spannungen zwischen orthodoxen und protestantischen Mitgliedskirchen des ÖRK eingesetzt worden. Die Kommission wurde geleitet von dem deutschen evangelischen Bischof Rolf Koppe und dem orthodoxen Metropoliten Chrysostomos von Ephesus.

Der 40-seitige Bericht sieht Änderungen in der Gottesdienstpraxis des ÖRKs sowie seiner Statuten vor. Nach den Worten Koppes will die Kommission damit den ÖRK aus einer “massiven Kritikphase vor, während und nach der Vollversammlung 1998 in Harare in eine neue Phase der Zusammenarbeit auf Weltebene” bringen.

Die Kommission schlägt künftig zwei Arten von Mitgliedschaft im ÖRK vor. “Mitgliedskirchen, die der Gemeinschaft des ÖRK angehören” sind Vollmitglieder mit Stimmrecht, die der “Basis” des Rates zustimmen, sich zu seinen Zielen und Funktionen ausdrücklich bekennen und theologische sowie organisatorische Kriterien erfüllen.

“Assoziierte Mitglieder” können Kirchen werden, die der “Basis” zustimmen. Wird ihnen dieser Status zuerkannt, können sie Vertreter/innen in die Vollversammlung und den Zentralausschuss entsenden und dort mit Genehmigung des Vorsitzenden das Wort ergreifen. Sie sind aber nicht stimmberechtigt. Koppe zufolge würde dieser Status nicht nur einer Reihe orthodoxer Kirchen, sondern auch Pfingstkirchen und der römisch-katholischen Kirche die Zusammenarbeit mit dem ÖRK erleichtern.

Klar unterschieden werden soll auf Versammlungen des ÖRK künftig zwischen „konfessioneller“ und „interkonfessioneller“ gemeinsamer Andacht.

Die Kommission weist darauf hin, dass einige Kirchen “Schwierigkeiten” mit den beim ÖRK entstandenen Formen gemeinsamer Gottesdienste hätten und empfiehlt, Symbole, Bilder und Riten bei solchen Anlässen künftig so einzusetzen, dass sie “keinen theologischen, ekklesiologischen oder spirituellen Anstoss erregen”.

Deutlich unterschieden werden soll auf ÖRK-Versammlungen künftig auch bei eucharistischen Gottesdiensten. Das gemeinsame Mahl stelle für die Gemeinschaft der Kirchen ein ungelöstes Problem dar, so das Dokument. Die jeweilige gastgebende Kirche sollte klar genannt werden und deutlich zum Ausdruck bringen, wer nach ihren Regeln die Kommunion empfangen darf.

Auf den Begriff “ökumenischer Gottesdienst” soll künftig grundsätzlich verzichtet werden. Zur sogenannten Lima-Liturgie, die mancherorts als ökumenisch akzeptierte Form des gemeinsamen Mahls zwischen römischen Katholiken, Protestanten und Orthodoxen angesehen wird, heisst es, dass dieser Text aus der 1982 verabschiedeten Erklärung zu Taufe, Eucharistie und Amt “keinen offiziellen Status” innerhalb der Gemeinschaft des ÖRK habe.

Strittige Fragen werden seit der Gründung des ÖRK 1948 per Abstimmung nach dem Mehrheitsprinzip entschieden. Die Kommission empfiehlt nun stattdessen die Einführung des sogenannten Konsensus-Modells für bestimmte Entscheidungen im Rat. Dabei findet in der Regel keine Abstimmung statt.

Begründet wird dieser Vorschlag damit, dass die "angelsächsisch" parlamentarische Weise der Geschäftsordnung für die Aussprache und Beschlussfassung nicht nur in der Orthodoxie und den Kirchen des Südens fremd sei, sondern auch der kirchlichen Beratungskultur in Europa eher entspreche.

“Verfahren, die gegenseitiger Kultur, gemeinsamer Untersuchung und Fragestellung sowie Reflexion und Gebet mehr Raum geben, würden den Zielen des ÖRKs wahrscheinlich mehr dienen als die formellen und rigiden Verfahrensweisen, die gegenwärtig angewendet werden”, heisst es im Bericht der Kommission. Die Konsensus-Methode, die stärker konziliaren als parlamentarischen Charakter habe, sei mehr integrativ und weniger polarisierend.

Nach den Empfehlungen der Kommission ist für die Anwendung dieser Methode im ÖRK die Rolle des Moderators, der ständig das Meinungsbild der Versammlung auslotet, von grosser Bedeutung.

Beschrieben werden fünf Situationen, in denen ein Konsens erreicht ist. Sie reichen von Einstimmigkeit aller Teilnehmenden bis zur Übereinkunft darüber, dass keine Entscheidung erreicht werden kann. Für die Einführung des Konsensus-Modells im ÖRK wären Satzungsänderungen nötig.

(folgt Bericht über Plenardiskussion zum Abschlussbericht)